Reihe: Paranoia, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Es herrscht Krieg in der Stadt, in der Joseph lebt. Genauer gesagt: eine Art Bandenkrieg zweier verfeindeter krimineller Vereinigungen. Joseph hat in Wirklichkeit keine Ahnung, worum es überhaupt geht. Seit seinem achtzehnten Lebensjahr arbeitet er als Killer. Wenn er angerufen wird, eilt er los, um seinen Job zu erledigen. Wer ihn anruft, kann er nicht sagen. Warum er die Person umbringen soll, wird ihm ebenfalls nicht gesagt. Er erledigt seinen Job und gut. Joseph macht sich keine Gedanken um seine Arbeit. Wer zuerst abdrückt, hat gewonnen, wird am Ende überleben. Sein Problem ist jedoch, dass mit jedem Auftrag, den er erledigt, die Zahl derjenigen größer wird, die seinen Tod wollen. Jeder, der ihm auf der Straße begegnet, könnte sein Mörder sein. Dabei steht er doch auf der Seite des Guten. Das hat man ihm seit frühester Kindheit eingebläut. Doch dann geschieht das Unvermeidliche. Etwas geht schief und er muss Hals über Kopf über die Grenze nach Kanada fliehen.
In Kanada lernt er die siebzehnjährige Maria kennen. Die beiden jungen Menschen verlieben sich ineinander. Für Joseph ein weiterer, folgenschwerer Fehler. Maria wird schwanger. Joseph weiß genau, was dies bedeutet. Er hat gegen die dritte Regel verstoßen. Die Regeln seiner grausamen Welt lauten:
- Töte niemals einen Unbeteiligten.
- Töte niemals Minderjährige.
- Und wenn eine Frau unter 18 ein Kind erwartet, muss es an die Gegenseite übergeben werden.
Joseph will Maria schützen, das Kind behalten und ihm eine behütete Kindheit gewähren, die er selbst nicht hatte. Damit beginnt eine Flucht in der ständigen Angst, von beiden Seiten erschossen zu werden. Denn er hat jetzt nicht nur die Gegenseite auf dem Hals, sondern auch seinen eigentlichen Auftraggeber.
Autor Trevor Shane legt hier seinen ersten Roman vor. Ein Spannungsroman, ein Kriminalroman und ein Buch, bei dem man gleichzeitig ein wenig nachdenken sollte. Nicht umsonst spielt er mit den Namen Maria und Joseph, einer Flucht und einem neugeborenen Kind. Die Ähnlichkeit mit der Bibel ist offensichtlich. Die Weltuntergangsstimmung der zerstörerisch wirkenden Zukunft, einer auf sinnloser Gewalt aufbauenden Kultur, ist nicht unbedingt, was man sich vorstellt. Und doch findet man immer wieder Parallelen, die auf die Bibel und insbesondere das Alte Testament hinweisen. Ob gewollt oder ungewollt, sei dahingestellt. Die Dystopie ist eine Erzählung über eine brutale Welt, in der wenige über Sein und Nichtsein entscheiden, die an Gottes Stelle Gott spielen.
Paranoia ergreift bald nicht nur den Helden, sondern auch den Leser. Wer glaubt, auf der Seite des Guten zu stehen, sollte ab und zu mal mitdenken und nachzudenken beginnen und die eigene Situation überdenken. Die Schlüsse, die daraus gezogen werden können, sind nicht immer erfreulich.
Der unterhaltsame Roman ist leider der Beginn einer Trilogie. Betrachtet man sich den Inhalt, könnte er trotz des offenen Endes durchaus als beendet betrachtet werden. Die Stimmung, die das Buch erzeugt, der Inhalt mit Schwerpunkt auf Gewaltherrschaft sorgen zwar immer wieder für Spannung. Aber an manchen Stellen wirkt alles etwas dick aufgetragen. Um ein abschließendes Urteil bilden zu können, muss man aber die anderen Teile lesen.