Titel: Frostblüte Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
Das Cover von “Frostblüte” ist eines der Bilder, die dem Betrachter zwei verschiedene Bilder zeigt. Bilder, die man, einmal entdeckt, nicht mehr von einander trennen kann. Das erste Bild, dass mir ins Auge fiel, war das eines Mädchens, das durch eine verschneite Scheibe blickt – nicht gerade sehr fantastisch. Das zweite Bild wird durch diesen Fensterauschnitt gebildet: Ein Wolf, der durch eine verschneite Landschaft läuft. Erstmal entdeckt, bilden beide Bilder zusammen ein absolut passendes Bild der Geschichte – es ist eben nur ziemlich gut versteckt.
Seit dem Tag ihrer Geburt ist Frost anders – und das nicht nur wegen des Mals in Form einer Frostblüte, das ihre Wange ziert. In ihrem Inneren haust eine Bestie – und wenn Frost in Gefahr gerät, tritt diese Bestie zu Tage. Und auch wenn sie Frost aus so mancher üblen Situation gerettet hat – als vaterloses Mädchen hatte sie es nie leicht – bedeutet es doch immer daselbe für sie: Flucht. Seit dem Tod ihrer Mutter ist sie allein und einzig die Hoffnung auf Beistand durch die Feuergöttin ist es, die sie nun noch voran treibt. Das Aufeinandertreffen mit den Bergwächtern in den Bergen von Ruan zeigt ihr jedoch noch eine andere Möglichkeit. Die Entscheidung jedoch liegt allein bei Frost.
Die Heldin der Geschichte, Frost, ist siebzehn. Ihr bisheriges, nicht gerade erfreulich verlaufenes Leben lässt sie jedoch weit älter wirken. Es ist ein Wunder, dass sie trotzdem ist, wie sie ist. Ohne zu Fragen steht sie anderen bei – und steckt dabei sogar ihre eigenen Bedürfnisse zurück. Eine Tatsache, die allerdings auch einiges an Gefahr birgt: Wenn Frost verletzt wird, erwacht der Wolf in ihr – und dann ist keiner mehr vor ihr sicher. Mir persönlich ist bei dieser Beschreibung gleich die Analogie zur Berserkerwut gekommen – und wie ich im weiteren Verlauf des Buches feststellen konnte, war ich da nicht die einzige.
Die Geschichte, die Zoë Marriott in “Frostblüte” erzählt, ist die von Frosts Vergangenheit und von ihrer Zukunft. In kursiv bekommt der Leser Einblicke in Frosts Vergangenheit, während die eigentliche Geschichte erst Jahre später beginnt: Mit Frosts Versuch, dem als Hirten verkleideten Anführer der Bergwacht von Ruan, Lucan, gegen einen Überfall beizustehen. Damit offenbart sie nicht nur ihre Gutherzigkeit, sondern verhindert auch die von der Bergwacht geplante Aktion gegen die Banditen. Ein schlechter Anfang, der sich für Frost allerdings als Glücksfall entpuppt. Er führt sie in das Lager der Soldaten. Zu Menschen, die sie akzeptieren (die meisten jedenfalls) und ihr auch ohne die Feuergöttin Hoffnung geben. Neben Frost liegt der Schwerpunkt der Geschichte auf Lucan und seinem ersten Leutnant, Arian. Beides ziemlich faszinierende männliche Hauptpersonen: Der eine fast zu gut, um wahr zu sein, der andere versteckt – ebenso wie Frost – seinen guten Kern hinter einer eisigen Mauer. Klar, dass Arian und Frost damit zu Anfang nicht wirklich gut miteinander klar kommen. Je näher man die Figuren kennen lernt, desto mehr wachsen sie einem ans Herz – allen voran natürlich Frost. Lucan muss sich nicht anstrengen, um gleich zu ziehen, aber auch Arian versteht es, sich langsam einen Platz im Herzen des Lesers (und auch in Frosts Herzen zu sichern).
Und auch wenn ein Großteil der Geschichte von Frosts Gedanken und Gefühlen eingenommen wird, geht es bei weitem nicht nur um Liebe (oder Eifersucht – die nimmt nur einen sehr kleinen Teil in dem Buch ein). “Frostblüte” erzählt wie Frost lernt, sich ihren Ängsten zu stellen, nicht nur für andere, sondern auch für sich einzustehen – und zu kämpfen: Für Gerechtigkeit und für die Kontrolle über ihren “Wolf”.
Schlussendlich kämpft sie nicht nur an der Seite der Bergwacht für Gerechtigkeit, sondern muss auch anderen das nahe bringen, was sie gelernt hat. Und damit wird es gerade gegen Ende noch mal richtig spannend. Das Ende selbst ist nur bittersüß zu nennen, es fällt mir schwer, es als Happy End zu bezeichnen – auch wenn es das durchaus sein kann. Was man allerdings sagen kann ist, das “Frostblüte” wirklich rundum gelungen ist.
Im Nachhinein frage ich mich, warum der Verlag es wohl als Taschenbuch herausgebracht hat. “Frostblüte” hätte es sicher verdient, in edler Hardcover-Ausgabe im Regal zu stehen. Aber auch so hat sich das Buch neben Lynn Ravens “Der Kuss des Kjer” und “Der Spiegel von Feuer und Eis” (mit denen lässt es sich am ehesten vergleichen) einen Ehrenplatz im Regal gesichert. Es ist eines der Bücher, die man mehr als einmal lesen – und genießen – kann. Ich kann es wirklich nur empfehlen.