Titel: Alcatraz und das Pergament des Todes Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Wieder mal ein Waisenjunge der die Welt retten soll ... als Leser bin ich schon lange der Meinung, dass es keine zufriedenen und lebenswerten Familien mehr gibt. Waisenkinder und Halbwaisen müssen ständig die Welt retten, weil genauso oft irgendwelche böse Buben (in der Regel sind es Männer oder Männerfreundschaften) die Herrschaft über die Welt antreten wollen.
Das Gleiche gilt für den Jungen mit dem ungewöhnlichen Namen Alcatraz Smedry. Er zieht das Unglück an wie der Nordpol die Magnetnadel. Was Alcatraz Smedry auch in die Hände nimmt, es zerbricht. Angefangen bei Geschirr, über komplizierte Technik, bis hin zu den Beziehungen einer großen Anzahl von Pflegeeltern. Durch die gescheiterten Beziehungen klüger geworden, hat Alcatraz sich in sich zurückgezogen. Trotzdem wünscht er sich nichts sehnlicher als eine Familie, in der er sich geborgen fühlen kann.
Zu seinem dreizehnten Geburtstag wird ihm ein Sack voll Sand geschenkt. Damit nimmt sein Leben eine ungewöhnliche Wendung. Der Sand, der natürlich kein gewöhnlicher Sand ist, wird ihm gestohlen. Dahinter steckt der Geheimbund der dunklen Bibliothekare, deren selbst gestelltes Ziel es ist, die Weltherrschaft zu übernehmen, vor allem indem sie Wissen unterdrücken. Gleichzeitig deckt unser Held noch die Mutter aller Verschwörungstheorien auf, die von den Bibliothekaren erwähnt wurde. Und der Geburtstagssand des Jungen ist ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg zur Weltherrschaft!
Alcatraz begegnet zum ersten Mal einem Verwandten, seinem Großvater. Der alte Mann mit den weißen Haaren, dem Frack und der bunten Brille erzählt ihm, dass es an dem Jungen mit dem Gefängnisnamen liege, die Bibliothekare zu stoppen. Aber auch der Gegenspieler trägt einen dunklen Anzug und besitzt ein Monokel mit farbigem Glas. Hergestellt von den Okkulatoren, dienen die Gläser zum Auffinden von Spuren, Auren und dergleichen mehr. Das Glas dient aber auch dazu, weitere Gegenstände herzustellen, sehr zur Verblüffung Alcatraz’ und der Leser. Die inflationäre Verwandtschaftsbeziehung setzt sich für Alcatraz fort, taucht doch plötzlich noch ein schwerbewaffneter Vetter auf, mit dem sinnigen Namen Sing Sing.
Die Welt Nalhalla scheint nach all den bisherigen Abenteuern ein sicherer Zufluchtsort zu sein, den Alcatraz mit seinen Begleitern - etwa der Handtaschen schwingenden Bastille, Draulin oder Cousine Australia und anderen - aufsuchen will. Stattdessen finden sie sich in der Bibliothek von Alexandria wieder, um Großvater Smedry zu retten. Der wiederum ist auf der Suche nach seinem Sohn, Alcatraz’ Vater. Er hofft, hier eine Spur wiederaufnehmen zu können. Die Sicherheit in dem alten Gebäude ist jedoch nicht gegeben. Die gefährlichste Sache in der Bibliothek ist jedoch, ein Buch zu verschieben und deshalb die eigene Seele zu verlieren und, was am schlimmsten ist, selbst zu einem Bibliothekar zu werden.
Brandon Sanderson stellt ein sehr humorvolles Buch mit seltsamen Ideen für Jung und Alt vor. Der Roman kommt gut ohne Magie aus. Die Orte, die angesprochen werden, liegen zum Teil außerhalb der Wahrnehmung, die ein Normalsterblicher besitzt. Das soll nach den Bibliothekaren auch so bleiben. Ihre Machenschaften bleiben dadurch eher unentdeckt. Was mir gefällt, ist die besondere Eigenschaft, die die Hauptdarsteller besitzen: Bei Alcatraz geht alles kaputt; der alte Mann vor der Tür, der sich als Großvater vorstellt, kommt immer zu spät; Sing Sing stolpert immer und andere Dinge mehr. Alcatraz Smedry berichtet in der Ich-Erzählweise und seine Betrachtungen und Vergleiche zwischen normaler Welt und der `anderen’ Welt sind in der Regel erheiternd. Der einzige Nachteil, den ich sehe, ist der, dass Brandon Sanderson sich immer wieder selbst zitiert, um nicht zu sagen, sich wiederholt. Dennoch, das Buch ist deswegen lesenswert, weil es manche Ansichten des Lesers umkehrt. Der Autor, der gleichzeitig an mehreren Serien schreibt, bezieht den Leser sehr stark in die Handlung ein. Es entsteht das Gefühl, direkt dabei zu sein, alles unmittelbar selbst zu erleben.
Ein weiteres Glanzlicht, ein Hingucker und Zugreifer ist das Buch selbst. Mit seinem Titelbild und der gekonnten Aufmachung macht das Buch nicht nur neugierig. Im Gegenteil, die Neugier hält an, bis das Buch zu Ende gelesen ist. Nur um die Neugier auf den nächsten Band aufrechtzuerhalten.
Allerdings sollte man darauf achten, nicht den Roman von Frank Kurella in die Finger zu bekommen. Sein "Pergament des Todes" hat mit diesem Roman nichts zu tun.