Titel: Argentum Noctis Eine Rezension von Christel Scheja |
Guido Krain hat sich bisher eher der Fantasy und Erotik verbunden, nun beweist er aber auch, dass er sich in moderneren Zeiten bewegen kann. Mit „Argentum Noctis“ wagt er den Sprung zum Steampunk und legt einen Roman vor, der lockere Verbindungen zu seiner Kurzgeschichte „Steam is beautyful“ in der Anthologie „Steampunk – Erinnerungen an Morgen“ knüpft.
Charles Eagleton gehört zur besseren Gesellschaft des viktorianischen Britannien und kann sich dank seines Wohlstandes den Dingen widmen, die ihm besonders am Herzen liegen. Er ist ein Erfinder und hofft mit seinen genialen Entwicklungen die Welt revolutionieren zu können. Immerhin ist sein dampfbetriebenes Dienstmädchen Fifi eines der deutlichen Zeichen für seinen Erfolg.
Dann tritt die junge Rachel Fiddlebury in sein Leben. Sie ist die Tochter von Mortimer Fiddlebury, der einst selbst der bekannteste Erfinder des Landes war, nun aber schon eine ganze Weile von der Bildfläche verschwunden ist. Das hindert ihn aber nicht daran, immer noch alles besser zu wissen und so Charles das Leben nicht immer leicht zu machen. Immerhin ist er Rachel so zugetan, dass er ihr ebenfalls ein künstliches Dienstmädchen bastelt, auch wenn Kinkin lange nicht an Fifi herankommt. Immerhin lernt er bei einem Besuch im Hause Fiddlebury Bradley kennen, eine intelligente Ratte, die aus Mortimers Versuchen übrig geblieben ist. Der wird zu einem guten Freund und Seelenverwandten, der ihm hilft über die Eigenheiten des älteren Erfinders hinweg zu sehen. Und schließlich macht auch noch die quirlige Julie das Quartett komplett ... gerade rechtzeitig um sich auf eine unheimliche Jagd zu begeben.
In „Argentum Noctis“ geht es weniger darum, den Ruhm des Empire zu mehren oder einer weltenbedrohenden Gefahr entgegen zu stehen. Guido Krain beschränkt sich auf die kleine Welt seiner Protagonisten, wirft zwar ein Rätsel in den Raum, dass den Helden einen Grund gibt, zusammenzuarbeiten und die Handlung voran zu treiben, aber man merkt sehr deutlich, dass das nicht sein Hauptanliegen ist.
Er hat vielmehr Spaß daran, die Figuren und das Ambiente auszuarbeiten. Jeder Charakter hat seine Eigenheiten und Macken, begonnen mit dem verschrobenen jungen Erfinder, seinem Dienstmädchen, das nicht nur durch den französischen Akzent auffällt sondern auch durch eine gewisse Eifersucht immer wieder auf sich aufmerksam macht.
Bradley die Ratte funktioniert als Ich-Erzähler und sorgt für die notwendigen Kommentare, die der Erzählung einen gewissen Grad von Humor verleihen. Und auch die beiden Frauen treten sehr selbstbewusst auf und benutzen die Zurückhaltung, die die viktorianische Gesellschaft den Damen auferlegt nur dann, wenn es praktisch erscheint. So bleibt aber auch die Stimmung erhalten – die gewisse Arroganz, die man gerade den Briten dieser Zeit nachsagt, aber auch der Forschungsdrang und Erfindergeist, der nur nach vorne strebt, und das Wohl der Welt, der Natur und der Menschen vollständig dem technischen Fortschritt unterordnet, was leider auch seine Folgen hat.
Überhaupt ist die Geschichte sehr locker und flott geschrieben, lässt sich angenehm lesen und weist auch keine Längen auf. Durch die geheimnisvollen Vorgänge, die die Hauptfiguren irgendwann aufschrecken kommt auch noch ein wenig Spannung dazu, die die Lektüre zu einem Vergnügen macht.
Alles in allem weiß „Argentum Noctis“ durch die gelungene Atmosphäre und die liebenswerten Figuren zu gefallen, die die Handlung allein durch ihre Marotten tragen und so auch dem Alltag und dem gesellschaftlichen Miteinander in ihrer Zeit eine gewisse Würze verleihen.