Titel: Das Schloss Eine Besprechung / Rezension von Carmen Weinand |
"Das Schloss" von Tim Svart führt den Leser in einen Abgrund aus Tod, Folter und Sex.
Die Story dreht sich grundsätzlich um die Brüder Kid und Adam, deren favorisierter Zeitvertreib darin besteht, junge, hübsche Frauen zu ködern und sie in ihre tödliche Falle zu locken. Nachdem ihr altes Versteck, eine verlassene, heruntergekommene Hütte im Wald, als Entsorgungsmöglichkeit für Dutzende von Frauenleichen nicht mehr ausreicht, beziehen sie ein altes Schloss. Das riesige Anwesen bietet jede Menge Stauraum für abgelegte Spielzeuge und ausschweifende Folterstunden.
Aber das Schloss zieht auch noch ein anderes Publikum an. Der Fotograf Jonas entdeckt das scheinbar verlassene Gemäuer als perfekte Location für erotische Fotoshootings. So dauert es nicht lange, bis auch er mit seinem Model Vanessa dort Einzug hält.
Gleichzeitig gibt es da noch den jungen Ronnie, den es auf der Suche nach seiner verschwundenen Freundin Sandy ebenfalls an diesen Ort verschlägt.
Dieser, als Psychothriller kategorisierte Roman, ist ein Pageturner wie ihn der leidenschaftliche Horrorfan mag.
Tim Svart hat mit Kid und Adam zwei kaltblütige Psychopathen geschaffen, die alles mitbringen, was perverse Mörder brauchen. Kid ist der gutaussehende Lockvogel, der problemlos jedes Mädchen rumkriegt. Er ist der Kopf des Duos, der trotz aller Grausamkeit mit seinem wachen Verstand jede Situation im Griff hat. Adam verkörpert den weniger gutaussehenden, dafür aber umso unberechenbareren und kränkeren Part der Geschwister. Im Gegensatz zu Kid ist ihm das Glück mit Frauen nicht hold. Faszinierenderweise haben die Brüder ein tiefes und inniges Verhältnis zueinander, das im krassen Gegensatz zu ihren Machenschaften steht.
Die andere Charaktere sind relativ platt und irgendwie auch unwichtig, und das ist auch gut so. Als Fan von genau solcher Lektüre brauche ich bitte keine tiefgründigen Problemcharaktere, deren Innerstes mich zu Tode langweilt. Sie dürfen an dieser Stelle gerne vorhersehbar dämlich sein. Von solchen Leuten lebt der Psychopath, oder?
Zugegeben, hier werden ein paar Klischees bedient. Aber ist das nicht genau das, was der begeisterte Horrorfan auch an Laymon's Werken liebt? Mir war das jedenfalls mehr als recht, denn sie Story hatte Tempo und Spannung.
Tim Svart präsentiert dem Leser die Story in geschickt platzierten Häppchen. So wechselt die Handlung immer wieder von einem zum anderen Charakter. Fast jeder Abschnitt endet in einem spannenden Cliffhanger, so dass man es kaum erwarten kann, bis dieser Charakter wieder an der Reihe ist.
Der Roman ist mit einer guten Portion Erotik versehen. Da kann es passieren, dass dem angespannten Leser ab und zu ein wenig heiß wird. Dabei erschafft der Autor im richtigen Moment die richtige Stimmung, ohne auf übertriebene Fäkalsprache zugreifen zu müssen.
Die blutigen Szenen sind dann schon etwas derber, bewahren sich aber immer noch einen gewissen Stil, so dass ich sie jetzt nicht als Splatter bezeichnen mag.
Insgesamt hat Tim Svart einen sehr angenehmen Schreibstil, der dem Horrorgenre mehr als gerecht wird. Es wurde darauf geachtet, den Leser nicht mit Verschachtelungen und Detailverliebtheit zu langweilen, wofür ich immer wieder sehr dankbar bin. Auf überflüssige Längen verzichtet der Horrorfan nämlich gerne. Ein solcher Roman muss rasant voran gehen, an jeder Stelle absolut rocken und den Leser nach mehr verlangen lassen. Das ist Tim Svart zu hundert Prozent gelungen.
Tatsächlich erinnert mich das Werk in seiner Gesamtheit ein bisschen an die Romane von Richard Laymon. Ich hatte eigentlich aus allen Kategorien etwas dabei: Spannung, Sex, Blut und menschliche Abgründe - perfekt.
Mit dem Ende von "Das Schloss" hat Tim Svart sich ganz elegant ein Hintertürchen offen gelassen. Es muss noch nicht vorbei sein, und von mir aus soll es das auch nicht. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn ihm in naher Zukunft zu dieser Story noch ein paar Leckerbissen einfallen.
Schließlich bekommt der Leser am Ende des Buches noch eine Kurzgeschichte geschenkt, die man als kleine Vorgeschichte zum eigentlichen Roman betrachten könnte. Das tröstet dann ein bisschen darüber hinweg, dass man schon durch ist.
Fazit:
"Das Schloss" ist ein spannender Pageturner, der mich mehrere Stunden gut unterhalten hat. Wer auf Horrorschmöker im Laymon-Style steht, ist mit diesem Roman absolut gut bedient. Guten Gewissens gebe ich für diesen Roman eine Leseempfehlung.