Titel: Graues Land Eine Besprechung / Rezension von Carmen Weinand |
Harvey ist ein alter Mann, der in der Abgeschiedenheit seines Hauses in den Hügeln seine Frau Sarah liebevoll pflegt. Von heute auf morgen verändert sich seine Welt und nichts ist mehr wie es war. Das Telefon ist tot. Es gibt kein Fernsehprogrammm mehr und die Welt verwandelt sich in eine graue und stille Ödnis. Außer Sarah und Harvey scheint die Welt wie leergefegt zu sein, gäbe es da nicht diese grauenvollen Kreaturen, die des Nachts um sein Haus schleichen. Harvey besiegt seine lähmende Angst und macht sich auf die Suche nach seinem alten Freund Murphy, um in Erfahrung zu bringen, was geschehen ist und ihn um Proviant zu bitten. Doch Murphy hat sich verbarrikadiert und traut niemandem mehr - nicht einmal seinem alten Freund Harvey.
Mit "Graues Land" liefert Michael Dissieux den Lesern ein Erstlingswerk der besonderen Art. Zu Beginn darf der Leser sich noch entspannen. Die ersten Seiten sind geprägt von Erinnerungen und Gefühlen, die der Autor auf seine ganz eigene und unvergleichliche Art wiedergibt. Der Protagonist Harvey findet sich im oben genannten Szenario wieder und erzählt aus der Ich-Perspektive, was in ihm vorgeht. Was zunächst nur melancholische Erinnerungen eines alten Mannes zu sein scheinen, wandelt sich ganz allmählich in eine der gelungensten Darstellungen einer apokalyptischen Atmosphäre, die mir schlicht das Atmen erschwert hat. Ohne übertreiben zu wollen, kann ich guten Gewissens sagen, dass "Graues Land" einer der wenigen Romane ist, die sich wie ein schweres Gewicht auf meine Brust gelegt und mich mit ihrer Stimmung fast erdrückt haben. Die Eindrücke des Protagonisten Harvey sind meisterhaft gut erzählt und erfahren im Laufe der Handlung noch eine Steigerung. Die Stimmung wandelt sich, ohne plump oder holprig zu werden, von melancholisch zu hoffnungslos bis hin zu grauenvoll. Es gab tatsächlich Momente, in denen mir das Grauen den Nacken hoch kroch, ich den Atem anhielt und ich vor Schreck fast mein Buch weggeschmissen hätte, als hier plötzlich das Telefon klingelte. Das gelingt bei mir nur ganz wenigen Autoren. Respekt! Ich habe mich außerdem dabei ertappt, dass ich aus dem Fenster sah, um mich zu vergewissern, dass hier alles noch da ist - dass meine Welt, wie ich sie kenne, noch existiert. Die langsame Steigerung der Stimmung läuft parallel zur steigenen Handlungsdichte. Wo Anfangs noch nicht wirklich viel passiert, kommt man gegen Ende der Story kaum zum Durchatmen. Es war unfassbar spannend und hat schliesslich auch noch mein blutrünstiges Horrorherz so gut bedient, dass ich am liebsten geheult hätte, als der Roman schliesslich zuende war. Einziges Manko: Es bleiben bis zum Schluß einige Fragen offen, die ich aber hoffentlich im zweiten Teil "Die Schreie der Toten" beantwortet bekomme. Schliesslich möchte ich noch erwähnen, dass mir die Illustrationen, die ab und zu im Buch auftauchten, sehr gut gefallen haben. Sie haben die Stimmung perfekt wiedergegeben und waren ein echtes Highlight. Außerdem hat das Taschenbuch einen hochwertigen und sehr stabilen Einband, was das Buch auch nach dem Lesen noch wie neu erscheinen lässt. Daran könnten sich große Verlage mal ein Beispiel nehmen. Denkt mal drüber nach, Heyne und Co.!
Fazit: "Graues Land" ist ein Schmuckstück unter den Endzeit-Thrillern. Dieses Buch hat mich quasi umgehauen und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Leider kann ich nicht mehr als eine klare Kaufempfehlung geben, aber die gebe ich laut schreiend!