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Titel: Raven Eine Rezension von Christel Scheja |
Unter den besonderen Liebesromanen, die neben der Beziehung auch noch ein außergewöhnliches Setting und Action bieten, macht sich ein Trend immer deutlicher bemerkbar. Auch die Autorinnen der Kleinverlage lösen sich langsam von dem Typus des übernatürlichen Liebhabers.
Nicht mehr länger bevölkern Vampire, Werwölfe, Engel und Dämonen die Seiten der Romane, nun tauchen immer mehr auch ganz normale Männer auf, die allenfalls paranormale Fähigkeiten ihr Eigen nennen. Auch Andrea Merz folgt in „Raven“ dem ersten Band der „Shadow Force“-Saga diesem Trend.
Die „Shadow Force“ ist eine streng geheime Eliteeinheit des britischen MI6. Gestandene Männer und erfahrene Soldaten sind im In- und Ausland unterwegs, um zu spionieren, Terroristen aufzudecken und Anschläge zu verhindern, ehe sie überhaupt erst ausgeführt werden können. Sie kommen dank ihrer besonderen Fähigkeiten immer dort zum Einsatz wo andere Einheiten bereits versagt haben.
Captain John „Raven“ McDermott gehört zu dieser Gruppe und muss den größten Schlag miterleben. Er kann zwar aus der Gefangenschaft im Vorderen Orient entkommen, sein bester Freund Frank, der Leiter der Gruppe bleibt jedoch verletzt zurück.
Doch Raven ist nicht bereit, sich die Wunden zu lecken und auf einen besseren Tag zu warten. Er übernimmt die Aufgabe, um die ihn Frank gebeten hat – dessen Schwester Lianne zu beschützen, die ebenfalls vor Ort ist um die Geschehnisse als Journalistin zu beobachten und kommentieren.
Schon bei der ersten schicksalhaften Begegnung ist Raven von der selbstbewussten Frau fasziniert. Doch schon bald muss er feststellen, dass der Gegner, der die Shadow Force bereits vernichtend schlug und Frank immer noch in seiner Gewalt hat nur ein Ziel kennt – auch Lianne in seine Hände zu bekommen.
Wird der an Leib und Seele traumatisierte Elitekrieger es schaffen, die junge Frau zu beschützen, ohne dabei sein Herz noch stärker zu verlieren als es bereits geschehen ist?
Auch wenn angedeutet wird, dass die handelnden Personen irgendwelche übersinnlichen Gaben haben, spielen diese für die Handlung allerdings keine Rolle. Der romantische Thriller nutzt ein aktuelles Setting, entführt die Helden in die Welt des nahen Ostens, in der Fanatiker und Verbrecher ihren Vorteil suchen und die Macht mit allen Mitteln erhalten wollen. Die Autorin verzichtet allerdings darauf, bei den Konflikten all zu real zu werden und bedient sich dabei der gängigen Klischees.
Viel mehr Wert und Sorgfalt legt sie auf die Entwicklung der Beziehung zwischen den Helden, lässt es bereits bei der ersten Begegnung ordentlich knistern und spielt auch sonst weiter mit der sexuellen Anziehungskraft. Lianne erweist sich als ausgesprochen selbstbewusste und starke Frau, die aber auch dem Klischee Genüge tut, wenn sie in den richtigen Momenten „schwach“ wird. Das reicht dann natürlich aus, um den geschundenen, etwas tragisch geschilderten Helden an sich zu binden und wieder neuen Lebensmut gewinnen zu lassen. Wirklich in die Tiefe gehen diese Entwicklungen allerdings nicht, da sie breit ausgetretenen Pfaden folgen und entsprechend vorhersehbar sind.
Alles in allem erweist sich „Raven“ dennoch als solide geschriebene Geschichte, in der sich Action und Romantik die Waage halten. Die Figuren bleiben allerdings trotz aller Dramatik sehr oberflächlich und folgen wie der Handlung oft gängigen Klischees. Das fällt aber lange Zeit nicht ins Gewicht, erst zum Ende hin macht es sich die Autorin bei der Auflösung der Gefahr etwas zu einfach und lässt Leser, die eine interessantere Auflösung des Konflikts erwartet haben, enttäuscht zurück.
Damit dürfte „Raven“ wohl vor allem Fans romantischer Thriller gefallen, die es auch schon mal ein wenig actionreicher lieben und gegen gelegentliche Gewaltdarstellungen nichts einzuwenden haben, wenn diese den Helden dadurch nicht nur als gestandenen Kerl sondern auch als geschundene Seele schildern, den man auch gerne trösten möchte. In dieser Hinsicht hat Andrea Mertz nämlich voll ins Schwarze getroffen.