Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Linda Nagata wurde als Linda Webb am 7 November 1960 In San Diego, Kalifornien geboren. Im Alter von 10 Jahre zog sie mit ihrer Familie nach Hawaii, wo sie an der Universität Hawaii graduierte und heute noch lebt. Sie heiratete Ron Nagata, mit dem sie zwei Kinder - eine Tochter und einen Sohn - hat.
Ihre erste professionelle Veröffentlichung gelang ihr 1987. In der April-Ausgabe des SF-Storymagazins erschien die Kurzgeschichte „Spectral Expecations“. In den folgenden Jahren konnte sie sporadisch weitere Kurzgeschichten in ANALOG und THE MAGAZINE OF FANTASY & SCIENCE FICTION unter bringen. Mit THE BOHR MAKER wurde bei Bantam Spectra dann im April 1995 ihr erster Roman veröffentlicht, dem mit TECH-HEAVEN (1995), DECEPTION WELL (1997), VAST (1998) und zuletzt LIMIT OF VISION vier weitere Romane folgten.
Mit „Götterfunke“ liegt nun als erstes einer ihrer Romane in deutscher Übersetzung vor. Der mutigen Verlagspolitik von Stefan Bauer ist es zu verdanken, dass es mit Linda Nagata eine weitere, hierzulande völlig unbekannte Autorin aus der englischsprachigen SF-Szene zu entdecken gilt.
Alle ihre bisher verfaßten Romane beschäftigen sich mit der Nanotechnologie. In „Götterfunke“ sind es die LOVs („Limit of Vision“), die den Handlungshintergrund bilden. Bei diesen LOVs handelt es sich um „synthetische Neuronen, künstliche Nervenstränge, die man Asteriden nennt. Ursprünglich als medizinische Hilfsmittel entwickelt, um Patienten mit unausgeglichener Hirnchemie zu stabilisieren.“ Da der menschliche Forschergeist ja bekanntlich keine Grenzen kennt, wurden auch diese Neuronen weiterentwickelt. Bald existierten sie nicht mehr als einzelne Zelle, sondern bildeten Kolonien, die eine symbiotische Beziehung zu ihrem Trägerwirt - zu Beginn lediglich Tiere - eingingen. Durch die Asteriden erlebten die Tiere eine Intelligenzsteigerung und eine Steigerung ihrer Gefühlswelt. Als dann erste Bedenken gegen diese Technologie und ihre mögliche Weiterentwicklung aufkam, wurde die Forschung in eine Orbitalstation verlegt.
Da die Neugier der Menschen nicht zu zügeln ist, schmuggelten drei Forscher Kolonien auf die Erde, implantierten sich diese und wurden so zu eigenen Forschungsobjekten. Auffliegen tut das Ganze, als eine der drei Forscher bei der Kommunikation mit den LOVs zu Tode kommt. Die beiden anderen Forscher wissen genau, dass eine intensive Untersuchung ihr Fehlverhalten an den Tag bringen und man ihnen die LOVs aus ihrem Schädel entfernen wird. Da sie mittlerweile aber die Vorteile, die diese künstlichen Kleinstlebewesen mit sich bringen, nicht mehr missen wollen, fliehen sie. Virgil Copeland kann entkommen, sein Partner stirbt auf der Flucht. Eine weltweite Suche wird eingeleitet.
Solch ein Szenario wäre allein für sich als Handlungshintergrund noch nicht ausreichend, sondern würde lediglich für einen Roman wie „Die Jagd nach Dr. Kimble“ reichen. Als die Kolonie in der Orbitalstation erfährt, dass die Existenz ihrer Artgenossen auf der Erde gefährdet ist und sie somit ebenfalls um ihre Existenz bangen muss, zerstört sie die Orbitalstation und der Teil, welcher die LOVs beherbergte, stürzt ins Mekong-Delta.
Mit der Journalistin Ela Suvanatat wird eine weiter Hauptperson in den Roman eingeführt. Diese junge Frau befindet sich in unmittelbarer Nähe der Absturzstelle und kann bei ihrem Tauchgang nach den Überresten der Station einige LOVs bergen, wobei sich jene wiederum im Schädel Elas ansiedeln.
Längst ist auch die biotechnische Aufsichtsbehörde vor Ort und versucht eine weltweite Ausbreitung der LOVs zu verhindern, da sie von offizieller Seite als überaus gefährlich eingestuft werden.
Es entwickelt sich ein Katz- und Mausspiel zwischen den mittlerweile „infizierten“ Personen und den offiziellen Stellen, in dem jeder seinen Vorteil sucht.
