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Titel: Zerbrechliche Dinge Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Kies auf der Straße der Erinnerung
Der junge Mann, der hier erzählt, könnte durchaus Neil selbst sein.
Verbotene Bräute gesichtsloser Sklaven im geheimen Haus der Nacht grausiger Gelüste
Eine Geschichte ohne echtes Ende, denn das könnte der Anfang einer neuen Geschichte sein. Aber mit einem echten Ghul. Neil Gaiman versteht es meisterhaft, den Übergang von Traum zur Wirklichkeit und zurück zu schildern, und taucht dabei tief in die Phantastik ein.
Bitterer Kaffeesatz
Ein verschwundener Anthropologe ist der Grund, warum sich ein anderer in dessen Namen auf einen Kongress einschleicht. Hier sollte ein Vortrag über Zombies gehalten werden.
Gustav hat den Frack an
Der Titel weist auf einen Jungen hin, der gern Kontrabass zu spielen lernt, weil er so klein und der Kontrabass so groß ist.
Wie man auf Partys Mädchen anspricht
Die Geschichte befasst sich mit einem jungen Mann, der lernen sollte, wie man sich auf einer Party Mädchen nähert und sie anspricht. Aber er sollte auch seine Gesprächspartnerinnen genau aussuchen. Es könnte zu unliebsamen Überraschungen kommen.
Eine Studie in Smaragdgrün
Meisterdetektiv Sherlock Holmes verschlägt es in eine Parallelwelt, die ihn mehr fordert, als es zuerst den Anschein hat. Die alten Götter übernahmen die Macht auf der Erde und beherrschen sie. Das Besondere an den blaublütigen Aristokraten ist jedoch, dass sie grünblütige Götter und Halbgötter sind. Sherlock Holmes soll den Mord am deutschen Thronfolger aufklären.
Die wahren Umstände im Fall des Verschwindens von Miss Finch
Dies ist die Geschichte von Miss Finch, die plötzlich in einem Zirkus unter ungeklärten Umständen verschwindet.
Sonnenvogel
In dieser Erzählung geht es ums Essen und Gegessenwerden. Ein Gourmet-Club meint, Fabelwessen schmeckten besser. Und wo sind die Epikuräer jetzt?
Fressen und gefressen werden
Bei lebendigem Leib gefressen zu werden ist kein besonders angenehmes Lebensende.
Virusproduzentenkrupp
Ungewöhnliche Namen für ungewöhnliche Krankheiten mit Gegenmitteln mit ebenso ungewohnten Namen. Ziemlich ungewöhnlich.
Goliath
Die Geschichte von einem Mann, der glaubt ein Speicher zu sein - oder etwas in der Richtung.
Oktober hat den Vorsitz
Die Geschichte eines Jungen, der sein Zuhause verlässt.
Der Herr des Tals
Der Herr des Tals hat seltsame Bewohner zu betreuen. Ein normaler Mensch würde wahrscheinlich verzweifeln.
Am Ende
Diese Geschichte ist, wenn man es genau nimmt, nur eine Seite lang und erzählt die Geschichte von Adam und Eva etwas anders.
Die Kurzgeschichtensammlung mit dem Untertitel Geschichten und Wunder wurde gegenüber der amerikanischen Originalausgabe neu zusammengestellt. Mit dieser Information kann der deutsche Leser nicht viel anfangen, da er selten die Geschichten im Original liest, und wenn, dann sicher nicht zusätzlich die deutsche Ausgabe kauft. Sei's drum. Enthalten sind vierzehn Geschichten mit einer Seitenzahl, die zwischen knapp eins und neunundsechzig schwankt. Damit zeigt Neil Gaiman deutlich, dass er auch in der Lage ist, mit sehr kurzen Geschichten den Leser zu unterhalten. Der Autor ist ein schier unversiegbarer Quell an Geschichten, die sich im Hier und Jetzt zu einer Erzählung mit Ausflügen in die Vergangenheit oder Zukunft verändern. Neil Gaimans Erzählungen sind manchmal absonderlich und erschließen sich nicht sofort. Oder man kann sehr viel in sie hineindeuten, etwa in die letzte Geschichte mit dem Titel "Am Ende". Neils Geschichten warten nicht immer mit einer Lösung auf, sie sind oft grotesk und stellen Grenzgänger zwischen Fantasy und Wirklichkeit dar. Er greift auf ungewöhnliche Charaktere zurück, die in der phantastischen Literatur zum Klischee gehören. In mancher Hinsicht traut er sich an Geschichten heran, die so einfach sind, dass niemand anderes sie aufgreifen würden.
Alles in allem sind die Kurzgeschichten in Zerbrechliche Dinge eine gute, durchweg empfehlenswerte Sammlung. Ich persönlich lege viel Wert auf seine stilistischen Fähigkeiten. Bei anderen mögen die Geschichten im Vordergrund stehen, weshalb sie dann ein wenig die Grundideen bemängeln könnten. Ich gebe unumwunden zu, dass Autoren nicht immer nur gut oder sehr gut schreiben können. Doch sind diese Geschichten auch ein Zeichen seines Werdegangs.
Während die englischsprachigen Leser sich auf den Stilisten Neil Gaiman ungefiltert einlassen können, ist der deutschsprachige Leser auf die Übersetzung angewiesen. An dieser Stelle sei Sara und Hannes Riffel und Karsten Singelmann ein großes Lob ausgesprochen. Denn ich fand mich in den deutschsprachigen Erzählungen sehr gut zurecht, die Atmosphäre in den längeren Erzählungen war gut eingefangen und ich zeige mich begeistert von der Arbeit. Viel zu selten wird auf die Arbeit der Übersetzer eingegangen. Der einzige Minuspunkt sind die Nicht-Nennung der Originaltitel und das fehlende Erscheinungs- oder besser Entstehungsjahr. Doch zurück zum Buch selbst. Die edle Aufmachung mit rotglänzendem Aufdruck und weißer Schrift auf dunklem Hintergrund kommt sehr gut zur Geltung.