Titel: Witchblade 6: Das Rätsel der Herkunft Eine Rezension von Michael Scheuch |
Die Witchblade ist die mystische Waffe, deren Trägerinnen zwischen der Dunkelheit und dem Licht stehen und den Triumph der einen oder anderen Seite verhindern. Die Trägerin der Witchblade ist hin- und hergerissen zwischen ihrem normalen Leben und der Bürde der Aufgabe. Konfrontiert mit alltäglichen Problemen und dem Übernatürlichen.
Und das gilt auch für Sara Pezzini, die als Polizistin in New York lebt. Sie beschäftigt sich mit dem "ganz normalen" Verbrechen, aber auch den Übergriffen des Übernatürlichen auf diese Welt. Und das scheint manchmal mehr zu sein, als sie verkraften kann.
In WITCHBLADE 6 gehen die Abenteuer der Witchblade auf sehr unterschiedliche Art und Weise weiter - was auch damit zusammenhängt, dass das Schicksal der entführten Tochter von Sara Pezzine, der kleinen Hope in der Paralell-Serie ARTIFACTS abgehandelt wird. Die Witchblade der Hauptserie hängt ein bisschen in der Luft, einen großen Handlungsbogen gibt es derzeit nicht, und so sind es vor allem Einzelabenteuer, die den Band füllen. Herausragend dabei sowohl in Story als auch künstlerischer Umsetzung der erste Teil ist der (bisher nur ein) One Shot DUE PROCESS 1 (Tag der Abrechnung). Zu Beginn ihrer Polizeikarriere verhaftete Sara Pezzine vor 10 Jahren den Familienvater William Hicks. Er sollte drei Polizisten ermodet haben und in Drogengeschäfte verwickelt sein. Falschaussagen von Polizisten brachten ihn in den Knast. Nach zehn Jahren erreich Pezzini die Neuauflage des Verfahrens, doch der nun aus der Haft entlassene ist nicht mehr derselbe Mensch. Um zu Überleben hat er sich dem Iron Cross, einer White-Power-Bewegung angeschlossen und wurde tatsächlich zum Killer. In der Bewegung manifestiert sich aber auch AGARES, ein Dämon, auf der Suche nach unschuldigen Seelen - ein Kampf beginnt.
Die Geschichte (Phil Smith) hat Hintergrund, Wendungen, Tiefe - und kann so ebenso überzeugen wie die grafische Gestaltung von Alina Urusov.
Es folgt ein Zweiteiler (Witchblade Upstate 1+2 (142, 143)), in dem Saras Kollege Patrick Gleason die Überführung eines Mafia-Killers von Lande in die Stadt bewerkstelligen soll. Sein Spitzname: "No Prints" - auch wenn er zweifellos für zahlreiche Morde verantwortlich ist: Seine Fingerabdrücke waren nie an einem Tatort zu sehen. Vielleicht ist es ungeschickt, dass die Polizeiwache, in der er einsizt auch zahlreiche Hinrichtungen in der Vergangenheit gesehen hat. Das ist eine nette Geschichte, aber auch sehr liniear und am Ende kaum überraschend. Und die Zeichnungen von Matthew Dow Smith sind auch weit weg von dem Niveau, das man von WITCHBLADE gewöhnt ist - Schauwerte sehen anders aus.
Mit Band 144 feiert WITCHBLADE dann das 15-jährige Jubiläum der Serie. Ron Marz und Stepan Sejic verbinden die Gegenwart, in der ein Ermittler der "Inneren Angelegenheiten" der New Yorker Polizei auf die geheimen Aufzeichnungen von Jake Maccarthy, einem früheren Partner von Sara Pezzini. Und enthüllt so die Geschichte, wie sie zur Witchblade wurde. Eine neue Hintergrundgeschichte nimmt ihren Lauf.
Weitere Rück- und Seitenblicke runden den Band ab. Allerdings: es fehlt ein wenig am Forttreiben einer Rahmenhandlung, das schein ARTIFACTS vorbehalten zu sein, und die Ära Marz/Sejic nähert sich erkennbar ihrem Ende. Ab WITCHBLADE 151 übernehmen Tim Seely und Diego Bernard/Fred Benes. Sara Pezzini wechselt dann als Privatdetektivin nach Chicago, so dass vieles anders wird. Hoffentlich darf das neue Team dann auch wieder langfristige Plots planen.
Auf der Rückseite steht wieder "Komplette Saga" - das muss mir mal jemand erklären. Ein Band für Einsteiger ist das wieder nicht - in Kürze soll aber Band 151 für einen Plotpoint zum Kennenlernen sorgen. Es bleibt spannend.