Der Roman bietet keine großartige Action-Handlung und kein Verwirrspiel, wie der Leser sie vielleicht aus ähnlich gestrickten Kriminalromanen kennt. Vielmehr steht die Frage im Vordergrund, ob es sich bei den LOVs um künstlich erschaffene Lebewesen mit eigenem Bewusstsein oder lediglich um Maschinen handelt.
Dabei wird dieser Fragekomplex nicht eindeutig beantwortet, denn die Fremdartigkeit der LOVs ist einfach zu groß. Eine Kommunikation ist möglich, aber die Denkstrukturen unterscheiden sich doch sehr von der menschlichen. Alleine schon die Entwicklungs- und Verarbeitungsgeschwindigkeit der LOVs erschwert eine zweiseitig Kommunikation. Im Verlaufe der Lektüre schwenkt man als Leser rasch auf die Seite der Verfolgten, denn es wird deutlich, dass die LOVs nicht an einer „Übernahme“ der Menschen interessiert sind, sondern vielmehr an einer Koexistenz.
Die Befürchtungen der offiziellen Stellen sind allerdings nachvollziehbar, denn wo die Entwicklung der LOVs hinführt, kann niemand mit letzter Gewissheit sagen. Immerhin wird deren rasche Anpassung an sich verändernde Lebensumstände und Situationen mehr als deutlich. Eine völlig Übernahme eines menschlichen Bewusstseins durch die LOVs ist somit durchaus denkbar.
Die technologischen Aspekte spielen in „Götterfunke“ kaum eine Rolle. Der Leser erhält nur einige Grundinfos über die Entwicklungsgeschichte der LOVs. Andere Autoren hätten aus dieser Idee sicherlich einen Hard-SF-Roman verfassen können. Dies war aber nicht die Absicht von Linda Nagata. Für sie steht eher die philosophische und moralische Auseinandersetzung im Vordergrund. Die Menschheit wird mit einem Male mit der Frage konfrontiert, ob sie selbst nur Maschinen oder tatsächlich bewusstes Leben erschaffen haben und wie sie nun auf ihre eigene Schöpfung reagieren sollen.
Dem Leser bietet Linda Nagata für diesen gesamten Fragenkomplex keine Lösung. Am Ende ist klar, dass die Menschen sich mit ihren Schöpfungen werden auseinander setzen müssen, denn ein Ausschalten dieser ist nicht gelungen.
Linda Nagata verfügt auch über eine eigene Homepage, die allerdings in einigen Bereichen noch „im Bau“ ist. www.maui.net/~nagata
Ihre erste professionelle Veröffentlichung gelang ihr 1987. In der April-Ausgabe des SF-Storymagazins erschien die Kurzgeschichte „Spectral Expecations“. In den folgenden Jahren konnte sie sporadisch weitere Kurzgeschichten in ANALOG und THE MAGAZINE OF FANTASY & SCIENCE FICTION unter bringen. Mit THE BOHR MAKER wurde bei Bantam Spectra dann im April 1995 ihr erster Roman veröffentlicht, dem mit TECH-HEAVEN (1995), DECEPTION WELL (1997), VAST (1998) und zuletzt LIMIT OF VISION vier weitere Romane folgten.
Mit „Götterfunke“ liegt nun als erstes einer ihrer Romane in deutscher Übersetzung vor. Der mutigen Verlagspolitik von Stefan Bauer ist es zu verdanken, dass es mit Linda Nagata eine weitere, hierzulande völlig unbekannte Autorin aus der englischsprachigen SF-Szene zu entdecken gilt.
Alle ihre bisher verfaßten Romane beschäftigen sich mit der Nanotechnologie. In „Götterfunke“ sind es die LOVs („Limit of Vision“), die den Handlungshintergrund bilden. Bei diesen LOVs handelt es sich um „synthetische Neuronen, künstliche Nervenstränge, die man Asteriden nennt. Ursprünglich als medizinische Hilfsmittel entwickelt, um Patienten mit unausgeglichener Hirnchemie zu stabilisieren.“ Da der menschliche Forschergeist ja bekanntlich keine Grenzen kennt, wurden auch diese Neuronen weiterentwickelt. Bald existierten sie nicht mehr als einzelne Zelle, sondern bildeten Kolonien, die eine symbiotische Beziehung zu ihrem Trägerwirt - zu Beginn lediglich Tiere - eingingen. Durch die Asteriden erlebten die Tiere eine Intelligenzsteigerung und eine Steigerung ihrer Gefühlswelt. Als dann erste Bedenken gegen diese Technologie und ihre mögliche Weiterentwicklung aufkam, wurde die Forschung in eine Orbitalstation verlegt.
