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Titel: Katzendämmerung Eine Besprechung / Rezension von Carmen Weinand |
Vor etwas mehr als einem Jahr fiel mir „Katzendämmerung – Schwarze Sterne“ von Arthur Gordon Wolf zum ersten Mal in die Hände. Dieser Band wurde dann auch von mir verschlungen und besprochen. Leider endete dieser äußerst lesenswerte Schmöker mit einem ziemlich gemeinen Cliffhanger und ich musste über ein Jahr warten, bis ich die Geschichte, die eigentlich ein Dreiteiler ist, endlich komplett lesen durfte. Der Luzifer-Verlag war anscheinend von der Story ebenso angetan wie ich und beschloss, „Katzendämmerung“ als Gesamtausgabe, inklusive des zuvor fehlenden dritten Teiles, neu zu verlegen.
Das Problem bei diesem Roman besteht darin, den Inhalt zusammenzufassen, ohne zu spoilern. Deswegen möchte ich auch nicht viel mehr verraten, als bereits im Klappentext zu lesen ist.
Der Fotograf Thomas Trait verliebt sich Hals über Kopf in die geheimnisvolle Natascha, die sowohl schön als auch klug ist. Sie beschäftigt sich beruflich mit ägyptischer Mythologie und scheint auch selbst irgendwie ein Teil davon zu sein. Thomas brennt für diese Frau und verfällt ihr mit Haut und Haaren. Wenn da nur nicht dieses Geheimnis wäre, das Natascha umgibt. Da Thomas seine Neugier nicht zügeln kann und Natascha irgendwann auf einem ihrer nächtlichen Streifzüge folgt, wird von nun an sein gesamtes Leben auf den Kopf gestellt. Er macht eine Entdeckung, die für ihn und auch für Natascha schwerwiegende Folgen hat.
Es ist eigentlich schwierig, eine Trilogie zu besprechen, deren ersten beiden Teile man bereits besprochen hat. Dennoch will ich es versuchen, weil etwas ganz Besonderes geschehen ist.
In der Regel lese ich niemals ein Buch zweimal. In diesem Fall wollte ich aber die ersten beiden Teile „Bastet“ und „Sachmet“ noch einmal schnell querlesen, um den Anschluss zu finden.
So geschah es also, dass ich das Buch noch einmal komplett lesen musste, weil ich gar nicht anders konnte.
Gleich zu Beginn war ich wieder voll drin und konnte kaum die Augen von dem Buch lassen. Die Bilder, die sich beim ersten Mal in meinem Kopf formten, waren sofort wieder präsent. Ich erinnerte mich und war hin und weg.
Thomas Trait ist ein Charakter, den man abwechselnd knutschen oder am Kragen packen und schütteln möchte. Seine alles übersteigende Liebe zu Natascha, seine Trauer, seine Verzweiflung, sein menschliches Scheitern und sein Wiederaufstehen nach etlichen Wechselbädern der Gefühle machen aus ihm den liebenswertesten, interessantesten und zugleich menschlichsten Mann, der sich je für die Liebe einer Frau zum Sklaven gemacht hat. Das ist so, weil der Autor es hervorragend versteht, den Leser an Thomas’ innersten Gefühlen teilhaben zu lassen. Und egal, was dieser Typ sich auch leistete: Ich brannte für diesen Kerl. Ich litt mit ihm, war traurig, war entsetzt und wollte ihm eine reinhauen, damit er endlich zur Vernunft kommt. DAS ist ganz großes Kino, wie es selten ein Autor hinbekommt.
Den Horrorfans unter den Lesern sei versichert, dass es reichlich Blut und noch mehr Sex gibt. Aber halt! Wer jetzt hier ein Kaliber á la Lee und Co. erwartet, ist komplett auf dem falschen Dampfer. Herr Wolf war ziemlich sparsam mit dem Gebrauch harter Fäkalsprache. Es passiert eine Menge, aber alles wird in einem Stil erzählt, den ich gerne als zurückhaltend frech beschreiben möchte. Der Autor verfügt über einen herrlichen Galgenhumor mit Tendenz zur Selbstironie. Das lässt er hier und da in seine Erzählung mit einfließen. So entstand mühelos ein hoher Unterhaltungswert, obwohl dieses Buch bis zum Rand mit ägyptischer Mythologie gefüllt ist.
Hier kommt nun eine bemerkenswerte Tatsache zum Tragen. Die Arbeit an diesem Buch dauerte länger als ein Jahrzehnt, zu einer Zeit (wenn ich richtig liege), als man noch nicht mühelos das Wort „Ägypten“ googeln konnte. In mühsamer Kleinarbeit wurden hier Details recherchiert, von denen sich selbst eine Galileo-Doku noch eine Scheibe abschneiden könnte. Der Autor hat die Stätten seiner Geschichte persönlich bereist und das merkt man dem Roman auch an. Jede Örtlichkeit, jeder Stein und jedes Detail ist so originalgetreu beschrieben worden, dass man quasi live und in Farbe dabei sein kann, wenn Thomas Trait sich einmal in die Hölle und wieder zurück bewegt.
Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, dass ich auf Natascha als Person kaum eingegangen bin. Das ist auch gut so. Nichts ist wie es scheint, erst recht nicht Natascha. Wenn ihr sie kennenlernen möchtet, kauft euch das Buch! Es lohnt sich.
Ich habe mir jedenfalls absichtlich länger Zeit mit diesem Buch gelassen, weil ich einfach noch nicht loslassen wollte. Hier hat alles gepasst. Thomas hat ein klares Bild in meinem Kopf hinterlassen und ich sehe im Geiste, wie er irgendwo sitzt und seine Geschichte aufschreibt.
Timo Kümmel hat übrigens das tolle Cover entworfen.
Der LUZIFER-Verlag hat es geschafft, die fast 700 Seiten in ein bequem lesbares Format zu bringen. Daumen hoch für die tolle Qualität.
Fazit:
„Katzendämmerung“ von Arthur Gordon Wolf ist eines der wenigen Bücher, die ich nie mehr vergessen werde, eines, das ich sogar zweimal lesen wollte – freiwillig. Es gibt ein Wort, das ich nicht gerne verwende. Deswegen nehme ich eine Alternative. Dieses Buch ist ein Lebenswerk und ich bereue keine Minute, die ich damit verbracht habe.