Titel: Die weissen Männer Eine Besprechung / Rezension von Carmen Weinand |
Wenn Freundinnen via Holo-Botschaft mit einem Schluss machen, bösartige Replikanten harmlose Nachbarn jagen und kauzige Arbeitskollegen über private Waffenarsenale verfügen, dann befindet man sich in Arthur Gordon Wolfs UMC-Saga.
Brandon Tolliver hätte sich im Leben nicht träumen lassen, dass sein bisher eher unauffälliges Dasein sich im Handumdrehen in einen einzigen Albtraum verwandeln könnte.
In einer Welt, in der die Technik weit über dem Menschen steht und niemand sich für die Belange anderer Leute interessiert, passiert in der Regel nicht viel, so lange man sich aus allem heraus hält.
Brandon ist zwar kein Supermann, hat aber das Herz am rechten Fleck. Diese Eigenschaft bringt ihn in Teufels Küche, als er seiner Nachbarin Miss Brookdahl zur Hilfe eilt. Eine Fehlfunktion ihres eigens für den Haushalt angeschafften Replikanten Alexander bringt die alte Dame in Gefahr. Brandon löst mit seiner Hilfsaktion, ohne es zu wissen, eine verhängnisvolle Kettenreaktion aus, die Unglaubliches ans Licht bringt. Sein Leben, wie er es kannte, endet und sein Dasein als Verfolgter beginnt.
Mit "Die Dunwich-Pforte" durfte ich bereits einen ersten Blick in die Welt von UMC werfen. Dort wurde ich für mein Interesse mit wunderbar gezeichneten Charakteren belohnt, die ich auch Monate später noch beschreiben könnte.
In "Die weissen Männer" ist genau das wieder hervorragend gelungen. Brandon, seines Zeichens eigentlich ein Vollblut-Loser, mutiert im Laufe der Story zu einem waschechten Helden. Er wächst von Mal zu Mal immer mehr über sich hinaus, ohne sich eigentlich darüber im Klaren zu sein. Ich liebe diesen Kerl - eine köstliche Mischung aus gutmütig und cool.
Die sonderbare Miss Brookdahl ist ein Herzchen für sich. Schrullig und dennoch sympathisch. Herrlich!
Und dann ist da noch der bösartige Replikant Alexander, bei dessen Schilderung es einem eiskalt den Rücken hinunter läuft. Obwohl diese Novelle aus der UMC-Saga komplett ohne paranormale Elemente auskommt, besorgt Alexander es dem Leser gründlich mit einer ordentlichen Portion Gänsehaut.
Wer oder was die weissen Männer sind, muss der geneigte Leser bitte selber entdecken, denn allzu viel möchte ich hier nicht breit treten.
Abgesehen von den wieder einmal saucoolen Figuren der Story, bekommt der Leser hier noch die volle Dosis Action geliefert. Eigentlich sollte Brandon uns richtig Leid tun, denn für ihn gibt es so gut wie keine Verschnaufpausen. Einmal die Beine in die Hände genommen, kann er diese für ziemlich lange Zeit nicht wieder loslassen. So wird er praktisch zum Stuntman seiner eigenen Lebensgeschichte und die Story liest sich rasant und packend.
Arthur Gordon Wolf verfügt über einen wunderbaren Humor, den er stellenweise in seinen angenehmen, eloquenten Schreibstil mit einfließen lässt. So ist es dann auch kein Wunder, dass ich mir an vielen Stellen das Grinsen nicht verkneifen konnte. Ich sage nur: Kosakentanz (und grinse schon wieder). Trotzdem kennt er genau die Grenze zum Klamauk, so dass die Novelle dadurch nicht ins Lächerliche abrutscht.
Um das Ganze etwas verständlicher zu beschreiben, fällt mir spontan die Szene aus Indiana Jones ein, in der ein Schwertkämpfer eine gefühlte halbe Stunde lang kunstvoll mit seiner Waffe herumfuchtelt, um dann furztrocken von Indie abgeknallt zu werden. Diese Art Unterhaltung, nur noch besser, bietet einem Arthur Gordon Wolf.
Wer nach "Die weissen Männer" immer noch nicht UMC-süchtig ist, ist eigentlich in der Abteilung Komapatient anzusiedeln.
Ich weiß, dass weitere UMC-Geschichten in Schubladen lagernd auf Veröffentlichung warten. Und ich weiß, dass ich früher oder später auf lieb gewonnene Figuren aus voran gegangenen Geschichten treffen werde. Das tröstet mich ein wenig über das schnelle, nach Fortsetzung schreiende Ende hinweg.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass mich das geniale Cover von Timo Kümmel und die Illustrationen von Thomas Hofmann total begeistert haben.
Lieber Timo Kümmel, dieses Cover ist wieder ein echtes Highlight für mein Bücherregal.
Fazit:
"Die weissen Männer" von Arthur Gordon Wolf ist wieder ein Stück Abenteuer aus der UMC-Welt, das absolut Lust auf mehr macht. Hier wurden Science Fiction, Action, Gefühl und Humor so gekonnt miteinander verwoben, dass ein Ende der Geschichte an dieser Stelle eigentlich indiskutabel ist. Deswegen hoffe ich, sehr bald einen weiteren Happen hingeworfen zu bekommen, damit ich dieses Abenteuer in meinem Kopf fortsetzen kann. "Die weissen Männer" kann, obwohl Teil einer Saga, eigenständig und ohne Vorkenntnisse gelesen werden.