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Eine Rezension von Judith Madera (Weitere Rezensionen von Judith Madera findet ihr hier auf fictionfantasy oder auf ihrer Website www.literatopia.de) |
Legat Lucius Marinus ist stets bemüht, seine Stellung zu verbessern, doch der miese Umgang mit seinen Sklaven wird ihm zum Verhängnis. Die Seherin Morisa, die Lucius regelmäßig missbraucht, wird von ihren Verbündeten aus dem Hades befreit: Dämonenhafte Kreaturen, die aus einem merkwürdigen Sternensystem mit einem schwarzen Loch stammen. Morisa legt einen Fluch auf Lucius‘ Familie, doch dieser ist nur der erste Funken ihres Racheplans. Währenddessen erhält Gladiator Spartacus auf dem Planeten Rom ein göttliches Herz – ein künstliches Organ, das ihn zu einem übermenschlich starken Kämpfer macht. Auch er ist Sklave von Lucius Marinus, der die Kontrolle über das göttliche Herz besitzt, und wie seine Ehefrau Morisa schmiedet er Rachepläne. Als Spartacus von ihrer geglückten Flucht erfährt, ist die Zeit des Handelns endlich gekommen …
Sklave Ianos, ebenfalls im Besitz von Lucius Marinus, wird zufällig Teil von Morisas Racheplan. Als die Hadeskreaturen Marinus‘ Schiff überfallen, wird er zusammen mit seinem Herrn und dessen Tochter Constantia verschont. Ianos wird als Gladiator auserkoren und in die Arena geschickt, wo er später Spartacus von Morisas Flucht berichtet. Der Fluch der Seherin wirkt sich auch auf ihn aus: Er ist auf mysteriöse Weise mit Constantia Marinus verbunden. Die beiden träumen jede Nacht leidenschaftliche Träume miteinander und verlieben sich, so wie Morisa es geplant hat, um sie zu einer Verbündeten beim Aufstand der Gladiatoren zu machen. Ianos erhält dabei ebenfalls ein göttliches Herz und steigt wie Spartacus zu einem populären Arenakämpfer auf.
Die Idee eines futuristischen Roms stammt von Philip Schulz-Deyle, der von Concept Artist Ulrich Zeidler Bilder zu seiner Vision anfertigen ließ (ein paar sind im PHANTAST #20 „Metropolen“ zu sehen). Judith C. Vogt legt mit Roma Nova den Roman zu diesem ungewöhnlichen Setting vor und schafft aus antiken Mythen sowie Science-Fiction- und Fantasyelementen eine spannungsgeladene Geschichte um Rache und Liebe. Das Römische Reich der Zukunft erstreckt sich über die Galaxie und Rom ist nicht einfach nur eine Stadt, sondern ein ganzer Planet. Die Viertel der reichen Bürger erheben sich über die zerfallenen Viertel des Plebs und der Sklaven. Als sich das Römische Reich ins All ausdehnte, wurden auf anderen Planeten viele der Kreaturen aus den antiken Legenden entdeckt. So kämpft beispielsweise auch ein Faun und ein Minotaurus in der Arena. Der Hades hingegen ist nicht etwa die Unterwelt, sondern ein sonderbares Sternensystem, das Planeten frisst und einem schwarzen Loch, das nach (Menschen-)Opfern giert.
Zentrales Motiv ist der Mythos der Persephone (Proserpina), den Judith C. Vogt sehr frei interpretiert und mit der Geschichte des Arenakämpfers Spartacus vermischt. Die Liebe zwischen Morisa und Spartacus erinnert an die griechischen Tragödien und wie auch in der Antike sticht das Thema Rache besonders hervor. Morisa und Spartacus wollen sich an Lucius Marinus rächen; dieser sinnt auf Rache wegen des Fluches - ebenso wie seine Tochter Constantia, die sich jedoch im Verlauf der Geschichte sehr verändert. Anfangs ist sie die verwöhnte Patrizier-Tochter, die auf die Ehe mit einem reichen Mann hofft, doch durch ihre Verbundenheit mit Ianos beginnt sie an den Werten ihrer Gesellschaft zu zweifeln. Ihre rebellische Freundin Gaia begrüßt ihre Wandlung und unterstützt sie auf ihrem Weg, der Constantia zunehmend ihrer Familie entfremdet.
Ianos und Spartacus bleiben dagegen ihrem Charakter treu, wobei Ianos nach und nach entdeckt, zu was er fähig ist und dass er mehr als ein einfacher Sklave sein kann. Spartacus hingegen ist von Anfang an der charismatische Anführer, der auf seine Chance lauert und sie dann ergreift. Er wird vom römischen Volk und insbesondere von den Armen als Held verehrt und auch dem Leser erscheint er heldenhaft, auch wenn er wie die anderen Gladiatoren eine äußerst derbe Sprache pflegt und in seiner Liebe egoistisch handelt. Daneben gibt es zahlreiche Nebencharaktere, manche sympathisch, manche hassenswert oder skurril, einige wenige auch etwas blass. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, sodass man auch die Sicht der Antagonisten kennenlernt, was diese nicht unbedingt sympathischer macht. Dabei erfährt man viel über den Alltag auf Rom, dessen antikes Antlitz von der steten Gegenwart moderner und futuristischer Technologie durchbrochen ist. Der Planet Rom ist dabei gleichzeitig fortschrittlich und altmodisch, insbesondere in Bezug auf die Gesellschaftsordnung, die die Antike noch nicht überwunden hat.
Der Aufbau der Handlung erinnert ein wenig an Die 13 Gezeichneten, wo ebenfalls eine Stadt Schauplatz ist, allerdings in einem völlig anderen Setting. Roma Nova beginnt mit einem kleinen Knall, nimmt sich dann aber viel Zeit, um die wichtigsten Charaktere aufzubauen. In der zweiten Hälfte verflechten sich die verschiedenen Handlungsstränge immer stärker und es kommt zu einem leicht unübersichtlichen Showdown, der so manche Überraschung parat hält. Im Chaos des Aufstands bleibt so mancher Charakter auf der Strecke und man muss aufpassen, keine Schlüsselszene zu verpassen. Spektakel bieten die letzten Kapitel dafür mehr als genug und man hätte gerne noch etwas weitergelesen. Die Welt von Roma Nova bietet nämlich noch reichlich Raum für weitere Geschichten.
Fazit
Roma Nova glänzt mit dem antik-futuristischen Planeten Rom, Schauplatz schmutziger Intrigenspiele und brutaler Arenakämpfe. Judith C. Vogt verschmelzt Science-Fiction- und Fantasyelemente mit antiken Mythen zu einer tragischen Geschichte um Rache und Liebe, die mit kantigen Charakteren und einem detailreich geschilderten Reich inmitten der Sterne begeistert.