| Reihe: Star Trek: New Frontier, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Die Excalibur hat mittlerweile ihren Missionsort, den Bereich des ehemaligen Thallonianischen Imperiums, erreicht. Eigentlich sollte das Föderationsschiff nun eine Aufklärungsmission mit humanitärem Hintergrund durchführen, jedoch wird die Besatzung ohne langes Vorgeplänkel sogleich in den Strudel der Ereignisse hineingezogen und in das im zusammenbrechenden Imperium vorherrschende Chaos verwickelt.
Die im ersten Band begonnene Vorstellung und Einführung der einzelnen Charaktere wird fortgesetzt und konsequent weitergeführt. Während sich Peter David in "Kartenhaus" noch auf einzelne Motivationen und Probleme stürzte, beginnen die Personen nun, miteinander zu agieren, was fast immer zu Reibereien führt.
Drei Konflikte stehen im vorliegenden Roman im Vordergrund. Zum einen ist dies Captain Calhoun sowie sein Erster Offizier Shelby, die ihre unterschiedlichen Vorstellungen von Führung auf einen gemeinsamen Nenner bringen müssen. Während sich Commander Shelby gerne auf die Vorschriften der Sternenflotte stützt, agiert Calhoun mehr oder weniger grundsätzlich aus dem Bauch heraus - und zudem an Shelby vorbei. Diese Nicht-Information des Ersten Offiziers treibt Shelby mehrmals zur Weißglut.
Zum zweiten befinden sich der Brikar Zak Kebron und der thallonianische Prinz Si Cwan auf einer vermeintlichen Rettungsmission, um die Schwester Cwans von einem Frachter zu retten. Jedoch erweist sich dies als Falle und auf dem Schiff wird Kebron in einen Rachefeldzug zwischen Cwan und seinem ehemaligen besten Freund gezogen. Der Kampf auf Leben und Tod fordert auch de Brikar bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit und lässt ihn an der Erfüllbarkeit der Mission der Excalibur zweifeln. Wenn schon die vermeintlichen Verbündeten sich wie Berserker aufführen - wie wird das dann mit den wahren Feinden?
Dieser tritt ebenfalls in diesem Roman zum ersten Mal auf - in Gestalt von Cwans korruptem Bruder D'ndai, der gemeinsame Sache mit den Danteri, den ehemaligen Todfeinden der Xenexianer, macht.
Der dritte Konflikt in diesem Roman spielt sich innerhalb des Schiffes ab und behandelt die vulkanische Ärztin Selar, welche während ihres letzten Pon Far ein traumatisches Erlebnis hatte und jetzt erst die Auswirkungen der Verdrängung dessen verspürt. Einen großen Anteil daran haben die erotischen Annäherungsversuche des Chefingenieurs Burgoyne, eines Zwitterwesens, der/die sich Selar als nächste Paarungsgefährtin ausgesucht hat.
Peter David versteht es wundervoll, all diese mit ihren eigenen Problemen behafteten Charaktere glaubhaft und lebendig darzustellen und ihre Interaktion zu einem wirklich unterhaltsamen und lesenswerten Stück Star-Trek-Literatur zu machen. Habe ich in der Besprechung zu "Kartenhaus" davon geschrieben, dass die Reihe "New Frontier" der Beginn eines neuen, aufeinander aufbauenden Star-Trek-Universums darstellt, so wird dies vor allem in den Dialogen erkennbar. Hier wird reichhaltig aus der Star-Trek-Vergangenheit geschöpft, werden Bezüge zu anderen Serien geschaffen und eine Basis für die Zukunft erstellt.
Calhoun bekommt noch einen Primärkonflikt aufgedrückt, der teils in seine Probleme mit Shelby hineinwirkt. Eine Geisel-Situation versucht er, wie es als Xenexianer so seine Art ist, mit grober Rhetorik und Bluff zu lösen, scheitert jedoch diesmal an der Realität. Der beginnende Er-kann-alles-lösen-Mythos des neuen Captains ist so schnell verflogen, wie er entstand. Zwar kann Calhoun, einmal mehr an Shelby vorbei, das Problem schlussendlich beseitigen, jedoch in einer Art und Weise, die seine Brückenbesatzung erschaudern lässt:
"Darf ich fragen, was Sie jetzt machen, Sir?", erkundigte sich Shelby.
Er hielt vor dem Eingang zur Kabine inne und sagte dann nachdenklich: "Zur Hölle fahren, schätze ich". Dann verließ er die Brücke.
Die Besatzung blickte ihm nach und schliesslich meinte McHenry: "Ich gebe ihm sechs Monate, dann hat er auch dort für Ordnung gesorgt."
Niemand widersprach ihm.
Schlussendlich rundet Peter David das Buch noch mit der Einbindung einer alten Legende in der Galaxis und einem Brückenschlag zur alten Star-Trek-Classic-TV-Serie, genauer zu Gene Roddenberry, ab. Erstaunlich, jedoch typisches Star Trek, so wie man es sehen bzw. lesen möchte!
"Zweifrontenkrieg" ist ein mitreißender, humorvoller, tragender und stürmischer Roman: Peter David hat es geschafft, in nur etwas mehr als 300 Seiten all das hineinzupacken, was sich ein ST-Fan wünscht. Die Nähe zum Vorläuferband lässt ahnen, warum Heyne diese beiden Romane zusammenfasste. Jedoch lohnt sich die Anschaffung der nun zweibändigen Ausgabe von Cross Cult allein schon wegen der dringend notwendig gewordenen Überarbeitung der Übersetzung und dem tollen Cover.
Empfehlenswert!