Reihe: Wächter Trilogie, Band 2 Titel: Wächter der Nacht Autor: Sergej Lukianenko Übersetzerin: Christiane Pöhlmann Verlag/Buchdaten: Heyne Verlag, März 2006, 528 Seiten, ISBN13: 978-3453532007 Eine Besprechung / Rezension von Petra Berger |
In Band zwei der Wächter Reihe bekommen wir die Dinge aus der Perspektive der Dunklen erläutert. Manche glauben, die Dunklen seien böse. Doch sie sehen sich selbst als stolz, unabhängig, frei und gerecht. Im Gegensatz zu den Lichten, die sich an ihre strengen Regeln halten müssen, treffen die Dunklen ihre Entscheidungen selbst. Wie die Lichten schöpfen sie ihre Energie aus den Menschen. Während die Lichten auf die Glücksgefühle der Menschen zurückgreifen, ernähren sich die Dunklen von ihren negativen Gefühlen und Alpträumen. Aus ihrer Sicht verhalten sie sich nicht anders als ihre Gegner und sie erkennen die moralische Überlegenheit der Lichten nicht an.
Seltsame Dinge passieren:
Eine Dunkle und ein Lichter, beide ihrer Kräfte beraubt, verlieben sich ineinander. Als der Lichte Igor erkennt in wen er sich verliebt hat, fordert er die Dunkle Alissa zu einem Duell. Denn er vermutet hinter seinem Gefühlszustand eine magische Beeinflussung seitens der Dunklen. Alissa stirbt bei diesem Duell doch auch ein Mensch kommt zu Schaden. Igor wird vor die Inquisition gebracht. Der Chef der Nachtwache Geser vermutet hinter der ganzen Aktion eine Intrige Sebulons. Doch was hat der dunkle Magier davon eine seiner mächtigsten Hexen zu opfern um einen lichten Magier der Kraftstufe vier vor die Inquisition zu bringen?
Gleichzeitig taucht in Moskau ein bisher unbekannter dunkler Magier Namens Vitali Rohosa auf. Ein Anderer außerhalb jeder Kategorie dessen Aura keiner der Magier oder Zauberer spüren kann. Niemand weiß woher Vitali kommt, nicht einmal er selbst. Er verfügt über keinerlei Erinnerungen aber er erscheint immer wieder an Orten, an denen kürzlich ein Unglück passiert ist. Die Lichten verdächtigen ihn des Mordes an einem Menschen aber jegliche Beweise für diesen Verdacht fehlen. Als ein Lichter unerlaubt das Hotelzimmer von Vitali Rohosa durchsucht aktiviert er versehentlich dessen starke Schutzmaßnahmen und kommt ums Leben. Auch dies wird dem Unbekannten zur Last gelegt. Als die Lichten versuchen, Vitali unbefugt und ohne Beweise zu verhaften kommt es zu einem Kampf bei dem eine weitere Lichte stirbt. Sebulon klagt die Lichten wegen der unberechtigten Übergriffe gegen Vitali Rohosa an und schaltet die Inquisition ein, da seiner Meinung nach der große Vertrag verletzt wurde.
Als auch noch ein mächtiges magisches Artefakt, die Kralle des Fafnir, gestohlen wird landen die Dunklen ebenfalls vor der Inquisition denn jeder geht davon aus, dass der Diebstahl in ihrem Auftrag durchgeführt wurde.
So spielt das letzte Kapitel vor der Inquisition wo sich alle Protagonisten treffen. Schnell wird klar, dass sowohl Geser als auch Sebulon ein undurchschaubares Spiel spielen. Nur, wer wird diesmal die Auseinandersetzung gewinnen?
Kommentar:
Die Geschichte wird erst aus der Sicht Alissas geschildert, anschließend kommt Vitali Rohosa zu Wort. Obwohl Dunkle, gewinnen beide Figuren die Sympathie der Leser. Alissa, überwältigt von ihren Gefühlen und ihrer Kräfte beraubt, erlebt das erste Mal völlig unbeschwerte Momente des Glücks. Sie wird als Mensch geliebt und nicht als Dunkle gefürchtet. Als sie erkennt in wen sie sich verliebt hat weiß sie sofort, dass Igor ihr niemals glauben schenken wird, dass ihre Gefühle echt sind. Sie gibt auf und verliert das Duell. Sie weiß, dass sie einer Intrige von Sebulon zum Opfer gefallen ist, kann sich aber am Ende an ihm rächen was auch dem Leser eine gewisse Genugtuung bereitet.
Vitali Rohosa verfügt über keinerlei Erinnerungen an sein bisheriges Leben und er weiß nicht aus welchem Grund er nach Moskau gekommen ist. Doch immer, wenn nötig, erscheint eine Erinnerung die ihm hilft den richtigen Weg einzuschlagen, wohin ihn dieser Weg auch führen mag. Er wirkt wie ein unbeschriebenes weißes Blatt das sich nach und nach mit einer Geschichte füllt. Unabsichtlich gerät er immer wieder an den Schauplatz der Verbrechen, ein Ruf zieht ihn dorthin, er spürt die magischen Auswirkungen der Morde bis in sein Innerstes. Als die Lichten ihn der Taten verdächtigen bleibt Vitali sehr ruhig und gelassen, ein seltsames Verhalten für einen Dunklen. Erst als Tigerjunges ihn angreift wehrt er sich. Da er über erheblich mehr Kraft verfügt als die junge Lichte kommt diese zu Tode. Sein Verhalten ist nicht zu kritisieren. Obwohl er als starker dunkler Magie wesentlich mehr Möglichkeiten hätte sich zu wehren und die Lichten zu vernichten, ergreift er lediglich geringe Maßnahmen zu seiner Verteidigung. Auch dies ist ein sehr untypisches Verhalten für einen Dunklen.
Erst vor der Inquisition offenbart sich beiden Parteien die Rolle Vitalis.
Die Sichtweise der Dunklen fesselt den Leser ebenso wie die Perspektive der Lichten. Das Buch regt sehr zum Nachdenken an, man erkennt, dass nicht alles schwarz oder weiß ist. Die Handlungen der Lichten unterscheiden sich manchmal kaum von denen der Dunklen. Nur die Argumente beider Parteien sind sehr verschieden. Anton und Edgar vertreten hier beide sehr klar und verständlich ihre jeweilige Gruppe und ziehen den Leser in die fesselnde Diskussion über Recht und Unrecht mit hinein. Dabei entwickeln sie einen gewissen Respekt füreinander und schaffen es, die normalen Schranken zwischen Lichten und Dunklen zu überwinden.
Fazit:
Das hohe Niveau von Band eins setzt sich fort. Eine spannende Diskussion über Recht und Unrecht, über den freien Willen und der Notwendigkeit von Gesetzen und selbst auferlegten Regeln. Die Liedtexte und die Beschreibungen runden diese spannende Geschichte zu einem beeindruckenden Ganzen ab. 5 von 5 Wodkas.