Titel: Der Sommer der silbernen Wellen Eine Rezension von Doreen Below |
Darum geht´s:
Die 16-jährige Mia freut sich wie verrückt, den Sommer gemeinsam mit ihrer Familie in Wind Song zu verbringen. Endlich sieht sie Cousine Corinne wieder, mit der sie einst lustige Zeiten dort erlebte – umgeben von Sonne, Strand und Meer. Doch kaum angekommen, läuft irgendwie alles schief. Corinne hat sich verändert und schmeißt mit ihren Freunden sowie Schwester Beth eine Party nach der anderen. Und Mia? Die passt einfach nicht rein in die Welt der Schönen & Reichen. Somit ist der Sommer für sie eigentlich gelaufen, gebe es da nicht Simon, der Mia mit seiner unbeschwerten wie lockeren Art den unschönen Aufenthalt doch noch versüßen kann. Von nun an Treffen sich die beiden des Nachts am Strand und endlich kann Mia sich entspannen und loslassen.
Ich hockte mich hin und hob ein kleines, rosafarbenes gedrehtes Schneckengehäuse auf. Das würde kein einsamer Sommer werden. Das Meer würde mir Gesellschaft leisten. (aus Seite 32)
Der Sommer der silbernen Wellen ist einmal mehr ein Jugendroman, bei dem meine vorigen Erwartungen nicht ganz zum nachhaltigen Eindruck passen und das ist keinesfalls negativ gemeint. Eher meine ich es so: die Verpackung lässt eine unbeschwerte wie leichte Sommerlektüre vermuten, was nicht wirklich zutrifft. Vielmehr erzählt Amanda Howells eine romantische wie dramatische Geschichte über das Erwachsenwerden, durchaus für sommerliche Stimmung sorgend, dabei aber gespickt mit reichlich bedrückenden Momentaufnahmen - charakterliche wie problembehaftete Gewitterwolken lauern auf so mancher Seite. Und ja, nach anfangs beschwerlichen Schwimmversuchen hat mich die Welle dann doch mit voller Wucht davongetragen!
Ich muss zugeben: auf den ersten Seiten konnte mich Der Sommer der silbernen Wellen nicht überschwänglich begeistern und ich fragte mich, was dieses Buch so besonders machen soll. Dabei besitzt Amanda Howells eine angenehme wie ausdrucksvolle Schreibfeder, die den Leser rasch Teil von Mia´s strapaziösem Sommer werden lässt. Mia als Ich-Erzählerin agieren zu lassen ist hier die perfekte Wahl! Man ist gut im Bilde über die gegebenen Umstände sowie Mia´s gigantische Freude auf die bevorstehenden Sommerferien umgeben von Sonne, Strand & Meer, die sich dann doch anders gestalten als zuvor angenommen.
Mein anfängliches Schwanken zeigte sich schließlich an der doch gewöhnlichen Rahmenhandlung sowie Charaktergestaltung. Eingangs erzählt Amanda Howells keine besonders außergewöhnliche Geschichte, die mir teilweise bekannt vorkam. Ihre kunstbegeisterte Hauptprotagonistin ist eben ein Mädchen, das mit Unsicherheiten zu kämpfen hat und in diesem Sommer ein Stück weit zu sich selbst finden wird. Diese Tatsache dürfte von vornherein klar sein. Gemeinsam mit Mia taucht man allmählich in eine Welt aus Chic & oberflächlichen Partys ein, sieht dabei zu wie sie versucht, sich für Menschen zu verbiegen, die sie im Grunde genommen nicht wirklich mag und ja, typische Klischees der Rauschmittel konsumierenden wie attraktiven High Society sowie allerhand Probleme innerhalb der Familie sind ebenfalls mit an Bord.
Indes bekommt man es mit einigen (auf den ersten Blick) stereotypen Nebencharakteren zu tun, die nicht gerade Sympathiepunkte sammeln, aber teils doch eine bedeutende Entwicklung durchmachen, denke ich da an Mia´s flirtfreudige wie rebellische Cousine Corinne oder deren versnobte Freundin Gen. Einerseits fühlte ich mich davon weniger angesprochen, obgleich die Autorin eine wundervolle Art besitz sich auszudrücken, mittels der die malerische Kullisse um Wind Song lebendig wird - der Sand kitzelte förmlich unter meinen Füßen und der Geruch von Meerwasser durchströmte meine Atemwege. Andererseits fand ich Mia´s Reifeprozess mit steigender Seitenzahl höchst ansteckend und mit Simons Auftauchen (nach etwa 80 Seiten) wurde es langsam richtig interessant, witzig & intensiv.
Ich mochte Simon sehr! Er ist auf seine Art schon ein cooler und zugleich bodenständiger Typ, der einem Durchschnittsbürger gleicht und somit sehr erfrischend rüberkommt. Eigener unschöner Erfahrungen verdankend, lässt er sich von den äußeren Umständen weniger beeindrucken und geht unbeirrt seiner Wege - oftmals weniger über die Konsequenzen nachdenkend. Genau das also, was die zögerliche Mia braucht. Wobei auch er ein schweres Päckchen seelischen Ballast zu tragen hat. Beide Charaktere fand ich gut und von den Handlungen her überwiegend verständlich gezeichnet. Hier begann er dann auch, der Punkt an dem ich mitfieberte und dramatische Entwicklungen langsam immer weiter voranschritten. Insbesondere die beginnende Freundschaft/Lovestory zwischen Mia & Simon wird dabei auf eine süße Weise eingefangen und die gemeinsamen Strandausflüge des Nachts geben der Geschichte eine besondere wie tiefsinnige Note.
Sowieso werden in Der Sommer der silbernen Wellen viele Themen angesprochen, die vor allem für junge Leser - aber auch ältere Semester - interessant sein dürften und schlussendlich zum Nachdenken anregen. Angefangen von Selbstfindung, Gruppenzwang, verwirrten Schmetterlingen im Bauch, Drogenkonsum bis hin zu familären Spannungen. Geht es nach mir, in einer wohl dosierten Kombination. Was das letze Drittel sowie das Ende betrifft, so kann man sich ab einem bestimmten Zeitpunkt durchaus denken, welche Windrichtung manch Konfliktsituation ansteuern wird. Das macht die Story in gewisser Hinsicht berechenbar, am Ende konnte ich mir den einen oder anderen Schluchzer dennoch nicht verdrücken, wenn folgenschwere Entscheidungen zum Tragen kommen und es höchst emotional wird. Hier hat es mich dann richtig erwischt!
Kurz gesagt:
Anders als es die farbenfrohe Optik vermuten lässt, gestaltet sich Der Sommer der silbernen Wellen alles andere als unbeschwerlich. Statt einer lockerflockigen Sommerlektüre wird der Leser mit einer gefühlsbetonten wie konfliktreichen Geschichte über das Erwachsenwerden belohnt - inklusive bekannter Klischees und teils stereotyper (Neben)Charaktere. Taucht man eingangs noch eher durch ein seichtes Gewässer, gewinnt Amanda Howells dramatisch unterlegte Lovestory im Handlungsverlauf ordentlich an emotionalem Tiefgang sowie einer ausdrucksstarken Schreibfeder. Meiner Meinung nach wunderbar geeignet für jüngere & ältere Semester. Also ich bin berauscht!