Titel: Stolen Mortality Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Auf den ersten Blick fand ich das Cover mit dem Gesicht der jung wirkenden und blassen Frau – deren Blässe durch ihre dunklen Haare noch weiter betont wird – etwas merkwürdig, schließlich sollten die Hauptpersonen der Geschichte zwei Brüder sein. Im Nachhinein finde ich es jedoch wirklich passend, denn wenn die junge Frau auf dem Cover die Vampirin Laine darstellen soll, hat sie den Fokus wirklich verdient.
Wächter und Vampire: Wesen, die ähnlicher nicht sein könnten – und sich doch unterscheiden wie Tag und Nacht. Wie die Vampire sind auch die Wächter auf Menschen als Nahrungsquelle angewiesen – und doch sind sie die einzigen, die zwischen den Menschen und den Vampiren stehen. Jamian ist einer dieser Wächter, ebenso wie sein junger Bruder, den er um jeden Preis schützen will -auch, wenn er dadurch seine Sterblichkeit verliert.
Jennifer Benkau hat fast schon Routine darin, ihre Leser zu überraschen. Diesmal erschafft sie um die Vampire herum ein weiteres düsteres Volk, das Volk der Kienshi. Ein Volk, das – aus den Vampiren entstanden – die Aufgabe auf sich genommen hat, die Menschen vor eben diesen zu schützen. Man könnte meinen, sie seien die Guten, Jamian zu Folge sind sie jedoch “einfach etwas anderes Böses” – und damit hat er leider recht, auch wenn man es als Leser, nachdem man Jamian und seinen jüngeren Bruder kennen gelernt hat, nicht wirklich glauben möchte. Schon um die zwei besser zu verstehen zu können, taucht man schnell tief in die Geschichte der Kienshin ein.
Die Vampirin Laine hingegen bleibt auch dem Leser gegenüber geheimnisvoll, düster und faszinierend. Eine Vamprin, wie sie im Buche steht (in einem sehr alten Buche) und doch auch jemand, dem man langsam verfällt, trotz ihrer gefährlichen und auch blutrünstigen Aura. Aber nicht nur von ihr geht Gefahr aus.
Vor dem Hintergrund der Geschichte um Kienshin und Vampire erzählt Jennifer Benkau das Schicksal zweier Brüder (anders als der Klappentext vermuten lässt, stehen in “Stolen Mortality” nicht nur Jamian und Laine im Vordergrund). Ein Schicksal, das sowohl Vampire als auch Kienshin bewegt und in ihnen den Wunsch weckt, das Schicksal der zwei zu steuern – ohne dabei vor irgendetwas zurück zu schrecken. Die Gründe für ihre Taten bleiben auch für den Leser im Dunklen, bis sie von Laine langsam enthüllt werden.
Vor der ständig im dunklen lauernden Bedrohung wirken die Emotionen der Protagonisten nur noch stärker – und machen, neben der geheimnisvollen Aura und der die Protagonisten ständig begleitenden Gefahr, einen Großteil der Geschichte aus. Es sind Gefühle, die Jamian und Junias leiten und sie menschlicher wirken lassen als so manchen Menschen. Gerade Junias wirkt trotz seiner frühen Berufung überaus menschlich, besonders während seiner ersten Erfahrungen mit “Keksen” auf einer Studentenparty und seinen Streichen an der Seite einer Freundin – Erlebnisse, die das Buch mit einer guten Portion Humor noch lesenswerter machen.
Nichtsdestotrotz ist “Stolen Mortality” eine dunkle und auch tragische Geschichte, wenn sie auch von hellen Funken wie der Bruderliebe zwischen Jamian und Junias durchzogen wird. Eine Geschichte, die den Leser kaum Zeit zum Atmen lässt – zwischen den Entdeckungen, die er macht, und den Geschehnissen, die ihn an Junias und Jamians Seite überrollen. Gefahren und Geheimnisse schlagen den Leser in den Bann und lassen ihn bis zur letzten Seite nicht mehr aus ihren Fängen – und selbst dann nicht.
Mit “Stolen Mortality” legt Jennifer Benkau damit eine düstere und geheimnisvolle Geschichte vor, eine Geschichte, die von einem stets spürbaren Hauch von Gefahr, aber auch von starken Emotionen durchzogen wird. Eine Geschichte, die zumindest für mich auch mit der letzten Seite noch nicht zu Ende sein kann. Wie Junias werde ich mir den Hoffnungsschimmer auf ein Wiedersehen bewahren.