Da die Neugier der Menschen nicht zu zügeln ist, schmuggelten drei Forscher Kolonien auf die Erde, implantierten sich diese und wurden so zu eigenen Forschungsobjekten. Auffliegen tut das Ganze, als eine der drei Forscher bei der Kommunikation mit den LOVs zu Tode kommt. Die beiden anderen Forscher wissen genau, dass eine intensive Untersuchung ihr Fehlverhalten an den Tag bringen und man ihnen die LOVs aus ihrem Schädel entfernen wird. Da sie mittlerweile aber die Vorteile, die diese künstlichen Kleinstlebewesen mit sich bringen, nicht mehr missen wollen, fliehen sie. Virgil Copeland kann entkommen, sein Partner stirbt auf der Flucht. Eine weltweite Suche wird eingeleitet.
Solch ein Szenario wäre allein für sich als Handlungshintergrund noch nicht ausreichend, sondern würde lediglich für einen Roman wie „Die Jagd nach Dr. Kimble“ reichen. Als die Kolonie in der Orbitalstation erfährt, dass die Existenz ihrer Artgenossen auf der Erde gefährdet ist und sie somit ebenfalls um ihre Existenz bangen muss, zerstört sie die Orbitalstation und der Teil, welcher die LOVs beherbergte, stürzt ins Mekong-Delta.
Mit der Journalistin Ela Suvanatat wird eine weiter Hauptperson in den Roman eingeführt. Diese junge Frau befindet sich in unmittelbarer Nähe der Absturzstelle und kann bei ihrem Tauchgang nach den Überresten der Station einige LOVs bergen, wobei sich jene wiederum im Schädel Elas ansiedeln.
Längst ist auch die biotechnische Aufsichtsbehörde vor Ort und versucht eine weltweite Ausbreitung der LOVs zu verhindern, da sie von offizieller Seite als überaus gefährlich eingestuft werden.
Es entwickelt sich ein Katz- und Mausspiel zwischen den mittlerweile „infizierten“ Personen und den offiziellen Stellen, in dem jeder seinen Vorteil sucht.
Der Roman bietet keine großartige Action-Handlung und kein Verwirrspiel, wie der Leser sie vielleicht aus ähnlich gestrickten Kriminalromanen kennt. Vielmehr steht die Frage im Vordergrund, ob es sich bei den LOVs um künstlich erschaffene Lebewesen mit eigenem Bewusstsein oder lediglich um Maschinen handelt.
Dabei wird dieser Fragekomplex nicht eindeutig beantwortet, denn die Fremdartigkeit der LOVs ist einfach zu groß. Eine Kommunikation ist möglich, aber die Denkstrukturen unterscheiden sich doch sehr von der menschlichen. Alleine schon die Entwicklungs- und Verarbeitungsgeschwindigkeit der LOVs erschwert eine zweiseitig Kommunikation. Im Verlaufe der Lektüre schwenkt man als Leser rasch auf die Seite der Verfolgten, denn es wird deutlich, dass die LOVs nicht an einer „Übernahme“ der Menschen interessiert sind, sondern vielmehr an einer Koexistenz.
Die Befürchtungen der offiziellen Stellen sind allerdings nachvollziehbar, denn wo die Entwicklung der LOVs hinführt, kann niemand mit letzter Gewissheit sagen. Immerhin wird deren rasche Anpassung an sich verändernde Lebensumstände und Situationen mehr als deutlich. Eine völlig Übernahme eines menschlichen Bewusstseins durch die LOVs ist somit durchaus denkbar.
Die technologischen Aspekte spielen in „Götterfunke“ kaum eine Rolle. Der Leser erhält nur einige Grundinfos über die Entwicklungsgeschichte der LOVs. Andere Autoren hätten aus dieser Idee sicherlich einen Hard-SF-Roman verfassen können. Dies war aber nicht die Absicht von Linda Nagata. Für sie steht eher die philosophische und moralische Auseinandersetzung im Vordergrund. Die Menschheit wird mit einem Male mit der Frage konfrontiert, ob sie selbst nur Maschinen oder tatsächlich bewusstes Leben erschaffen haben und wie sie nun auf ihre eigene Schöpfung reagieren sollen.
Dem Leser bietet Linda Nagata für diesen gesamten Fragenkomplex keine Lösung. Am Ende ist klar, dass die Menschen sich mit ihren Schöpfungen werden auseinander setzen müssen, denn ein Ausschalten dieser ist nicht gelungen.
Linda Nagata verfügt auch über eine eigene Homepage, die allerdings in einigen Bereichen noch „im Bau“ ist. www.maui.net/~nagata