Reihe/Serie: Pell-Zyklus, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Als Sandor Kreja auf der Viking Station anlegt, ist er beinahe am Ende. Sein Co-Pilot hat ihn und sein Raumschiff Lucy schon beim letzten Stopp verlassen und Sandor befürchtet nun, dass sein Ex-Mannschaftsmitglied etwas von seinen unlauteren Machenschaften verraten könnte. Dabei hat Sandor keine andere Chance, als sich hier und da auf Schmugglergeschäfte einzulassen, denn die großen Händlerfamilien teilen unter sich den Handel auf und fliegen die Routen mit großen, schnellen Schiffen. Sandors Lucy ist zwar auch nicht klein, kann aber in keiner Hinsicht mit diesen Schiffen mithalten. So bleibt ihm nur das übrig, was die anderen übrig lassen, und nicht selten ist das viel zu wenig, um zu überleben. Als er Allison Reilly vom Handelsschiff Dublin Again, dem Flaggschiff einer wohlhabenden Händler-Familie, entdeckt, verliebt er sich sofort in sie. Tatsächlich findet die Frau an dem abgerissenen Händler Gefallen, doch natürlich weiß Allison um die Lebensumstände dieser Piloten. Für sie ist Sandor nur ein kurzes Abenteuer und schon am nächsten Tag ist die Dublin Again unterwegs zu Pells Stern. Sandor jedoch, der nichts mehr zu verlieren hat, fliegt kurzerhand der Dublin Again in einem Höllenritt hinterher. Die Lucy ist zwar langsamer, aber dies kompensiert Sandor durch kürzere Überlichtsprünge. Vollkommen fertig und mit Drogen vollgepumpt, erreicht er die Station und wird zu einer kleinen Berühmtheit. Die Schiffsführung der Dublin Again jedoch ist bestürzt, als die Rückfragen Sandors nach dem Händlerschiff eine unbequeme Verbindung herstellen. Um den Schaden zu begrenzen, kauft man sich kurzerhand auf der Lucy ein und wird Anteilseigner. Die Crew der Lucy wird ergänzt um Allison und drei weitere Besatzungsmitglieder der Dublin Again und zum ersten Mal erhält Sandor auch eine lukrative Ladung angeboten. Was er nicht weiß: Die Lucy wird vom Militär als Lockvogel genutzt, um feindliche Raumschiffe der Erd-Union aufzuspüren.
"Kauffahrers Glück" ist ein altmodischer SF Roman im positivem Sinne. C. J. Cherryh erzählt in ergreifender Weise von einem heruntergekommenen Händler, der versucht irgendwie über die Runden zu kommen, obwohl er weiß, dass er gegen ein System kämpft, das ihm einfach keine Chance lässt. Der Roman ist mit 288 Seiten verhältnismäßig kurz, enthält aber doch recht viel Inhalt. Die Autorin verzichtet auf eine komplexe Handlung, viele Erzählebenen und erzählt in sehr gekonnter Weise eine geradlinige Geschichte. Erst nach und nach erfährt der Leser die näheren Umstände, die Sandor ohne eigenes Verschulden in diese Situation gebracht haben. Ganz so eindimensional, wie man vielleicht vermuten möchte, verläuft die Handlung allerdings nicht. Es gibt immer wieder Überraschungen und interessante Wendungen, die beim Lesen niemals Langweile aufkommen lassen.
Der Roman ist der zweite, allerdings eigenständige Roman aus Cherryhs Alliance-Union-Universum (auch Pell-Zyklus genannt). So findet man einiges aus "Pells Stern" wieder, aber ohne dass man den Eindruck hätte, etwas verpasst zu haben. Und da der Roman auf das existierende Universum aufbaut, nutzt die Autorin den Roman auch, um ihr Universum weiter zu entwickeln. Man erhält einen sehr guten politischen Eindruck, doch auch die Geschichte des Universums wird beleuchtet. Dies hebt den Roman weit über Durchschnittsniveau hinaus, denn die auf den ersten Blick recht einfache Geschichte bietet einen Blick auf ein sehr durchdachtes Universum, das vor dem geistigen Auge des Lesers schnell an Kontur gewinnt. Ganz eindeutig muss dieser Roman aus den 80ern zu den Klassikern der SF gezählt werden.
9 von 10 Punkten