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Eine Rezension von Judith Madera (Weitere Rezensionen von Judith Madera findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de) |
Gwenael kehrt als Kriegsheld in die Stadt seiner Kindheit zurück und wird zum Commandanten der Stadtwache ernannt – eine ehrenvolle Position für einen Soldaten, dem seine Kriegsverletzung noch zu schaffen macht. In Gwenaels Bauch stecken magische Splitter, die Schmerzen verursachen, doch diese halten ihn nicht davon ab, seine neue Aufgabe mit ernsthaftem Eifer zu erfüllen. Noch vor seinem offiziellen Amtsantritt wird Gwenael mit einer Fleischpuppe konfrontiert: Einem fremdgesteuerten Körper, der scheinbar grundlos einen Mechaniker angreift. Zudem benimmt sich Gwenaels Partner, der orcische Priester Orin, plötzlich seltsam. Er scheint Geheimnisse vor Gwenael zu haben und ist in einen grausamen Mordfall verstrickt – so wie andere Menschen, die dem Commandanten nahestehen …
Die Seelenlosen ist der erste Teil einer zermürbenden Kriminalgeschichte, die eng mit Gwenaels Vergangenheit und seinen Verwandten / Freunden verknüpft ist. Eigentlich war Gwenael dem Leben in Valvermont entflohen, da er aus wohlhabendem Hause stammt und mit dem dunklen Familiengeheimnis nicht umgehen sowie mit den Intrigen der Obrigkeit nichts anfangen konnte. Doch nun muss er sich – als zutiefst ehrlicher Mensch, der in seinem Gegenüber stets das Positive zu sehen versucht – mit Machtspielen und grimmigen Stadtwachen auseinandersetzen, die ihn für einen feinen Pinkel halten und nur langsam Vertrauen zu ihrem neuen Commandanten fassen. Viel schwerer wiegt jedoch der Verrat Orins, der Gwenael sechsundzwanzig Jahre lang treu zur Seite stand und nun seine Maske fallen lässt.
Dass Gwenael mit einem Mann liiert ist, erscheint von Anfang an ganz natürlich. Interessant dabei ist, dass es sich um eine über lange Jahre gefestigte Beziehung handeln, die allmählich auseinanderbricht. So handelt Die Seelenlosen zunächst vom Sterben einer Liebe, von Verrat und Enttäuschung. Gwenael leidet unter dem drohenden Verlust, wächst jedoch auch an dieser Erfahrung und lässt später Gefühle für einen anderen zu, was den Krimiplot mit prickelnder Erotik garniert. Orin bleibt dabei jedoch so blass wie seine Haut und es fällt schwer, den Mann, den man auf den ersten Seiten kennenlernt, mit dem Mann hinter der Maske in Einklang zu bringen.
Anhand der Informationen im Buch wird deutlich, dass es sich bei Gwenael um einen Mittvierziger handelt, doch seine offene und wohlwollende Art lassen ihn oftmals jünger erscheinen. Mit seiner Ehrlichkeit gelingt es ihm, seine Kollegen für sich zu gewinnen und talentierte Leute für die Stadtwache zu verpflichten. Wie beispielsweise die offenherzige Marianne, die laut, aber durchaus gebildet ist und sich wunderbar als Schreiberin eignet. Oder auch den jungen Parhur Jaleel, der bisher ein Außenseiter war und mit Informationen gehandelt hat. Der grausame Mord an einer werdenden Mutter ist für ihn eine ganz persönliche Angelegenheit, denn die junge Frau war eine gute Freundin. Gwenael gibt Jaleel die Chance, bei der Ergreifung des Mörders mitzuwirken und so erfährt dieser erstmals Anerkennung und die Wärme einer echten Freundschaft.
Bei der Stadt der Maschinenmagie handelt es sich um einen umfangreichen Steamfantasy-Krimi, der sich viel Zeit für die Ermittlungsarbeit nimmt und zahlreiche Nebenhandlungen aufbaut, die sich nach und nach zu einem Gesamtbild verflechten. Die Spannung flacht dadurch oftmals ab, dafür lernt man die Charaktere jedoch sehr gut kennen und fühlt sich als Leser nach den ersten hundert Seiten in Valvermont durchaus zu Hause. Die Stadt weist mittelalterliche Züge auf, zeigt jedoch auch verschiedene Merkmale einer Industrialisierung, verwoben mit dem Flair französischer Städte des 18. Jahrhunderts und der kulturellen Vielfalt verschiedener Fantasywesen.
Da es sich bei Die Stadt der Maschinenmagie um eine einzige lange Geschichte handelt, die in zwei Bücher aufgeteilt wurde, endet der Roman sehr abrupt. Leider hat der Incubus-Verlag seine Tore geschlossen, sodass die Leserschaft auf die Fortsetzung wohl noch etwas warten muss, aber diese Geschichte wird sicherlich einen neuen Verlag finden. Der Wunsch, nach Valvermont zurückzukehren, ist jedenfalls groß.
Fazit
Die Seelenlosen ist ein Steamfantasy-Krimi, der sich stark auf die Entwicklung seiner Charaktere konzentriert und vor allem mit der dreckigen und vielseitigen Stadt Valvermont sowie dem herzensguten und erfahrenen Gwenael überzeugt. Der Leser braucht anfangs etwas Zeit, um in dieser phantastischen Welt voll dunkler Magie und skurriler Technik anzukommen, doch am Ende will man sie gar nicht mehr verlassen.