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Titel: Die Ducks – Eine Familienchronik
Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Fragt man einen Comicfreund, wer die berühmteste Familie der Comic-Literatur ist, so wird der sicher nicht Ma, Pa und Clark Kent oder Wastl, Tante Sidonie, Ricki und Bumsi anführen, sondern ohne großes Zögern, „Die Ducks!“, antworten. Doch die Ducks sind nicht nur eine unglaubliche berühmte Familie, die Sippschaft ist auch unglaublich großund die Verwandtschaftsbeziehungen insgesamt buchstäblich unbeschreiblich. Zwar existieren zahlreiche Versuche, einen vollständigen Stammbaum zu erstellen –exemplarisch seien Don Rosas sowie Johnny A. Grotes Entwürfe genannt -, jedoch vermochte bei aller Liebe zum bzw. im Detail kein Berufener, sämtliche genealogischen Fragen abschließend zu (er)klären.
Aufgrund der verwirrenden, unübersichtlichen Familienbande kann auch die vorliegende Chronik, der übrigens der rosa'sche Stammbaum beiliegt, welcher allerdings nur die Ideenwelt des nach Carl Barks wichtigsten und beliebtesten Duck-Künstlers repräsentiert, kaum Licht in das Dunkel der chaotischen Verflechtungen bringen, sodass sich Herausgeber Michael Bregel darauf beschränkt, die wichtigsten originär duck'schen und assoziierten Protagonisten in ihrem familiären Kontext zu zeigen. Die zu diesem Zweck ausgewählten Storys stammen nicht nur aus sieben Dekaden –wobei der zeitliche Schwerpunkt auf neueren Geschichten ab der Jahrtausendwende liegt -, sondern auch aus den Federn und Schreibmaschinen unterschiedlichster Zeichner bzw. Autoren.
Neben umfangreichen redaktionellen Beiträgen des Herausgebers, die einerseits erfreulich locker geschrieben sind, andererseits mit zahlreichen Informationen aufwarten, ohne den Leser mit Fakten zu erschlagen, enthält der umfangreiche Sammelband 40 Storys –vier in deutscher Erstveröffentlichung - in 10 Kapiteln. Das einleitende Kapitel beschäftigt sich mit dem duck'schen Stammbaum selbst, während es ab Kapitel zwei in medias res geht und einzelne Figuren der näheren Betrachtung unterzogen werden. Den Anfang macht naturgemäßDonald in seiner nicht zu überschätzenden Bedeutung für die Sippe, denn Donald ist trotz - oder wegen - des unsteten Lebenswandels, seiner cholerischen Art, seines unerschütterlichen Optimismus das kreativ pulsierende Herz der Familie. Die drei Neffen und insbesondere Onkel Dagobert mit seinen schottischen Wurzeln stehen in ihrer Bedeutung für die Familie dem Einen, dem Donald, nur wenig nach. Vielleicht weniger bedeutsam, aber nichtsdestotrotz nichts minder interessant, da verschroben, sind Familienmitglieder wie Primus von Quack, Oma Duck, Franz Gans, Gustav Gans, Dussel Duck und zu guter Letzt Daisy Duck, den Herausgeber Bregel auch seine geteilte Aufmerksamkeit widmet.
So ambitioniert der Versuch einer Chronik der Familie Duck auf den ersten Blick scheint, so unterhaltsam und gelungen jede einzelne Story für sich genommen auch sein mag, so informativ die redaktionellen Beiträge sind, so ernüchternd ist das Gesamtergebnis. Das liegt schlichtweg daran, dass im überwiegenden Teil der Geschichten doch nur wieder die üblichen Verdächtigen auftreten und die abseitigeren Charaktere –wie bspw. Onkel Zeno oder Vetter Danny -, die sich in den Comics rar machen, zwar nicht gänzlich Nicht-Achtung gestraft werden, aber doch nur eine untergeordnete Rolle spielen. Damit kratzt auch dieser umfangreiche Wälzer allenfalls an der Oberfläche der komplexen und komplizierten Familienbande, und dieses in erster Linie auch nur in den redaktionellen Beiträgen und weniger in den Geschichten.
Fazit: Nette, unterhaltsame Geschichten, die in ihrer Gesamtheit aber nicht das halten, was der Titel des Sammelbandes verspricht, da sie das duck'sche Stammbaum-Chaos nicht wirklich erhellen.