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Eine Besprechung / Rezension von S. F. Pfeffer |
Irgendwann im 35. Jahrhundert. Nach einer ominösen Katastrophe, dem „60-Minuten-Krieg“, ist die Erde verwüstet, Europa eine gleichförmige, unfruchtbare Ebene. Einige Städte der alten Welt wurden als riesige fahrende Gebilde wiedergeboren und jagen nun auf Rädern und Gleisketten durch die versteppte Ödnis. Rollende Metropolen machen dabei Jagd auf kleinere Städte, verleiben sich diese ein, um deren Ressourcen zu verwerten. Das Leben der Stadtbewohner ist bestimmt von diesem „Städte-Darwinismus“.
Im rollenden Giganten London lebt der junge Waise Tom Natsworthy, ein unbedeutender Lehrling in der angesehenen Zunft der Historiker, die die Artefakte aus der Zeit vor dem „60-Minuten-Krieg“ erforscht. In einem schicksalhaften Augenblick kann Tom ein Attentat auf den Obersten Historiker Londons, Thaddeus Valentine, vereiteln, als Valentine von der jungen Hester Shaw mit einem Messer angegriffen wird. Nach einer Verfolgungsjagd durch London kann Hester durch einen Abfallschacht aus der Stadt entkommen. Der Gerettete reagiert unerwartet: Anstatt Tom zu danken, stößt Valentine ihn ebenfalls in den Schacht. Als Ausgestoßene müssen der schüchterne Tom und die toughe Hester nun in den Außenlanden zurechtkommen. Um zu überleben, schließt sich das ungleiche Duo zusammen, um zurück nach London zu gelangen. Eine abenteuerliche und bunte Odyssee beginnt.
Philip Reeve hat mit „Mortal Engines - Krieg der Städte“ ein kurzweiliges Steampunk-goes-Dystopia-Buch vorgelegt: Der apokalyptische Weltenentwurf ist einfallsreich, ohne sich zu sehr im Detail zu verlieren. Mit den Hauptfiguren Tom und Hester hat er zwei Charaktere wie Feuer und Wasser zusammengebracht und aus dieser Kombination lässt sich so mancher Funke schlagen. Auf ihrem abenteuerlichen Weg sind die beiden von phantasievoll gezeichneten Verbündeten und Schurken umgeben. Und auch eine übergreifende Bedrohung zeichnet sich ab …
„Mortal Engines - Krieg der Städte“ wurde vom Herr-der-Ringe-Regisseur Peter Jackson verfilmt, der Film läuft Ende 2018 an. Dass der vergriffene Roman jetzt noch einmal erscheint, diesmal sogar als Taschenbuch, ist wohl nur dieser Verfilmung zu verdanken. Denn das Buch hat schon zwei Veröffentlichungen erlebt, einmal als „Großstadtjagd“ (2003 bei Beltz und Gelberg) und dann unter dem aktuellen Titel 2008 bei Ravensburger.
Selbst wenn der Jackson-Film in die Hosen geht, sollte der Fan dankbar sein: Im Gefolge der Verfilmung erscheinen bei Fischer nun endlich alle Bände von Philip Reeves Mortal-Engines-Tetralogie auf Deutsch - etwas, worauf die Fans des Buches nach über 10 Jahren schon kaum noch zu hoffen gewagt hatten.