Reihe: Die Druidin, 2. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Dies ist die Geschichte von Sumelis, der Tochter der Druidin Talia. Von ihrer Mutter erbte sie die Eigenschaft, in die Seelen der Menschen zu sehen und sie an Hand einer Aura zu erkennen. Mit dieser besonderen Gabe ist die Tochter der Druidin in der Lage, die Menschen zu beeinflussen. Sie kann Menschen Schaden zufügen oder aber heilen. Natürlich ist Letzteres der Haupteinsatz und Sumelis geht sehr verantwortungsvoll mit ihrer Gabe um.
Bei ihrem Großvater ist eine Feier angesetzt. Ihre Tante Samis, nur ein Jahr älter als sie selbst, will heiraten. Sumelis freut sich natürlich für ihre Tante, hat selbst aber noch keinen Liebsten, mit dem sie den Bund der Ehe eingehen wollte. Ihre Mutter hingegen lebt mit den jüngeren Geschwistern beim Rabenclan, wo ihr Geliebter Atharic zu Hause ist. Das Leben von Sumelis nimmt eine ungeahnte Wendung, als sie von dem Kimber Nando verschleppt wird. Er ist der Vertraute des Anführers Boiorix, der mit den Römern schwere Schlachten ausficht. Noch haben die Römer die Alpen nicht überquert, doch kann das Vorhaben nicht mehr lange dauern. Stattdessen sind erst einmal die Kimbern dabei, durch das südliche Mitteleuropa zu ziehen, auf der Suche nach einer neuen Heimat. Der Grund für die Entführung der Druidin liegt in einem Fehlverhalten von König Boiorix. Er beleidigt die Druidin, die Feuer-Schwan genannt wird, schlägt sie und geht sogar in seinem unflätigen Benehmen so weit, in einen Kessel zu pinkeln. Als Erwiderung verflucht die Druidin ihn und zeichnet ihn mit ihrem eigenen Blut. Das Verhalten des Königs ist sogar nachvollziehbar, bekam er doch diesen silbernen Kessel geschenkt, den das Mädchen dreist klaut und auch noch von des Königs Mannen zu ihrem Onkel, dem Druiden, bringen will.
Boiorix mag grobschlächtig und jähzornig sein, aber er ist der König, der gerade eine römische Legion besiegte. Einem solchen Mann, der in der Beschreibung dem üblichen Vorurteil eines typischen Germanen, Barbaren, entspricht, sollte man dennoch Achtung erweisen. Bei Feuer-Schwan hat Boiorix es mit einer jungen Frau zu tun, die selbstbewusst und stark ist und dem gleichen Klischee widerspricht, in das der Häuptling gepresst wird.
Psychologisch gut beschrieben entwickeln sich beim Häuptling langsam Schuldgefühle und in seinem Aberglauben auch Alpträume, in denen er sich verfolgt fühlt. Die Folge davon ist, er lässt durch seinen Vertrauten Nandos die berühmte, junge Druidin Sumelis entführen. Dass die mächtigste Zauberin der keltischen Welt sich so mir nichts, dir nichts entführen lässt, ist schon sehr seltsam. Mal abgesehen von den Kriegern ihres Großvaters, kann sie sich doch mit ihrer Gabe selbst verteidigen. Auf der Flucht erklärt ihr Nandos so gut wie nichts. Ihre bohrenden Fragen bleiben unbeantwortet. Die Flucht über die Alpen ist nicht gerade das, was sich Sumelis von ihrem Leben erhoffte. Aber sie bleibt bei Nandos, auch als sie die Chance hat zu fliehen. Sie heilt ihn sogar, als er verletzt wird, angefallen von einem Fuchs (der Tollwut haben musste, denn sonst greift ein Fuchs keine Menschen an). Nach und nach lernt sie Nandos besser kennen und - wie nicht anders zu erwarten - lieben. Inzwischen erfuhren Sumelis Mutter Talia und Atharic von der Entführung ihrer Tochter. Sie lassen alles stehen und liegen und machen sich auf die Suche nach ihrem ältesten Kind. Nando verwischte die Spuren zu gut, so dass sie lange brauchen, um Sumelis und den Entführer wiederzufinden. Inzwischen schlief Sumelis mit Nando. Nando ist der irrigen Meinung, in ihr plötzlich seine Schwester zu sehen. Sehr unwahrscheinlich. Im Lager der Kimbern erfährt Sumelis endlich den Grund für ihre Entführung. Sumelis kann den Fluch nicht von dem König nehmen. Stattdessen wird sie von der Konkurrenz behindert und außer Gefecht gesetzt. Dafür kommt aber Mama mit ihrem Freund. Atharic entpuppt sich dabei als Vater von Nando, so dass die Liebe wieder in der Familie bleibt.
Der Roman lebt von den phantasievollen Beschreibungen der Welt vor zweitausend Jahren und dem Wissen der studierten Autorin Birgit Jaeckel. Ihr Fachwissen über die Früh- und Urgeschichte der Menschen ist durchaus beachtenswert. Die Beschreibungen der Alltagsgegenstände oder Namen von Volksstämmen und die dazugehörigen Landschaftsbeschreibungen sind wahrscheinlich zutreffend. Wobei ich bei den Landschaftsbeschreibungen so meine Probleme habe. Die Welt sieht heute anders aus. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, wie die Länder damals ausgesehen haben. Dieses Wissen basiert lediglich auf unbewiesenen Annahmen. Ebenso wie die als Tatsache verkauften weiblichen Druidinnen. Leider sind die vielen Beschreibungen aber für die Geschichte überhaupt nicht wichtig. Sie ziehen die Erzählung in die Länge. Ganz bös gesagt, hat der Roman die Länge eines Heftromans. Diese Einschätzung betrifft auch die handelnden Figuren, die leider etwas leblos wirken. Ähnlichkeiten mit Abdrucken in Zeitschriften wie Schorers Familienblatt (1885) oder Illustrierte Chronik der Zeit (1896) sind durchaus gegeben. Was mich am meisten stört, sind eigentlich die starken, modernen Frauen, die aus der Gegenwart in die Vergangenheit verbracht werden.
Im Endeffekt liegt ein durchschnittlicher Roman vor, der gut zur Unterhaltungsliteratur zählt. Als historischen oder Fantasy-Roman würde ich die Erzählung jedoch nicht bezeichnen. Als gutes Gegenbeispiel empfehle ich den britischen Autor Bernard Cornwell.