Titel: Onkel Dagobert – Aus dem Leben eines Fantastilliardärs Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Wenn irgendeine Comic-Figur das Wesen des Kapitalismus schlechthin repräsentiert, dann ist es Dagobert Duck, der knorrige Erpel aus der bark'schen Ideenwelt, dessen sprichwörtlicher Geiz genauso groß ist, wie sein Vermögen unermesslich und sein Firmenkonglomerat unüberschaubar. Doch auch wenn Dagoberts Auftreten oftmals harsch, griesgrämig und rücksichtslos scheint, so repräsentiert er keineswegs die hässliche Fratze eines entfesselten, unkontrollierbaren Kapitalismus, sondern beweist unter seiner rauen Schale einen oftmals weichen, ja mildtätigen Kern. Zudem gehört er in die Kategorie von Finanzmarktjongleuren und Selfmade-Magnaten, die nicht nur Verantwortung für ihr Tun übernehmen – mehr oder weniger freiwillig -, sondern die auch hemdsärmelig mit anpacken und für die Verzicht eine ebenso große Tugend ist wie Gewinnstreben.
Diesem komplexen Helden des Kapitalismus hat nun der Ehapa Verlag einen umfangreichen Sammelband gewidmet, in dem in 20 Storys – allesamt aus der Feder seines Schöpfers Carl Barks - unterschiedlichste Facetten seines Charakters beleuchtet werden sollen.
Insgesamt hinterlässt der vorliegende Sammelband allerdings einen bestenfalls ambivalenten Eindruck: Das Hauptproblem besteht darin, dass es für diese Edition an einer nachvollziehbaren Rechtfertigung jenseits aller pekuniärer Verlagsinteressen fehlt, denn in Don Rosas umfangreicher Dagobert-Biografie - „Onkel Dagobert – Sein Leben, seine Milliarden" -, der zweifellos einige der hier veröffentlichen Geschichten als Inspiration, ja Basis, dienten, ist alles Wesentlichste und Wichtige längst abgefrühstückt. Im Grunde wird nun kaum mehr als eine vergleichsweise lieblose Zusammenstellung beliebiger dagobert'scher Episödchen geliefert, die mit Mühe und Not in vier Kapitel gepresst wurden, ohne dass wirklich klar wird, was die jeweils ausgewählte Geschichte repräsentieren sollen, warum also genau sie Eingang in die Ausgabe gefunden haben, welche Kriterien ihrer Auswahl – außer dass sie Onkel Dagobert als Protagonisten haben - zugrunde lagen.
Für Irritation sorgt weiters, dass die Storys aus den unterschiedlichsten Schaffensperioden Carl Barks stammen und das Artwork dementsprechend unstetig wirkt; euphemistisch ausgedrückt mag man es als lebendig bezeichnen, aber wenn die Physiognomien der Figuren von Geschichte zu Geschicht umswitchen – lange Schnäbel werden kurz, kurze lang, Körper ziehen sich in die Länge, um kurz darauf wieder in eine gedrungenere Form zu ploppen, Backenbärte tauchen auf und vergehen -, dann empfinde zumindest ich es als störend.
Ein absolutes No-go ist der vollständige Verzicht auf bibliografische Angaben zu den einzelnen Geschichten, der bei böswilliger Betrachtung als ein Beleg für die Lieblosigkeit der Story-Auswahl dienen kann.
Sicherlich weist die Sammlung auch einige echte Highlights und Klassiker auf, wie etwa „Wiedersehn in Klondike" (Back to the Klondike), in der Dagobert seine Jugendliebe Nelly wieder trifft, oder „Das Gespenst von Duckenburgh" (The Old Castle's Secret), in der Familie Duck im Schloss ihrer Vorväter auf Schatzsuche geht, aber unterm Strich fehlt es an Verve, an Schwung, ja sogar an Humor. So bleibt als einziges nennenswertes Positivum das informative, essayistische Vorwort Tillmann Prüfers, das für sich alleine natürlich nicht den Kauf dieses „Ziegelsteins" rechtfertigte.
Fazit: Ein in Hinblick auf thematische Aufbereitung, Geschichtenauswahl und Artwork ein eher enttäuschender Band, der insgesamt keine neuen Perspektiven oder Ansätze auf Carl Barks Schaffen und Dagoberts Wesen liefert.