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Zoeys Leben ist derzeit alles andere als geregelt. Nicht nur, dass von ihren bisherigen drei Liebhabern keiner blieb und einer sogar getötet wurde, auch ihre Freunde wenden sich von ihr ab und wollen nichts mehr mit ihr zu tun haben. Nur mit Mühe und Überzeugungskunst kann sie sich ihnen wieder annähern. Ihre Mentorin und Hohepriesterin Neferet hat aufgrund der ungeklärten Morde im House of Night, einer Art Schule für Jungvampyre, den Menschen einen furchtbaren Krieg angekündigt. Diese Entscheidung hält Zoey, die selbst eine angehende Hohepriesterin der Göttin Nyx ist, für falsch und stellt sich gegen ihre Oberin. Unterstützt wird sie überraschenderweise von Aphrodite, einer Mitschülerin, mit der sie bislang eher verfeindet war. Doch seit diese ihre übersinnlichen Kräfte weitgehend verlor und sich zum Menschen zurückverwandelte, ist die Beziehung eine weitaus andere geworden. Dagegen bleibt Zoeys Freundschaft mit Stevie Rae eher angespannt, denn weder Zoey noch ihre Freunde können sagen, inwieweit sich Stevie von einem Vampyr in etwas völlig Neues verwandelte und wie weit man ihr noch trauen kann. Auf ihrer Seite steht jedoch die Göttin Nyx selbst, die zwar nur wenig eingreifen kann, aber mit Zoey eine mutige Streiterin für ihre Sache gefunden hat.
Die junge Zoey versucht in dem vierten Band der "House of Night"-Reihe auf der einen Seite, hinter die Geheimnisse der Morde zu kommen und entdeckt dabei eine schreckliche und uralte Prophezeihung, die nicht nur die Bewohner des House of Night, sondern die ganze Welt verändern kann. Offenbar scheint nur noch Zoey alleine zwischen der Apokalypse und der Rettung zu stehen. Auf der anderen Seite werden auch die alterstypischen Probleme eines jungen Mädchens zwischen 15 und 16 Jahren ausgiebig besprochen ...
Mein erster Kontakt mit der sehr erfolgreichen "House of Night"-Reihe produziert in mir ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits wird hier ein temporeicher und an Handlungsaspekten geradezu überfüllter Roman geboten, bei dessen Lektüre man regelrecht versinken kann. Zwar liefern Mutter und Tochter Cast keine Hochliteratur ab, jedoch wird eine solide Arbeit geboten, mit der man lesehungrige Teenager definitiv hinter dem Ofen hervorlocken kann. Mit großer Bandbreite werden im vierten Band der Reihe der jungen Zoey Aufgaben gestellt, die auf der einen Seite mystischer Natur - eben in Verbindung mit ihrer Vampyr-Ausbildung - sind und auf der anderen Seite identifikationsfördernde Probleme eines typischen jungen Mädchens darstellen: Liebeskummer, Freundschaften, und natürlich profane Dinge wie Schminken, das Richtige zum Anziehen ...
Auf der anderen Seite wirkt die ganze Grundhandlung schon etwas nach "Schema F" à la "Harry Potter". Wir haben hier eine sehr begabte Schülerin mit übersinnlichen Fähigkeiten, die in einer entsprechenden Schule lebt. Diese wird bedroht, eine große Gefahr braut sich außerhalb der Schule zusammen, welche auch die reale Welt bedrohen kann. Das kommt einem schon sehr bekannt vor, auch wenn das Autorengespann Cast hier statt eines uralten Zauberers mit Weltbeherrschungsphantasien eine bösartige Sage der Cherokee wiederaufleben lässt.
Zudem fehlte mir hier als Neueinsteiger etwas Arbeit des Lektorates - recht unvermittelt wird man in die Handlung geworfen und mit allerlei schon begonnenen roten Fäden und Querverweisen auf die bisherigen Bände konfrontiert. Ein kurzes "Was bisher geschah" hätte hier sicherlich weitergeholfen und man müsste auf den ersten hundert Seiten kein Fragezeichen mit sich herumschleppen.
Natürlich sind die im Internet zu findenden Besprechungen der Zielgruppe - junge Frauen zwischen 13 und 19 Jahre - durchweg positiv, fast schon begeistert, weswegen ich es wage, hier auch den einen oder anderen Kontrapunkt zu geben, und nicht gleichfalls in eine entsprechende Lobeshymne verfalle. Das Buch ist wie gesagt solide geschrieben und vermag zu fesseln. Das unvermittelte Hineinstürzen in die Handlung und die bekannte Rahmenhandlungsstruktur mag man vielleicht verzeihen.
Ungezähmt - die Rezension von Erik Schreiber