| Serie/Zyklus: Thursday Next, Band 3 Titel: Im Brunnen der Manuskripte Originaltitel: The Well of Lost Plots (2003) Autor: Jasper Fforde Übersetzer: Lorenz Stern Verlag/Buchdaten: dtv-premium, Paperback, 415 Seiten, BRD: 2005 Renzension von Andreas Nordiek |
Bereits im letzten Sommer erschien hierzulande der dritte Thursday Next-Roman aus der Feder des walisischen Autors Jasper Fforde. Bereits mit seinen Romanen „Der Fall Jane Eyre“ und „In einem anderen Buch“, die ebenfalls beide in deutscher Übersetzung bei dtv erschienen sind, konnte der bis dato völlig unbekannte Autor auf sich aufmerksam machen. Seine Romane bieten einen eigenwilligen Mix aus britischen Humor, Krimi und einer eigenen Parallelwelt. In Ffordes Zukunft hat sich die Geschichte ganz anders weiterentwickelt. England stellt eine bedeutende Kolonialmacht dar, die sich in einem Jahrzehnte langen Krieg mit Russland um die Vorherrschaft über die Krim liefert. Obwohl die Handlung einige Jahrzehnte in die Zukunft angesiedelt ist, findet der Leser eine Kolonialgesellschaft vor, die sich anscheinend seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts kaum verändert hat.
Ffordes skurrilsten Ideen betreffen aber die Literatur. In seiner Welt können Menschen in die Bücher an sich gelangen und hier auch ihr Leben verbringen. Thursday Next, die Heldin von Ffordes Romanen, gönnt sich in einem unterdurchschnittlichen Roman eine Auszeit, in dem sie den Platz einer Romanfigur einnimmt, die an einem staatlich gelenkten Austauschprogramm von Romanfiguren teilnimmt. Getrennt von der Außenwelt versucht sie hier ein wenig Ruhe zu finden, ihr noch ungeborenes Kind zur Welt zu bringen und vor den Nachstellungen ihrer Gegner sicher zu sein.
Natürlich stellt sich diese Ruhe als sehr trügerisch heraus, denn der Arm ihrer Gegner ist lang und so befindet sie sich alsbald in tödlicher Gefahr. Einer Gefahr, der sie nicht entkommen kann, da sie ihren eigenen Träumen entspringt.
Gleichzeitig wird sie zu Jurisfiktion-Agentin ausgebildet und kommt während ihrer Ausbildung einem Komplott auf die Spur. Irgendjemand tötet bekannte und altgediente Agenten und läst deren Tod wie einen Unfall aussehen. Auf der Suche nach möglichen Tatmotiven stößt sie auf eine Verbindung zu der Einführung einer neuen Textsoftware, die die bisher verwendete vom Leistungsvermögen deutlich übertreffen soll. Die Einführung kommt in der Bücherwelt einer Revolution gleich und nicht jeder ist mit dieser Neuerung glücklich. Bis Thursday Next den oder die Täter entlarvt und die Schatten ihrer eigenen Vergangenheit überwunden hat, bietet Jasper Fforde seinen Lesern einmal mehr ein sehr vergnügliches Leseerlebnis.
Im Vordergrund steht dabei nicht die Krimihandlung, sondern vielmehr die Bücherwelt mit all ihren skurrilen Ausprägungen an sich. Fforde hat eine ganz eigene Welt erschaffen, in der er seine Figuren agieren läst. Deren viktorianische Lebenseinstellung bietet schon Anlass genug für eine Reihe von Schmunzler. Man muss sich als Leser auf den Handlungshintergrund einfach einlassen und vielleicht einen Faible für solche Romanhintergründe haben. Reine Krimileser dürften mit Ffordes Romane nicht unbedingt glücklich werden, obwohl die Krimihandlung an sich im vorliegenden Werk ausgereifter und lesenswerter ist wie die aus „In einem anderen Buch“.
Phantastikleser und Bücherfans gleichermaßen werden von Fforde in seinen Romanen jedenfalls gut bedient und sie ragen zudem aus dem vielfach veröffentlichten Einerlei heraus. Wer die Werke von Jasper Fforde bisher noch nicht für sich entdeckt hat, sollte einmal einen Blick wagen und am besten mit dem ersten Roman der Reihe beginnen, da die Handlung schon deutlich aufeinander aufbaut.