Titel: Orks vs. Zwerge Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber
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Es war einmal, vor langer, lange Zeit, da lebten Orks von den schneebedeckten Gebirgen des Nordens bis hin zu den Küsten des Südens. Es war eine friedliche Zeit, nur unterbrochen von kleinen Zwistigkeiten, die jedoch schnell beigelegt werden konnten. Zu jener Zeit, war das allgemeine Leben der Orks friedlich. Zumindest aus der Sicht der Orks. Dann hielten die Zwerge Einzug und in ihrem Gefolge lauerten die Menschen darauf, sich das Land Untertan zu machen. Das war die Zeit, als man begann, die Einheimischen als wild und ehrlos, primitiv und böse darzustellen. Diese Vorurteile hielten bis heute an.
Das Land der Orks wurde durch die Invasoren vereinnahmt und befindet sich seit Jahrzehnten unter der Willkürherrschaft der Zwerge. Die Zwerge bauten sich eine gigantische Festungsanlage, die als Schutz für ihre Stadt Derok dienen soll und die für die Ewigkeit gebaut wurde. Die Stadt liegt sehr günstig. Sie ist der Schild der Zwergenstädte des Südens vor den Orkhorden wie auch die Trennung der Handelswege. Wenn die Zwerge es nicht wollen, kommt keiner vorbei. In welche Richtung auch immer. Neben dieser Stadt gibt es weitere steinerne Monumente und vor allem jede Menge Graben, Stollen und Minen, in denen sie graben und buddeln, um der Erde ihre Schätze zu entreissen. Doch auch die Ewigkeit hat ein Ende. Die Sippen der Orks wurden gerufen, von den fauligen sümpfen, den weiten Steppen, dunklen Wäldern und eisbedeckten Bergen. Sie alle wissen Bescheid, die Erhebung wird bald kommen, wenn die Stämme vereint gegen die Zwerge ziehen. Das Land der Ahnen soll von den Kurzfüsslern befreit werden und wieder ganz in den Besitz der Orks übergehen. Und wenn man schon dabei ist, sammelt man die Schätze der Erdkriecher ein. Für die Zwerge steht es schlimm. Die Orks gewinnen immer mehr an Boden, auch wenn sie sich an den Wällen der Zitadelle und der Stadt zu tausenden Opfern, um ihrer Heimat die Freiheit zu geben. Und dann ereignet sich, was eigentlich undenkbar schien, die Wälle um Derok fallen. Auf ihrem Rückzug soll eine kleine Gruppe von Zwergen, dem der junge Zwerg Glond zugewiesen wird, die eine spezielle Mission erfüllen. Glond wurde dereinst aus dem Clan verstossen und soll nun das Zünglein an der Waage spielen. Eine Gruppe aus „Oberen“ und „Unteren“ Zwergen soll sich auf den Weg machen, das Zwergenheiligste, den Schädel des Stadtgründers in einer Truhe, aus dem Tempel in Sicherheit bringen. Glond soll als Neutraler darauf achten, dass beide Zwergengruppen sich an die Vorgaben halten.
Auch die Orks sind nicht gerade miteinander freundlich im Umgang, manch einer, ob Wüstenork, Schwarzorks oder die Orks der anderen Stämme, jeder hält sich für etwas Besseres. Die Überlegenheit der einen Gruppe ergibt sich aber auch nur aus deren Sichtweise, denn der nächste Stamm sieht das schon wieder anders. Trotzdem halten sie zusammen und stehen unter der Führung von Rogoru, dem Schwarzork geeint gegen die Zwerge. Manch einer sieht die Lage jedoch etwas anders, etwa Krendar, vor seiner ersten Schlacht. Hilflos muss er mitansehen wie Orks an den Wällen ihr Leben lassen, sieht aber auch gleichzeitig Zwerge und Menschen sterben. Und dann gilt es Zwerge zu besiegen und so kommt es, wie es kommen muss, Zwerge mit einer Schatztruhe stehen verfolgenden Orks gegenüber.
Es fällt nicht leicht, sich mit dem Buch anzufreunden, denn eine Bezugsperson, das Ich des Romans, mit dem man sich identifizieren und gleichsetzen kann, fehlt erst einmal. Irgendwie bleibt der Leser erst einmal Beobachter. Allein schon vom Titel wird klar, wir haben es mit zwei Parteien zu tun, mit zwei unterschiedlichen Sichtweisen. Daher wird es in beiden Fraktionen Charaktere geben, die die Handlung beeinflussen. Mit der Zeit wird man sich selbst entscheiden müssen ob und wenn für wen man Partei ergreift. Allerdings, wenn man weiterhin die Beobachterhaltung einnimmt, findet man auch den Spass am Buch, weil man eben mit beiden Seiten mitfiebern kann. In beiden Parteien gibt es sehr unterschiedliche Charaktere, die sich in Gruppen wiederfinden und sich nun untereinander zurechtfinden müssen, bevor sie sich mit den Gegnern abgeben. Durch die hervorragende Gestaltung der Personen findet sich für jeden Leser eine „Bezugsperson“ mit der man sich identifizieren kann.
Sollte man nun die Gebrüder Orgel mit den Gebrüder Grimm gleichsetzen? Sie erzählen von Zwergen und bösen Gegnern, es spielt zu einer Zeit „Es war einmal …“ und irgendwelche Adligen treten auch auf. Aber bei den Grimms gibt es keine wilden Orkhorden, keine Tolkienschen Völkerschlachten. Bei den Gebrüder Orgel gibt es dafür kein Happy End und auch kein „Und die Moral von der Geschicht‘ …“. Wir haben also eine Geschichte, die mich persönlich eher an Tabletop und Rollenspiel erinnert. So eine Art Warhammer Fantasy. Was gar nicht so fern liegt, die beiden erwähnten mal auf einer der Buchmessen, sie würden auch Rollenspiel machen. Sie lassen wilde Orkhorden auf die Leser los, dann die Zwerge und manchmal beides. Der Mensch / Leser, kann nur verlieren. Dabei belassen sie es aber auch schon, sie sagen nicht die guten Orks hauen auf die bösen Zwerge oder die guten Zwerge auf die bösen Orks, sondern sie überlassen den Leser seinen Einschätzungen, manchmal auf Fehleinschätzungen. Klar ist in jedem Fall, dass der Leser eine Entscheidung fällen muss. Hinzu kommt die Uneinigkeit der beiden Parteien, die sich mit Heldentum, Verrat und Ränkespielen, mit Feigheit und Mut auseinandersetzen müssen. Ich denke mal, die beiden Autoren haben sich jeder für eine Seite entschieden und bauen die Geschichte gleich auf. Es sind, abgesehen von der Grösse der Helden, immer die gleichen Charaktere, die die Handlung beeinflussen. Wer genau liest wird in jedem Ork die Entsprechung bei den Zwergen finden. Die Erzähltechnik ist, sagen wir typisch. Da gibt es nichts zu meckern, aber es sind keine Überraschungen zu erwarten. Verschiedene Handlungsstränge finden im Lauf der Erzählung zusammen und sorgen für ein angenehmes Ende.
Besser noch als das Titelbild sind die beiden Innenseiten des Umschlages. Die sehen einfach super gut aus.