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Titel: Yardang Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Sylvain, ein typisch genervter Teenager, wie er in jedem Zeitalter vorkommt, der viel mit Erwachsenen zu tun hat, aber doch lieber von ihnen getrennt sein möchte, erkennt, dass sein Vater Probleme hat. Er lebt mit ihm auf einer Raumstation, die einen unbewohnbaren, aber rohstoffreichen Planeten des Yardang-Systems umkreist. Sylvains Vater ist Ingenieur und an einer illegalen Sache beteiligt. Denkt Sylvain zuerst noch an kriminelle Aktivitäten, so wird er bald zum Mitwisser einer viel größeren Sache. Beim unerlaubten Lesen von Computerdateien, die seinem Vater gehören, kommt Sylvain langsam dahinter, dass sein Vater an einer Rebellion gegen die Erde beteiligt ist. Die Rebellen sind Separatisten und fordern die Unabhängigkeit des Yardang-Systems von der übermächtigen Erde. Heimlich arbeiten die sie daran, eine kleine Raumschiffflotte aufzubauen. Mit ihr wollen sie in den Krieg ziehen, um eine endgültige Loslösung herbeizuführen. Sylvain entdeckt die Raumschiffwerft und erkennt in ihr eine Chance. Dem tristen und - wie er meint - langweiligen Leben kann man sich nur durch Flucht entziehen. Gemeinsam mit seinen Freunden Thomas, Shosa und Adiabele, die eine ähnliche Weltsicht haben wie er, kapert er eines der Schiffe. Die vier stehlen das von den Rebellen entwickelte Raumschiff namens Ubuntu und stürzen sich in ein Abenteuer. Was sie nicht wussten, ist, dass sie sich mit der eigensinnigen künstlichen Intelligenz der Ubuntu auseinandersetzen müssen. Jetzt hat Sylvain zwar das Abenteuer, das er sich erträumte, aber in der Folge sicher so nicht wollte. Die Rebellen sind hinter dem gekaperten Schiff her, weil sie ihre Pläne gefährdet sehen, und die Erdstreitkräfte, weil sie in ihm ein Rebellenschiff sehen.
Dabei wurde das Abenteuer doch nur durch die Welt der Erwachsenen heraufbeschworen. Teenagern wird selten erklärt, wie das Leben der Erwachsenen abläuft, weil die meisten Erwachsenen dies selbst nicht wissen. Eine Rebellion der Jugendlichen gegen die Erwachsenen ähnelt im politischen Maßstab einer Rebellion einer jungen Kolonie gegenüber der Erde. Das Thema ist in beiden Fällen gleich, findet sich aber mit unterschiedlichen Lösungsansätzen und letztlich Lösungen wieder. Sympathisiert man mit den Rebellen und einer Loslösung von der Erde, will man als Leser keine Freiheit für die Jugendlichen, sondern eine Einbettung in das Leben der Erwachsenen. Diesen letzten Punkt wollen die Erwachsenen erreichen, indem sie die Jugendlichen in eine Art Besserungsanstalt stecken, wo sie sich kennen lernen. Aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt Marcus Hammerschmitt die Abenteuer der vier Jugendlichen. Er arbeitet - nicht nur bei ihnen - die Stärken und Schwächen heraus. Die Eigenschaften werden, ob gut oder schlecht, glaubwürdig dargestellt. Dadurch werden die Personen dem Leser sehr gut näher gebracht. Die Geschichte spielt in der Zukunft, wirkt jedoch immer glaubwürdig. Spannung erreicht der Autor dadurch, dass er unerwartete Wendungen der Handlung und, mit der unberechenbaren K.I. der Ubuntu, einen immer wiederkehrenden Spannungsfaktor einbaut. Doch auch der Humor, kleinere Fehlschläge und Situationskomik kommen nicht zu kurz. Sicher ein großartiger Science-Fiction-Roman für alle Altersklassen. Lassen wir an dieser Stelle mal den Begriff All-Age, der in der Fantasy über Gebühr strapaziert und meist unzutreffend benutzt wird, weg. Science Fiction war schon immer ein Genre, das kein Lesealter kannte.
Marcus Hammerschmitt schrieb bereits mehrere SF-Romane und schreibt auch viel für www.Telepolis.de. Für die Interessierten: Der Name Ubuntu stammt von dem gleichnamigen Betriebssystem für Computer.