Titel: Lichtjäger Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Susan Mary Cooper wurde am 23. 5. 1935 in Burnham, Buckinghamshire, England geboren. Sie besuchte in Burnham die Slough High School, bevor sie 1953 ihr Studium im Sommerville College in Oxford aufnahm. 1956 schloss sie mit einem M. A. ab. Nach ihrem Studium in Oxford arbeitete sie bis 1963 als Redakteurin für die Sunday Times. Seit 1963 lebt sie in den Vereinigten Staaten von Amerika. Susan Cooper heiratete 1963 den amerikanischen Wissenschaftler Nicholas J. Grant, mit dem sie in die Vereinigten Staaten von Amerika zog. Sie hatte mit ihm eine Tochter und einen Sohn und lebt seit ihrer Scheidung 1982 in der Nähe von Boston. Bis 1972 arbeitete sie als Redakteurin für die `Western Mail’. Bekannt wurde sie durch den Zyklus Wintersonnenwende, in dem sie Elemente der Artussaga und keltischer Mythologie verknüpfte. Ihr erstes literarisches Werk war der Science-Fiction-Roman Mandrake. Er erschien 1964 zuerst als Fortsetzungsgeschichte im Melbourne Herald unter dem Titel The Angry Earth, bevor er im gleichen Jahr als Buch veröffentlicht wurde. Der Inhalt kurz erzählt: Der Anthropologe David Queston kehrt 1973 nach einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt in Südamerika nach Großbritannien zurück. Er findet das Land unter der Kontrolle des Planungsministers Mandrake wieder. Mandrake ging ein Bündnis mit den Kräften der Natur ein, um die Erde vom Virus Mensch zu säubern. Leider wird er rechtzeitig gestoppt. In diesem Roman finden wir viele verschiedene Elemente des damals aktuellen Weltgeschehens wieder. 1964 war ein Jahr, das Zeichen der Kuba-Krise zeigt, den Mord an J. F. Kennedy sah und vor allem den kalten Krieg zwischen den USA und der UdSSR. Liest man zwischen den Zeilen, findet sich aber auch die Vergangenheit mit dem zweiten Weltkrieg durchaus präsent.
Die Wintersonnenwende-Saga unter dem Titel Lichtjäger
Das zentrale Thema dieses fünfbändigen Zyklus ist der Kampf zwischen Gut und Böse. Damit ist das Thema für die Fantasy nicht neu. Es folgt den alten bekannten Pfaden, nimmt unterwegs aber gern ein paar neue Ideen auf, greift vor allem auf althergebrachte Erzählungen zurück. Verwoben mit altenglischen Sagen, der Artus-Legende und der Grals-Legende sowie keltischen Mythen findet sich wirklich wenig Neues. Wir finden die Suche nach einem Gegenstand, der beim Herrn der Ringe ebenso eine Grundlage darstellt wie bei den Spiele-Romanen um Das Schwarze Auge oder Drachenlanze. Der elfte Geburtstag als symbolischer Einstieg ins Erwachsenwerden findet sich hier ebenfalls, wie bei Harry Potter, nur dass der Wintersonnenwende-Zyklus zwanzig Jahre vor Harry Potter geschrieben wurde. Wir finden unseren König Artus, der in Hunderten von Fantasy-Büchern bemüht wurde, wie auch den Gral. Wir haben mit der Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag, also dem 24. Dezember und 6. Januar, eine christliche Zeit, in der die Magie des Bösen besonders stark ist. Gleichzeitig ist mit dem Fest der Wintersonnenwende auch sogenanntes heidnisches Brauchtum ein wichtiger Faktor der Erzählung.
Bevor die Flut kommt
Alle guten Dinge sind drei und so ist es nur natürlich, dass die Haupthandlungsträger dieser Erzählung drei Kinder sind. Barnabas Drews, der nur Barney genannt wird, sowie seine Geschwister Simon und Jane. Mit den Eltern fahren sie in den Ferien nach Cornwall, in das kleine Städtchen Trewissick. Dort wartet der Großonkel Merry, eigentlich Merriman Lyon, auf sie, um sie im "Grauen Haus" aufzunehmen. Der eigentliche Besitzer, ein Kapitän, ist unterwegs. Daher spielt Merry, wie er kurz genannt wird, den Haus-Sitter. Die drei Kinder gehen an einem schlechten Tag im Haus auf Entdeckungsreise. Dabei finden sie nicht nur eine versteckte Treppe, sondern einen ebenso versteckten wie verdreckten Dachboden. Barney ist es, der auf dem Dachboden in einem Versteck die Karte findet, die ab sofort das Leben der drei Kinder verändern wird. Der geheimnisvolle Plan enthält eine verschlüsselte Botschaft, mit dem Hinweis darauf, wo der heilige Gral zu finden ist. Gleichzeitig enthält er aber auch eine Warnung vor den dunklen, mystischen Mächten und der daraus sich ergebenden Gefahr. Natürlich geht nicht alles so einfach vonstatten. Es stellt sich schon bei der Fußnote auf Seite neun heraus, dass Merry niemand anderes ist als Merlin, und damit geht schon eine Menge Spannung verloren. Gleichzeitig tauchen Personen auf, die nicht unbedingt positiv auf die Kinder wirken und sich bald als Schatzkartenräuber, Entführer und das Böse schlechthin herausstellen. Das Interesse der bösen Mächte an dem Pergament und letztlich am Relikt aus der Vergangenheit, dem heiligen Gral, ist groß.
