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Titel: Gebannt. Unter fremdem Himmel Eine Rezension von Doreen Below |
Zitat:
Die Welt außerhalb der Biosphäre nannten sie die "Todeszone". Dort draußen gab es eine Million Möglichkeiten, sein Leben zu verlieren. Aria hätte nie geglaubt, dass es für sie einmal so eng werden würde. (Seite 7)
Kurzbeschreibung:
Getrennt durch zwei Welten, geeint im Überlebenskampf, verbunden in unendlicher Liebe ... Die siebzehnjährige Aria lebt in einer Welt, die perfekter ist als die Realität. Perry kommt aus einer Wildnis, die realer ist als jede Perfektion und in der wilde Stürme das Leben bedrohen. Als Aria in seine Welt verstoßen wird, rettet Perry ihr das Leben. Trotz ihrer Fremdheit verbindet die beiden die Verzweiflung und Sorge um die, die sie lieben. Aria will ihre verschollene Mutter wiederfinden, Perry ist auf der Suche nach seinem Neffen, an dessen Entführung er sich die Schuld gibt. Aria versucht, vor Perry zu verbergen, dass ihre Gefühle ihm gegenüber sich wandeln. Doch Perry hat dies längst schon entdeckt, aber nicht nur bei Aria, auch bei sich selbst...
Meine Meinung:
Man kann es nicht oft genug erwähnen: Dystopien sowie Endzeitromane sind derzeit einfach der Renner auf dem Buchmarkt. Es wird futuristisch, befremdlich und zumeist (höchst) romantisch. Veronica Rossi schließt sich mit ihrem Debütroman, einer Verschmelzung aus Science-Fiction und High Fantasy Elementen, diesem etwas anderen Phantastik-Boom an und erschafft unterdessen ihre ganz eigene Welt unter dem stürmenden Niemalshimmel, inklusive einfallsreicher Ideen und guter Ansätze. DOCH, stellt sich bei mir langsam eine dystopische Müdigkeit ein oder konnte mich "Gebannt. Unter fremdem Himmel" wirklich nicht so stark begeistern, wie ich es eingangs geglaubt habe? Unter folgenden Worten hoffe ich nun selbst eine Antwort zu finden. Alles andere als ein Kinderspiel!
Passend zum Buchtitel blieb ich anfangs tatsächlich GEBANNT an den Seiten hängen und mir gefiel, was ich dort las. Die futuristisch-phantastische Lovestory um eine Siedlerin und einen Außenseiter beginnt äußerst spannend, bedrohlich und nicht minder interessant. Durch die wechselnden Erzählperspektiven in der 3. Person findet man sich rasch zurecht. Sofort fühlte ich mich Willkommen in den Welten zweier fremder Gesellschaften/Personen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und sich in einigen Belangen dann doch ähneln. Die Kombination aus virtuellen Welten à la Matrix (mit einem weitaus bequemeren Cyber-Anschluss) und einer gefährlich-brachialen Wildnis, hat durchaus ihren Reiz, insbesondere weil beide Gesellschaftsformen von einem gemeinsamen Feind bedroht werden. Nämlich dem Äther, einem flammenden Sturm am Himmel, der langsam die komplette Welt zu verschlingen droht und im Handlungsverlauf stets präsent ist.
Der von der Natur geborene Feind ist jedoch nicht das einzige Problem! "Under the Never Sky" (Originaltitel) lebt es sich halt sehr gefährlich und dafür sorgen manch unschöne Begegnungen aus der modernen wie wilden Welt. Man könnte also annehmen, dass die bald verstoßene Aria und der barbarische Peregrin/Perry (nein, er ist nicht Mittelerde entstiegen) allerhand aufregende Abenteuer unter fremdem Himmel erleben werden. Nicht ganz! Die Natur macht ihnen zwar des Öfteren einen Strich durch die Rechnung und auch mit blutrünstigen Krähen ist nicht zu spaßen, allerdings hätte man daraus weitaus mehr machen können. Während die ersten Kapitel gelegentlich etwas stolpern, dafür aber an Fahrt aufnehmen, geht es im zweiten Drittel sehr gemächlich zu, wenn die frisch Verbündeten nur wiederwillig ein gemeinsames Ziel verfolgen und sich langsam näher kommen. Leichte Erinnerungen an Ally Condies "Cassia & Ky: Die Flucht" kamen auf, zumindest was das Tempo im Mittelteil betrifft. Die letzten Kapitel geben zwar wieder ordentlich Gas, wenn es plötzlich sehr rasant, romantisch und teilweise aufklärend wird, für mich reichte das aber leider nicht aus.
