Reihe: Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Die junge Mra muss ihre Herbstferien bei ihrer Tante Lisbeth verbringen - zu ihrem eigenen Bedauern. Lisbeth ist zwar bemüht, es ihrer Nichte möglichst angenehm zu machen, jedoch kann sie nicht verleugnen, das ein sauberes und wohl aufgeräumtes Haus vor allem anderen steht. Während nun Mira sich für jeden noch so kleinen Fleck rechtfertigen und die zahlreichen Macken ihrer Tante erdulden muss, sinnt sie über die geheimnisvolle Begegnung nach, die sie auf der Zugfahrt zu ihrerUrlaubsunterkuft hatte. Dort lernte sie die etwa gleichaltrige Miranda kennen, welche offensichtlich nicht lesen konnte. Das kleine Papierstück, das Mira für Miranda entziffern musste, enthielt zudem einen recht seltsamen Spruch, dessen Sinnhaftigkeit sich nicht sofort erschloss. Erst als Mira die Zeitungsanzeige über die hiesige Burg sah, wurde ein Teil des Versleins klar. Flugs macht sich Mira auf, um die Burg zu besichtigen und entdeckt dort auch Miranda wieder, welche aus der dortigen Bibliothek ein edel gebundenes Buch entwendet zu haben scheint. Das zersauste Mädchen rezitiert eine Art Zauberspruch und Mira beobachtet mit großen Augen, wie sich ein weißter Dache über den geöffneten Buchseiten manifestiert. Durch ein lautes Geräusch gestört, verschwindet Miranda plötzlich und das Buch bleibt zurück. Mira nimmt es an sich und kehrt zum Haus von Tante Lisbeth zurück. Dort wiederholt sie den Spruch Mirandas und abermals entsteht ein weißer Drache aus dem Buch heraus. Dieser berichtet von einem großen Streit zwischen weißen und schwarzen Zauberern und das das Buch, welches sie in den Händen hält, eine große Rolle in dieser Auseinandersetzung spielt. Mira erhält als Geschenk die Fähigkeit, sich in eine Amsel zu verwandeln und wird unsersehens in den Kampf der beiden Zauberergruppen um die Vorherrschaft gezogen.
Sie lernt im Laufe ihres Abenteuers allerlei faszinierende Charaktere kennen, die wunderbar für Kinder im Alter ab acht, neun Jahren konzipiert sind, ohne sie zu überfordern. Der klassische Kampf Gut gegen Böse spielt hier natürlich die Hauptrolle, wird aber auch begleitet von Miras bestreben, ihren Platz in der Welt zu finden und eine Aufgabe für sich zu entdecken. Zahlreiche Elemente, die in der kindlichen Fantasie eine große Rolle spielen, werden von der Autorin aufgegriffen: sich zu verwandeln, die Fähigkeit zu fliegen, andere heimlich beobachten zu können, der Held zu sein.
Insofern entleert sich hier ein Füllhorn kindlicher Vorstellungen und verbindet sich zu einem wohl konzipierten abenteuerlichen Roman, mit dem Kinder ihre Freude haben werden. Zwar ist das Ende des Buches etwa hektisch geraten und die Protagonisten erklären sich auf wenigen Seiten recht viel von dem, was in den vorherigen 200 Seiten noch offen blieb, aber der Gesamteindruck wird hier nur marginal gestört. Wichtiger fand ich, das die schwarz-weiß-Malerei von Margit Ruile keinesfalls übertrieben wird, sondern durchaus auch einige Grautöne zu finden sind - in der Einschätzung der Menschen eine wichtige Erfahrung der Kinder, das hinter jedem Bösen auch etwas Gutes steckt, und andersrum.
Der erste Band der Mira-Reihe "Mira und der weisse Drache" ist allen Kindern ab acht Jahren wärmstens zu empfehlen, ein wunderschön konzipiertes Abenteuer mit allerleit Dingen, mit denen sich man identifizieren kann und mit genügend altersgerechter Spannung und Faszination.