Der Titel Bevor die Flut kommt bezieht sich auf die Küste und die dort vorhandenen Höhlen, die teilweise unter Wasser liegen. In einer der Höhlen finden die Kinder den Gral und spenden ihn dem örtlichen Museum. Die Gelehrten meinen zwar, dass es der Gral ist, sind sich aber uneins. Nur die drei Kinder und Merlin kennen die Wahrheit.
Wintersonnenwende
Diesmal sind es nicht die drei Kinder des ersten Bandes, die die Hauptrolle spielen. Zwar ist wieder Merlin alias Merriman dabei, aber eigentlich geht es um Will Stanton. Will ist der jüngste Nachwuchs der Familie Stanton, ein siebenter Sohn eines siebenten Sohnes. An Wills elftem Geburtstag erfährt er, dass er eine Mission ausführen muss. Will erfährt drei Tage vor Weihnachten, so ganz nebenbei, dass er ein ganz besonderer Mensch ist. Er gehört zu der Rasse der Uralten, deren letzter Vertreter er ist. Sein Ziel soll es sein, die Mächte der Finsternis daran zu hindern, die Macht auf der Welt zu übernehmen. Unter Anleitung seines Mentors, des alten Merriman Lyon, lernt er seine besonderen Kräfte zu beherrschen. Will reist in die Vergangenheit, wo er seine Anweisungen entgegennimmt. Der Kampf gegen die Finsternis wird eröffnet, als ein todbringender Schneesturm über sein Heimatdorf hereinbricht. Der Endkampf zwischen Gut und Böse geht in seine letzte Runde, und Will Stanton muss nun seine Kräfte gegen das Böse stellen. Zwölf Tage zwischen Weihnachten und Dreikönig sind der ideale Zeitpunkt für die finsteren Mächte, ihren Angriff durchzuführen. Und es ist eine Zeit, in der Will zwischen Familie und Aufgabe hin- und hergerissen ist. Ihm, als letztem der Uralten, fällt die Aufgabe zu, den Kampf für das Licht aufzunehmen. Er landet im Mittelalter der eigenen Welt, führt sozusagen eine Zeitreise durch, ohne den Ort zu wechseln. Dort gelangt er durch magische Türen auch in die andere Wirklichkeit der Halle des Lichts. Will Stanton stellt fest, er ist ein Zeitsuchender, mit der Aufgabe, andere Wanderer durch die Zeiten zu finden. War es im ersten Roman der Gral, der gesucht und gefunden werden musste, ist es hier eine Kette, die Will aus der Vergangenheit in seine eigentliche Gegenwart hinüber rettet, vor allem aber war er es, der die Zeichen aus Holz und Eisen zusammensetzen konnte, deren Suche einen Großteil des Buches einnimmt. Auch wird erst hier klar, dass noch weitere Teile für den Endkampf gegen das Böse gesucht werden müssen. Das ist der Gral, der Kreis der Zeichen, den Will zusammensetzte, ein Schwert aus Kristall und eine Harfe aus Gold.
Greenwitch
Die aus Bevor die Flut kommt bekannten Jugendlichen Simon, Jane und Barnabas erfahren aus der Zeitung vom Einbruch ins Museum und dem Diebstahl des heiligen Grals. Sie machen sich auf den Weg nach Cornwall, wo sie wieder auf Merriman Lyon treffen. Aber diesmal ist auch Will Stanton dabei, der in Merry seinen Mentor wiedererkennt. Auch Merry gibt sich dem Uralten zu erkennen. Auf getrennten Wegen, aber am gemeinsamen Strang ziehend, suchen sie nach den Verantwortlichen für den Diebstahl und treffen unter anderem auf einen undurchsichtigen Maler. Die drei Jugendlichen erkennen die zentrale Bedeutung der Figur,die den Fischern des Dorfes Glück und Erfolg beim Fischfang bringen soll. Die Hauptrolle spielt jedoch das Schiff Greenwitch, um das ein historischer Brauch gewachsen ist. Zugleich taucht aber auch die "Herrin vom See" aus der Artuslegende auf. Hier nennt sie sich jedoch Tethys. Sie ist die Hüterin der Greenwitch, die wiederum ein Geheimnis hütet. Tethys ist weder Licht noch Schatten, weder Gut noch Böse und beharrt weiter auf ihrem neutralen Standpunkt. Am Ende kommt es, wie es kommen muss: Das Geheimnis des geheimnisvollen Schiffes bleibt weiterhin geheimnisvoll, ein scheinbar gelöstes Rätsel versinkt wieder im Dunkel.
