Serie / Zyklus: Scheibenwelt / Wache Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Nur Eitelkeit und Pflichtbewusstsein bringt Samuel Mumm, den Hauptmann der Wache dazu, eine Serienmörder durch die Straßen von Ankh-Morpork zu verfolgen. Mumm hegt besonderen Groll gegebenüber Carcer, denn er hat mehrere Mitglieder seiner Wache getötet und noch nicht einmal die Geburt seines Sohnes hält Samuel Mumm davon ab, den Verbrecher der Gerechtigkeit zu überführen. Dann, als Mumm den Täter gestellt hatte, werden er und sein Delinquent auf wundersame Weise 30 Jahre in die Vergangenheit verschlagen in eine Zeit, als Mumm selbst seinen Einstand der Wache gab.
Durch einen unglücklichen Umstand kommt der Mann ums Leben, der seinerzeit sein Mentor in der Wache war und Mumm sieht sich gezwungen selbst die Rolle zu übernehmen. Die ist nicht ganz einfach, denn der Hauptmann der Wache weiss, dass in den nächsten Tagen eine Revolution ausbrechen wird und er (eigentlich der Mann, in dessen Rolle er geschlüpft ist) darin eine wichtig Rolle spielen wird. Und dann ist da noch Carcer, der immer noch frei herumläuft und neue Ränke schmiedet.
Der Scheibenwelt-Roman ist in vieler Hinsicht sehr ungewöhnlich. Zum einen ist dies der mit Abstand ernsthafteste Roman, den Terry Pratchett je verfasst hat. Es ist zwar noch einiger Humor enthalten, aber dieser ist sehr hintergründig und teilweise von schwarzem Humor geprägt. Dann ist der Roman auch sehr straff geschrieben. Normalerweise räumt der Autor in seinen Werken immer Raum ein für den einen oder anderen Exkurs, der interessante und/oder witzige Aspekte der Scheibenwelt beleuchtet. In diesem Roman verzichtet er gänzlich darauf. Zuletzt kommt dem Buch eine besondere Stellung im Scheibenweltzyklus zu, denn es führt viele lose Enden zusammen und man erfährt, was Lord Vetinari, Samuel Mumm, Fred Colon, Nobby Nobbs und Reg Schuh verbindet und außerdem enthüllt Terry Pratchett viel über die Vergangenheit von Ankh-Morpork und den Grund dafür, warum die Stadt nun so ist wie sie ist.
Und noch ein letztes ist ungewöhnlich: Dies ist das erste Buch, das nicht von einem Titelbild des genialen Josh Kirby geziert wird. Der Grund dafür ist traurig, denn der Zeichner starb vor ein paar Jahren.
Der Roman zeugt insgesamt von einem reiferen Terry Pratchett. Der Trend der letzten Romane hin zu tiefgründigeren Themen hat sich verstetigt und das Werk dürfte auch Leute ansprechen, die bisher nichts mit der humorvollen Schreibweise des Autors anfangen konnten. Auch die Stammleser dürften mit diesem Buch auf ihre Kosten kommen. Der spannende Roman ist durchaus auch ein Scheibenweltroman, der das typische Flair dieser Welt aufleben lässt, aber eben mit viel leiseren Tönen.
Im Prinzip glaube ich, dass Terry Pratchett den richtigen Weg eingeschlagen hat und nun ernsthaftere Geschichten erzählt, denn vieles war doch schon ein wenig abgedroschen und auch der beste Witz ist nach der dritten Wiederholung nicht mehr so lustig. Das letzte Buch davon, Der Zeitdieb, war ein gutes Negativbeispiel dafür. Anders aber Die Nachtwächter: das 29. Scheibenwelt-Buch kommt frisch und unterhaltsam daher und versteht zu unterhalten wie schon lange kein Scheibenwelt Buch davor mehr.
9 von 10 Punkten.
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