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Titel: Der Krähenturm Eine Rezension von Ida Eisele |
Der junge Gelehrte Icherios Ceihn wird, nicht lange nach seinem Abenteuer in Dornfelde, ein weiteres Mal mit einem Auftrag für den Ordo Occulto betraut. Im Heidelberg des Jahres 1771 soll sich sein größter Traum erfüllen: ein Medizinstudium. Doch im dortigen Sitz des Ordens geht es nicht mit rechten Dingen zu. In Freybergs Auftrag soll Icherios den heidelberger Leiter Auberlin im Auge behalten. Und als sei das noch nicht genug, scheint auch noch der geheimnisvolle Tod seines besten Freundes Vallentin etwas damit zu tun zu haben...
Wie schon der Vorgängerband "Die Alchemie der Unsterblichkeit" überzeugte mich dieses Buch mit der gelungenen Kombination aus bekannten, mystischen Wesenheiten, einer düsteren Atmosphäre sowie sympathischen und in Erinnerung bleibenden Charakteren.
Wieder begleitet der Leser den jungen Gelehrten Icherios auf einer Reise ins Ungewisse. Zwar scheint sein großer Traum von einem Medizinstudium sich endlich zu erfüllen, doch wird er in Heidelberg in ein undurchsichtiges Netz aus Intrigen, alten und neuen Feindschaften und zwielichtigen Personen verwickelt.
Icherios macht in diesem Buch eine gewisse Wandlung durch. Leser der "Alchemie der Unsterblichkeit" werden sich daran erinnern, dass er in Dornfelde von einer Vampirin gebissen wurde. Nun trägt er einen Strigoi in sich, einen gefährlichen Vampir, der mehr mit einer wilden Bestie als einem zivilisierten Bluttrinker gemeinsam hat. Dieses Wesen nimmt Einfluss auf ihn, macht ihn widerspenstiger und selbstbewusster - meiner Meinung nach keine Entwicklung, die ihm wirklich schadet.
Neben bereits bekannten Personen wie der Vampirin Carissima, Freyberg und der Ratte Maleficium treten neue interessante Charaktere auf, die das Geschehen aus anderen Perspektiven erleuchten und um einige Ebenen bereichern. Gerade an Hexen ist "Der Krähentum" reich, wobei damit keineswegs bucklige, warzennasige Kräuterweiber im Wald gemeint sind. Vielmehr hat man es mit eigenständigen, starken Frauengestalten zu tun, die als durchaus attraktiv beschrieben werden - gut, bisweilen ist das auch einzig ihren Zauberkräften geschuldet.
Auch ein Hexenjäger ist zu erwähnen, eine harte, kämpferische, zwielichtige Gestalt, die einen angenehmen Gegensatz zu Icherios bildet.
Raban von Helmstatt, Icherios' Mentor, hat ebenfalls endlich seinen Auftritt, wobei er der einzige Charakter war, der mich ein wenig enttäuschte. Das kann natürlich auch an Icherios verschlechtertem Verhältnis zu ihm liegen, aber er kam mir einfach nicht wie eine starke, wissende Mentorenfigur vor.
Die Hintergrundwelt, das Süddeutschland im Jahr 1771, in dem allerhand mystische Geschöpfe im Geheimen leben, wird ein wenig mehr beleuchtet, man erfährt endlich ein wenig mehr über den sogenannten Ordo Occulto und seine Entstehungsgeschichte, ohne dass alle Geheimnisse gelüftet würden. Heidelberg ist als Schauplatz gut gewählt und es gelingt der Autorin, in der Stadt eine ebenso düstere, dichte Atmosphäre zu erschaffen wie im Vorgängerband im Schwarzwald.
Das Buch ist von der ersten Seite an spannend, ein Ereignis folgt auf das nächste, ohne dass man den Überblick verlieren würde - einzig gegen Ende wurde es für meinen Geschmack ein wenig schnell und einige Zusammenhänge wurden nicht ganz ersichtlich (Warum muss Hazecha Icherios auf dem Heiligenberg treffen, ihm ihre wahre Gestalt offenbaren, ihm eine verwirrende Vision zeigen, nur um ihm eine Frage zu beantworten? Wie kann eine Maschine Magie bannen? Warum tut Auberlin, was er tut?).
Insgesamt vermag aber auch das den guten Gesamteindruck kaum zu trüben. "Der Krähenturm" hat sich von der ersten bis zur letzten Seite zu lesen gelohnt und ich kann nur hoffen, dass es noch weitere Fortsetzungen geben wird.