Mein Problem: die Art des Erzählens. Erst dachte ich, es könnte vielleicht an der Übersetzung von Franca Fritz und Heinrich Koop liegen. Irgendwann schloss ich das jedoch aus - die von ihnen übersetzten "Chroniken der Unterwelt" sprechen da eine gekonnte Sprache. Es liegt eher daran, dass Veronica Rossi für mich manche Ereignisse sowie Gefühle nicht spürbar transportieren konnte. Etliche Spannungsmomente, Schlüsselfiguren sowie Erklärungen hätten weitaus mehr Pfeffer und Tiefgang vertragen. Einige Konflikte werden auf eine simple/konstruierte Art gelöst (z. B. ein schwerwiegender Angriff auf Aria oder ein mysteriöser Reisegefährte). Entweder spielen sie später noch eine tragende Rolle oder das vorhandene Potenzial wird in entscheidenden Situationen einfach nicht komplett ausgeschöpft. Was spannend sein könnte, langweilt zunehmend, trotzdessen Rossi einfallsreiche Ideen (z. B. Perrys empfindliche Begabung) mit einstreut und vor allem auf den letzten Seiten zu verzaubern vermag. Reichlich Fragen in Bezug auf die selbst kreierte Zukunftsvision bleiben unterdessen offen bzw. werden unzureichend erklärt ... bis zum Ende, das nicht jeden Glücklich stimmen dürfte, weil auch hier einfach Klärungsbedarf besteht. Hier werden der Phantasie wahrlich keine Grenzen gesetzt!
Und die Liebesgeschichte? Die konnte mich zunächst nicht berühren. "Getrennt durch zwei Welten, geeint im Überlebenskampf, verbunden in unendlicher Liebe" ... das verspricht die Kurzbeschreibung des Verlages und das bekommt man irgendwie auch. Allerdings hätten die feindlichen Dialoge zwischen den beiden für mich zuweilen mehr Biss haben können und mitunter hatte ich das Gefühl, ähnliche Situationen bereits in anderen Büchern gelesen zu haben (sicherlich keine Seltenheit), nur eben weitaus besser!
Aria & Perry sind schon ein nettes Gespann. Ihre verwirrten/unerwünschten Gefühle füreinander reifen während der gemeinsamen Erlebnisse, kommen nicht zu kitschig daher und besonders zum Ende hin gibt es viele schöne Momente mit den beiden zu bewundern. Der verliebte Funke wollte jedoch nicht gänzlich auf mich überspringen. Ich denke das liegt einfach daran, dass ich mit Rossis Art des Schreibens einfach nicht warm wurde und Aria für mich erst ziemlich spät greifbar wurde. Während man von Beginn an einen guten Einblick in Perrys Umfeld und seinen Charakter (raue Schale, weicher Kern) bekommt, schaut es bei Aria etwas anders aus. Sie bleibt lange Zeit über Gast in Perrys mittelalterlich wirkender Welt, die nach dem Motto: "draufhauen oder gefressen werden" funktioniert. Anfangs ist sie dieses typische Mädchen, das in eine fremde Umgebung hineingeworfen wird, ordentlich die Zähne zusammen beißen muss und während ihrer Abenteuer erwachsener wird. Infos über ihre Heimat, die Biosphäre, sind eher spärlich gesät und bekommt man eher nebenher. Dabei wäre gerade das interessant gewesen. An diesen Schwachstellen darf Rossi in den Fortsetzungen "Getrieben. Durch ewige Nacht" (März 2013) und "Geborgen. In unendlicher Weite" (März 2014) gerne ansetzen und ordentlich aufräumen. Ich bitte drum!
Kurz gesagt:
Gebannt begann ich die ersten Seiten zu lesen … um mich kurz darauf unter befremdlichem Himmel wiederzufinden. Veronica Rossi konnte mich mit dem Auftakt ihrer "Aria & Perry"-Trilogie leider nicht durchweg fesseln – frischer Ideen, sympathischer Charaktere und actionreicher Momente zum Trotz. Viele offene Fragen und eine mittelmäßige Umsetzung trübten leider mein Lesevergnügen. Da konnte mich das rasante und höchst romantische letzte Drittel leider nicht mehr drüber hinwegtrösten. Das ist sicherlich Geschmackssache, für mich gibt es allerdings weitaus bessere Geschichten dieses Genres. Bedingt empfehlenswert!