Der graue König
Die Erzählung schließt nahtlos an Greenwitch an. Will Stanton erkrankte an Hepatitis und wird zur Erholung zu Verwandten nach Wales geschickt. Eigentlich soll er sich erholen, wird aber gleich wieder in den Kampf zwischen Licht und Dunkel gezogen. Gleich als erstes erfährt er vom Grauen König, der in den Bergen wohnen soll - zumindest der Sage nach. Bei den Verwandten hat Will viele Freiheiten und kann so ungestört die Gegend erkunden. Unterwegs trifft er auf den Jungen Bran, und beide erkennen sich sofort. Sie vereint die Eigenschaft, Kämpfer für das Gute zu sein. Der Griff auf die Artus-Sage bleibt auch diesmal nicht aus, denn der als Raben-Junge Bezeichnete ist niemand anderes als Bran, Artus' Sohn. Der Gegenspieler ist auch schnell ausgemacht: Es ist der von Beginn an unsympathische Caradog Prichard. Er ist es, der ihm das Leben schwer macht. Trotzdem gelingt es Will, die in Band zwei erwähnte goldene Harfe zu sichern. Und das dem "Grauen König" zum Trotz, der über magische Kräfte gebietet und unheimliche graue Füchse losschickt, das Land zu verwüsten. In diesem Buch kommt die Farbe Grau immer wieder zum Tragen. Es zeigt sich aber erst im nächsten Band, mit einem Verwandten Caradogs, dass auch Standpunkte zwischen Schwarz und Weiß bestehen.
Die Mächte des Lichts
Wills Bruder, der als Matrose arbeitet, ist auf dem Heimweg mit dem Schiff, und jedes Mal, wenn er auf Landgang ist, trifft er auf Fremde, die eine Nachricht für seinen Bruder haben. Die Nachricht ist immer die gleiche: Die Uralten aus den jeweiligen Orten seien bereit. Das versteht Wills Bruder natürlich nicht, doch Will ist alles klar. Die Mächte des Lichts ist der glorreiche Abschluss der fünfteiligen Reihe. Dennoch wird es nicht leicht für Will. Es geht noch darum, das verlorene Land zu suchen, einen fliegenden Maibaum und vor allem das Kristallschwert. Als dies alles gegeben ist, kann der Abschluss erfolgen, die Suche nach dem Baum mit den silbernen Misteln. Erst wenn dieser gefunden ist, könnte das Schicksal der Welt entschieden werden - so oder so. Eine Seite wird gewinnen. Natürlich sind auch die anderen Jugendlichen wieder dabei. Bran, Artus' Sohn, und die drei Drews-Kinder Simon, Jane und Barney. Natürlich möchte jede Seite den Baum der Sommersonnenwende und die darauf befindlichen Misteln als erste erreichen. Die silbernen Misteln blühen nur alle siebenhundert Jahre. Wer in der Lage ist, sie im Moment des Aufbrechens zu pflücken, wird die Macht besitzen, den Gegner zu bannen. Das Wettrennen der beiden Parteien ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Als erstes Buch der Reihe erschien Bevor die Flut kommt (unter dem Originaltitel Over Sea, Under Stone) im Jahre 1965. Erst Jahre später folgten die Fortsetzungen, nachdem weitere Erzählungen im gleichen literarischem Umfeld erschienen waren. Der eigentliche Zusammenhang der Reihe ist der ewige Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Dunkel. Die feindlichen Kräfte kämpfen gegen die Uralten, unsterbliche Wesen mit unerforschten Kräften und Wissen, sowie die Menschen, die jedoch nichts weiter als Schachfiguren auf dem Spielplan Erde darstellen. Während der erste Band noch keine phantastischen Elemente enthält, sondern reines Jugendabenteuer darstellt, erschienen ab dem zweiten Band bald phantastische Elemente, deren Bedeutung sich noch im Laufe der Reihe steigern.
Das Hauptwerk ist wohl das Buch Wintersonnenwende, nach dem auch die Reihe offiziell benannt wurde. Es wurde immer mal wieder auch ohne die anderen Bücher aufgelegt. The Dark is Rising erschien 1973, ihm folgten 1974 Greenwitch, das einzige Buch, dessen englischer Titel mit dem deutsche Titel identisch ist. The Grey King (Der graue König) erschien 1975 und zwei Jahre später Silver on the Tree, im Deutschen als Die Mächte des Lichts.
Die Bücher von Susan Cooper sind reine Jugendbücher, gezielt für sie geschrieben. Es ist der Wettlauf gegen die Zeit, bei dem es darum geht, die verborgenen und verloren gegangenen Machtmittel zu finden und erfolgreich einzusetzen. In der Sprache ist das sehr einfach gehalten; auch erwachsene Menschen werden sich davon gut unterhalten fühlen. Die englische Autorin kommt mit wenig Beschreibungen aus und versteht es, vor allem durch die Gespräche, die die Handelnden untereinander führen, eine dichte und spannende Atmosphäre zu bilden. Die komplette Reihe in einem Band ist natürlich besonders gelungen. Das Titelbild ist ein wirklich gelungener Hingucker. Die Leser fühlen sich durch die benutzte Sprache und die gelungene Übersetzung sowie die handelnden Personen gleich nach Südengland versetzt.