Titel: Zwischen zwei Träumen Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Nesta und sein Freund Sal sind vierzehn Jahre alt, als sie zum ersten Mal tropfen. Mit einer Pimpette geben sie eine Essenz eines Traumes eines fremden Menschen in ihr Auge und träumen daraufhin dessen Traum nach. Das Geschäft mit den Träumen - illegale wie auch legale - ist gewaltig und Nesta träumt davon professioneller Träumer zu werden. So lernt er Tedeisha Swenson kennen und lieben. Gemeinsam gehen sie zu sogenannten Testträumen, doch nur Tedeisha gelingt der Durchbruch. Nesta bleibt zurück während sie Karriere macht und in anderen Länder lebt. Dann passiert das unfassbare: Menschen wachen plötzlich aus ihren Träumen nicht mehr auf und die Grenzen zwischen Realität und Traum beginnen zu verschwimmen.
Selim Özdogans Roman ist in der ersten Hälfte eine wirklich interessante Utopie. Die Welt in der Nesta lebt wird interessant und detailreich beschrieben. Der Leser merkt, dass sich der Autor zu diesem Thema viele Gedanken gemacht hatte und seinen Weltenentwurf wirklich sehr durchdacht präsentierte. Der Roman enthält einige wirklich sehr gute Gedanken die sich dem Thema mal auf einer sehr philosophischen Weise nähern und mal auf einer eher paradoxen Weise, wenn die Auswüchse der Traumindustrie beschrieben werden. In einer Welt, in der kaum ein Mensch noch Träume hat, sind Träume das gefragteste Wirtschaftsgut.
In der zweiten Hälfte ändert sich der Roman entschieden. Die Handlung wechselt auf eine metaphysische Ebene, die im krassen Gegensatz zum ersten Teil der Geschichte steht. Nesta treibt durch Traumwelten und versucht eine Lösung für das Problem der nicht erwachen wollenden Träumer zu finden. Mit diesem Teil kam ich nun gar nicht klar, vor allem weil er die wirklich gelungene Dystopie entwertet. So kommt es dann doch zu der unvermeidlichen Frage, ob die Realität nur wirklich ist oder ob Nesta sich immer schon in einer Traumwelt befand. Wie schon in der Matrix Trilogie mag es auch Selim Özdogan nicht gelingen, diese Fragen befriedigend zu beantworten und aus der fehlenden Idee für einen gelungenen Schluss heraus wird das Buch immer wirrer und blangloser.
Fazit: Zwischen zwei Träumen ist ein Roman mit guten und interessanten Ansätzen, der aber zum Ende hin immer weniger zu überzeugen versteht. Eine Geschichte, die als Utopie begann driftete immer mehr in metaphysische Fantasy ab, die so dahin plätschert und das Ende des Buchs nur hinauszögert.
6 von 10 Punkten