Reihe: Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Asaviel |
Meine Meinung:
Zu Beginn wird der Leser in eine Geschichte entlassen, die steile Sorgenfalten hervorrufen kann. Eine High-School. Unsere Protagonistin ist der Star im Cheerleading-Team. Ihr fester Freund ist der Star im Baseball-Team. Sie wird für ein Schulprojekt einem der Außenseiter, mit dem sie noch nie etwas zu tun hatte oder haben wollte, zugeteilt. Gab es in dieser Kombination bisher sicherlich nicht nur einmal.
Trotzdem gibt man diesem Buch natürlich eine Chance. Insbesondere weil der Schreibstil sehr eingängig und flüssig ist, fliegen die Seiten nur so dahin und schnell wird deutlich, dass hier mehr dahinter steckt. Die Schule, die Gruppenbildung und die Cliquen sind notwendig, um den Hintergrund für etwas Größeres zu bilden. Doch was ist dieses "Größeres"?
Komplett mit dem personalen Erzähler geschildert, sieht und versteht der Leser von dem Geschehen nur das, was auch Isobel sieht und versteht. Genau wie sie muss man sich mühsam Puzzlestück für Puzzlestück zusammensetzen, um zu erkennen, was das Bild darstellen soll.
Die wichtigen Charaktere sind dabei gut ausgearbeitet: Isobel, Varren, der mysteriöse Reynold und auch Gwen. Viele der Cliquenmitglieder bleiben dabei aber etwas blass, denn zur Geschichte in der Traumwelt tragen sie nur wenig bei. Trotzdem fällt auf, dass die Isobels Clique und auch ihr Freund sich sehr schnell gegen sie wenden. Das ist etwas fragwürdig. Ist dem Mädchen die beinahe schon sadistische Ader ihrer ehemaligen Freunde nicht vorher aufgefallen? Nach kurzem Überlegen muss man sagen: Vermutlich nicht. Tatsächlich bildet dieses Verhalten ziemlich gut die Realität ab. Isobel merkt erst, wie fies und gemein ihre Cilque zu Außenseitern sein kann, wenn sie selbst zur Zielscheibe wird. Das irritiert vielleicht etwas, aber genau dasselbe Muster lässt sich auch im wahren Leben beobachten.
Der sehr trockene Humor, dem der Leser hier ausgesetzt wird, ist mit einer gehörigen Portion Sarkasmus unterlegt und kommt insbesondere im Dialog zwischen Isobel und Varen.
"Hey", unterbrach sie ihn. Sie hatte genug von seinem herablassendem Ich-hab-mehr-drauf-als-du-Mist. (...) "Nur weil ich die Sonne nicht meide wie die Pest, gerne blond bin und eine Cheerleaderuniform trage, heißt das noch lange nicht, dass ich dumm bin. Ich hab so die Schnauze voll davon."
"Nur weil ich Schwarz trage und Tagebuch schreibe, heißt das noch lange nicht, dass ich die Schule in die Luft jagen will oder hirnlose Cheerleader terrorisiere." (Seite 140)
Und trotz der Szenen, in denen die beiden auch heftige Auseinandersetzungen austragen, kommen sie sich natürlich näher. Kelly Creagh gestaltet dies aber so, dass tatsächlich immer zu befürchten steht, dass am Ende kein Happy-End auf den Leser wartet.
Denn trotz des Witzes, der immer wieder das Lesen versüßt, ist es Edgar Allan Poe, der die Inspiration für diese Geschichte lieferte. Von ihm gibt es einige zitierte Textpassagen und er spielt im Hintergrund eine nicht unbedeutende Rolle. Die eingefleischten Poe-Fans sollten nun aber nicht erwarten, dass er auf jeder zweiten Seite auftaucht oder ähnliches. Er ist die Inspiration und trägt einen Teil der Geschichte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Doch wo Poe auftaucht, muss es neben all dem jugendlichen Charme auch eine düstere Seite geben. Und diese düstere Seite wird ausgelebt und bringt viel Spannung mit sich.
"...warum würde Poe eine Geschichte über einen luxuriösen Palast schreiben und so viel Zeit darauf verwenden, all diese Räume zu beschreiben (...) und einen klugsinnigen Prinzen und seine Saufkumpane erfinden, wenn er am Ende doch nur alle sterben lässt?"
"Weil", sagte Varen, "am Ende immer der Tod gewinnt." (Seite 116)
Über weite Teile hinweg ist die Geschichte nicht nur spannend, sondenr regelrecht gruselig. Vögel verfolgen Isobel und verwandeln sich vor ihren Augen. Sie wird durch den Park gehetzt und bald schon kann sie all diese Trugbilder und Alpträume kaum noch von der Realität beschreiben. Träumt sie oder ist sie wach? Ist sie gerade auf einer Party oder doch zu Hause? Aufgrund der sauber durchgeführten Erzählperspektive muss sich auch der Leser diese Frage stellen und wird damit noch tiefer in den Bann der Geschichte gezogen.
Dieses Buch hätte ein Einzelband werden können. Man könnte es stehen lassen, wie es jetzt ist, was eine kleine Gemeinheit wäre. Man hätte an einer einzigen Stellschraube drehen können und das Ende, das die Autorin erst auch vorgibt, wäre befriedigend gewesen. Doch so einfach ist es nicht. Das Ende ist offen, die Geschichte um Varen und Isobel geht weiter, denn ein zweiter und auch ein dritter Band sind bereits in Planung.
Fazit:
Jegliche Befürchtung, die auf den ersten Seiten vielleicht aufkommen sollte, dass man hier nur eine 08-15 High-School-Romantsy-Geschichte vor sich haben könnte, bewahrheitet sich zum Glück am Ende nicht. Die Autorin schafft etwas Neues, das den Leser in seinen Bann schlägt und überzeugen kann.
So unterschiedlich sie sind, Varen und Isobel passen zusammen und ich freue mich darauf noch mehr von ihnen zu lesen.