Titel: Bad Moon Rising Eine Rezension von Doris Michel-Himstedt |
Die Handlung des Romans setzt einige Monate nach Jakes Tod am Ende von „Der letzte Werwolf“ ein. Talulla, schwanger mit Jakes Kind, ist auf der Flucht vor WOKOP, einer Organisation, die Jake getötet und die Werwölfe fast ausgerottet hat. Gemeinsam mit ihrem menschlichen Helfer versteckt sie sich in Alaska, um ihr Kind zur Welt zu bringen. Die Geburt in einer Vollmondnacht macht sie hilflos, da sie sich verwandeln muss. Vampire nehmen ihr ihren Sohn weg. Sie erhoffen sich von seinem Blut ein Serum, das es ihnen ermöglicht, auch tagsüber aktiv zu sein. Unerwartet gebiert sie noch eine Tochter, die den Entführern entgeht. Talulla ist Jakes Erbin und kann deshalb beträchtliche Mittel einsetzen, um ihren entführten Sohn zu finden. Überraschend ist die Entdeckung, dass es neu erschaffene Werwölfe gibt, deren Hilfe sie sich versichern kann. Mit Hilfe eines Wolfsrudels, einiger abtrünniger WOKOP-Agenten, eines alten Vampirs und einiger „neuer“ Werwölfe gelingt es ihr und ihren menschlichen Helfern, ihren Sohn zu befreien.
„Bad Moon Rising“ ist der Nachfolgeband zu „Der letzte Werwolf“, einem Buch, das mir sehr gut gefallen hat. Es war spannend und erfrischend anders als die gängigen Werwolfstories und hatte auch Lesern von Horrorliteratur einiges zu bieten. „Bad Moon Rising“ lässt leider manches von dem vermissen, was das Vorgängerbuch auszeichnete. Zunächst ist es mir schwergefallen, mit der Hauptperson vertraut zu werden. Vielleicht lag das an der unübersichtlich hohen Menge an handelndem Personal. Man hat Schwierigkeiten, die Beziehungen der Personen untereinander im Blick zu behalten. Der Autor hätte sicher gut daran getan, einige Figuren gegen ein wenig mehr Ruhe in der Handlung dann und wann zu tauschen.
Trotzdem ist „Bad Moon Rising“ immer noch ein lesenswertes Buch. Wie schon im ersten Band muss sich der Leser an philosophische Exkurse gewöhnen und sich mit einer Hauptfigur befassen, die in ihrer Werwolfsnatur wahrhaft Schrecken erregend ist. Ein großer Teil des Reizes dieses Buches und des Vorgängerbandes besteht aus der beinahe brutalen, selbst zerfleischenden Innenschau, die uns die Hauptperson bietet. Talulla wird von der ersten Seite des Buches bis zu dessen Ende getrieben von dem Bedürfnis, ihren Sohn zu befreien und dafür alles, aber auch wirklich alles einzusetzen. Die Handlung entwickelt beträchtliches Tempo, Brutalität und blutige Gemetzel ziehen sich durch die Seiten. Gleichzeitig versucht sich Talulla mit ihrer Natur als Werwölfin auseinander zu setzen - der Tatsache, dass sie töten muss, um zu überleben und dass ihr dieses Töten Spaß macht, dass sie das Bedürfnis nach Sex beim Fressen ihrer Opfer hat, dass sie diese Triebe nicht beherrschen kann und deshalb für sich ein anderes ethisches „System“ finden muss, um weiterleben zu können. Dieser Teil des Buches kommt meiner Meinung nach etwas zu kurz, da die Suche nach ihrem Sohn so viel Zeit in Eile und Hektik erfordert. Am Ende des Buches wird die Möglichkeit eines weiteren Buches angedeutet, das ich sicher auch lesen werde. Trotz meiner kritischen Anmerkungen ist die Geschichte einfach zu gut und zu gut geschrieben.
Noch ein Rat an potenzielle Leser zum Schluss. Man sollte unbedingt „Der letzte Werwolf“ gelesen haben, bevor man sich an „Bad Moon Rising“ heranwagt. Ohne die Vorgeschichte ist der Einstieg in die Handlung nur schwer möglich und das Vergnügen am Lesen dieses Buches sicher nicht so hoch.
Und ganz zum Schluss – warum der Verlag den Originaltitel „Talulla Rising“ durch den vorliegenden Titel ersetzt hat, hat sich mir an keiner Stelle des Buches offenbart. Wenn man schon einen englischsprachigen Titel wählt, hätte das Original so viel besser gepasst …