Serie: Die Druiden, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Während Gwenc’hlan und Budog am Strand einen Hinweis auf die Mörder der Mönche finden, ein Medaillon, welches das Symbol des vermeintlich ausgelöschten christlichen Krieger-Ordens, des "Imperium Dei", ziert, werden auf dem Festland drei Druiden, darunter auch ein alter Freund Gwenc’hlans, von rasenden Dörflern zu Tode geprügelt.
Als die beiden Ermittler am Ort dieser Bluttat eintreffen, kann Bruder Budog dank seiner christlichen Autorität gerade noch verhindern, dass Gwenc’hlan ebenfalls ein Opfer des Lynchmobs wird. Auch wenn für die Getöteten jede Hilfe zu spät kommt, so macht dieser Vorfall deutlich, dass eine Aufklärung der Morde dringlicher ist denn je.
Daher treten der Druide, sein Schüler Taran und der Mönch Budog die Schiffsreise in die weiße Stadt Ys an, um dort gemeinsam mit dem religiösen Eiferer Gwenole, welcher das Christentum an den sündigen Ort, der von König Gradlon und seiner Tochter Prinzessin Dahud, einem Wesen der Anderswelt, beherrscht wird, tragen möchte, die Lage zu diskutieren und die neuen Indizien zu würdigen. Zwar bestreitet Gwenole die Existenz des "Imperium Dei", doch Gwenc’hlan bleibt skeptisch, zumal er merkt, dass schwere Sorgen den Prediger bedrücken.
Bevor allerdings die Ermittlungen weiter voranschreiten können, gilt es für den Druiden zunächst, Schüler Taran aus dem Bann der Fee Dahud zu erretten.
Konnte man den Autoren in "Geheimnis der Oghams" noch vorwerfen, die Story weise (zu) deutliche Parallelen zu Umberto Ecos "Der Name der Rose" auf, so gelingt es Istin und Jiqourel in der Fortsetzung, "Die weiße Stadt", sich von dieser Vorlage komplett zu lösen und eine eigenständige Geschichte zu entwickeln.
In diesem zweiten Band stehen weniger die Personen selbst im Mittelpunkt der Betrachtung als vielmehr der Kampf der unterschiedlichen Weltanschauungen und Kulturen, die die Protagonisten repräsentieren, wobei durchaus Motive nicht nur des nordischen Heldensagen- und Märchenschatzes erkennbar bleiben; so ähnelt der Kampf Königin Dahuds mit dem Fremden, Gurvan, um die Krone Ys' bis hin zum Betrug dem Kampf Brünhilds mit "Gunther" bzw. dem unsichtbaren Siegfried. Allerdings lassen sich solcherlei inhaltliche Parallelen den Autoren nicht vorhalten, da diese in gewisser Weise als archetypische Bilder innerhalb der Weltliteratur weite Verbreitung gefunden haben und immer finden werden. Entscheidend ist, dass der neue Kontext dieser alten Bilder originell, gut erzählt und spannend ist. Und in dieser Hinsicht überzeugt "Die weiße Stadt" vollends.
Der Erzählrhythmus ist eher verhalten und lässt mit seinen notwendigen erläuternden Passagen dem Leser ausreichend Zeit, in die Geschichte einzutauchen, die unterschiedlichen Fraktionen kennen zu lernen und sich mit dem historischen Hintergrund auseinanderzusetzen. Dieses ist auch nötig, da die Handlung zunehmend komplexer wird und die Suche nach den Mördern, deren Motive weiterhin im Unklaren bleiben, nicht nur regional immer weitere Kreise zieht, sondern auch die Grundfeste der christlichen Kirche und ihres okkulten, mörderischen Arms, des "Imperium Dei", zu erschüttern droht.
Das profane Ringen um die weltliche Macht und die Suche nach den Mördern stellt jedoch nur einen Aspekt der Geschichte dar; der zweite Aspekt ist - wie schon im ersten Teil - die Auseinandersetzung mit keltischem Mystizismus, mit dem Glauben an die Anderswelt. Im Gegensatz zum ersten Teil gelingt es den Autoren diesmal, beide Ebenen miteinander zu verweben, ohne dass Brüche in der Handlung entstehen.
Eine weitere Stärke des Comics sind die Charaktere. Zwar treten gerade die Druiden so gutmenschlich auf, dass man manchmal wünschte, Gwenc’hlan würde etwas weniger Verständnis für seine ideologischen Widersacher zeigen und weniger Wert auf diplomatisches Auftreten legen, aber gerade auf Seiten der Mönche herrschen die Grautöne vor, erweisen sich viele Gottesmänner als eher pragmatisch in der Auslegung der Heiligen Schrift.
Das Artwork Lamontagnes überzeugt in jeder Hinsicht. In zahlreichen Details - insbesondere der Kleidung und der Haartracht der Figuren - beweist der Zeichner Sinn für das historische Ambiente, lässt eine vergangene (fiktive) Welt in lebendigen, naturalistischen, z. T. großformatigen, zu keinem Zeitpunkt überladen wirkenden Bildern auferstehen.
Fazit: die bessere Fortsetzung eines schon sehr guten ersten Bandes. Die spannende Mystery-History-Story und das lebendige Artwork machen "Die weiße Stadt" zu einer uneingeschränkten Empfehlung.