Titel: Die Scanner Eine Besprechung / Rezension von Jennifer Waschk
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Kurzbeschreibung:
Google war gestern – und was wird morgen sein?
Die Welt im Jahr 2035: Gedruckte Bücher, Zeitungen, Zeitschriften gibt es nicht mehr. Für Rob kein großes Problem. Er kennt es nicht anders. Er ist in einer vernetzten Welt aufgewachsen und arbeitet für einen Megakonzern, der jedes Druckerzeugnis, das er in die Finger bekommt, digitalisiert. So wird alles Wissen für alle zugänglich. Jederzeit! Und kostenlos! Ist doch prima, oder?
Aber dann gerät Rob in die Kreise einer geheimen Büchergilde. Einer verbotenen Organisation aus Pleite gegangenen Buchhändlern, arbeitslosen Autoren, Übersetzern, Journalisten und ausgemusterten Verlagsmitarbeitern. Und plötzlich sieht Rob sein Bild als Top-Terrorist in den Nachrichten auf allen TV-Kanälen. Im Kampf um Wissen, Monopolisierung und Macht ist er mit einem Mal der Staatsfeind Nummer eins.
Ein spannender Zukunfts-Thriller, ein brillanter Roman über Freundschaft in Zeiten globaler Digitalbekanntschaften und ein hellsichtiger Kommentar unserer Tage.
Quelle: Verlagsseite
Tatsächlich war ich etwas überrascht, als mich nach dieser Kurzbeschreibung nur ein dünnes Büchlein erreichte. Trotzdem war ich schon längst neugierig geworden.
Mein Interesse hatte die liebe Steffi von his & her books geweckt als sie die außergewöhnliche Autorenvita postete.
Robert M. Sonntag, geboren 2010, lebte nach dem letzten der großen Kriegen in der A-Zone. Er arbeitete für den Ultranetz-Konzern. Seit 2035 liegen keine Einträge mehr über ihn vor. Sein Ultranetz-Profil ist gelöscht. Robs Buch und diese Zeilen erreichten den S. Fischer Verlag auf bisher ungeklärten Wegen.
Da muss man doch stutzen, oder? Dann lachen und im nächsten Moment wird man neugierig. Dieses Buch muss ich lesen! Gesagt, getan! Auf gerade mal 192 Seiten kommt eine sehr geballte Geschichte daher, die sich mit kritischen Themen auseinandersetzt. Selbst als Erwachsener muss man über einige Themen nachdenken. Wie wichtig ist es, viele Freunde in den Social Medias zu haben? Wen kenne ich davon eigentlich wie gut? Was passiert, wenn wir in der Lage sind alles von jedem zu wissen und live bei allem dabei zu sein durch Videokonferenzen? Aber auch Drogenkonsum, Liebe und Familie sind Themen. Und natürlich Bücher und was alles mit dran hängt. Ich selbst kann mir eine Welt ohne Bücher nicht vorstellen und ich will es auch gar nicht. Vielleicht ist das Bild, dass dieser Roman beschwört, deswegen so schaurig. Es ist eine typische Dystopie. Schreckliche, kalte Welt, Typ wird durch äußere Umstände wach gerüttelt und will plötzlich etwas daran ändern. In dem Sinne nichts neues, doch Robert Sonntag schafft es, sein buch durch viele kleine Besonderheiten zu etwas Besonderem zu machen. Leider kann ich auf diese Kleinigkeiten nicht eingehen, ohne zu spoilern, deswegen lass ich es ;-)
Rob ist ein sehr zwiegespaltener Held. Eine Haltung, die durchaus verständlich ist, da er in einer vernetzten Welt aufgewachsen ist. Sein Leben funktioniert nur mit seiner „Mobrill“, mit der man ständig und überall online ist. Er weiß gar nicht mehr, wie man schreibt oder tippt, das alles über die Stimme oder die Augen funktioniert. Er hat noch nie ein Buch gelesen. Wenn man etwas wissen will, findet man es im Netz und anstatt draußen in einen Wald zu gehen, geht man in eine Halle, wo die Natur künstlich erschaffen ist. Rob wehrt sich lange dagegen, dass dieses Weltbild nicht richtig ist, aber was soll man auch erwarten, wenn man so groß geworden ist?
Einige der Schilderungen sind mehr recht nahe gegangen, weil sie so kalt und drastisch erzählt werden. Da musste man schon mal schlucken. Z.B. als der Arbeitskollege von Robs Vater eine Liveschaltung macht, wie er sich selbst vom Zug überrollen lässt. Das jagt einem schon ne Gänsehaut über den Rücken. Da fragt man sich, wie sensationsgeil der Mensch eigentlich ist.
Als Deutschlehrerin (ja, die Geister haben auch normale Berufe ^^) fand ich es sehr faszinierend, dass man am Anfang den Hinweis auf Unterrichtsmaterial vom Verlag aus bekommt. Daraufhin habe ich das Buch auch mit dem Hintergedanken gelesen, ob es sich als Schullektüre eignen würde und ohne zu zögern, kann ich das nur bejahen. Ähnlich wie „Brave New World“ oder „The Giver“ wäre es eine schöne Dystopie für den Deutschunterricht in der Mittelstufe. Interessierte Lehrer können sich auf der Verlagsseite sogar Prüfexemplare bestellen und finden dort auch das entsprechende Unterrichtsmaterial.
Fazit: Obwohl es „nur“ ein Jugendbuch ist, hat es mich doch nachdenklich gestimmt. Als Dystopie folgt es dem aktuellen Buchtrend und ich denke, dass es als Schullektüre etwas frischen Wind in die Klassenzimmer bringen könnte. Kurzer, knackiger, nachdenklicher Lesegenuss, der mich überzeugt hat. Von mir 5 von 5 Skulls.