Reihe: Ender-Zyklus, Bd. 3 Eine Besprechung / Rezension von RealS |
Inhalt: Die Pequeninos, die Schwarmkönigin und die Menschen haben sich auf Lusitania nebeneinander eingerichtet. Doch der Descolada-Virus, der sich in allen einheimischen Lebensformen befindet, greift auf die Menschen und deren mitgebrachte Pflanzen über, sodass ihnen der Tod droht, wenn sie den Virus nicht zurückdrängen können. Um ein Übergreifen des Virus auf andere bewohnte Planeten, und damit den Tod der Menschheit, zu verhindern, wird eine Flotte ausgesandt, um Lusitania zu vernichten. Als diese verschwindet, wird Gloriously Bright, ein Mädchen, zu dem "die Götter sprechen", indem sie in ihr den Zwang erwecken, Linien zu verfolgen, und das über eine nahezu unmenschliche Intelligenz verfügt, damit beauftragt, herauszufinden, wer hinter dem Verschwinden der Flotte steckt. Hat sie Erfolg, bevor ein Gegenmittel gegen das Virus gefunden wird, bedeutet das den Tod aller Lebewesen auf Lusitania. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit für die Bewohner von Lusitania, unter denen sich auch Ender befindet und zu denen seine Schwester, Valentine - besser bekannt als Demosthenes - stößt. Spannungen in der Kolonie bleiben nicht aus, und es werden Stimmen laut, welche die Pequeninos für die Situation verantwortlich machen und sie am liebsten alle beseitigen würden. Aber auch die Pequeninos sind den Menschen nicht nur freundlich gesinnt, und die Schwarmkönigin arbeitet mit allen Kräften daran, Raumschiffe zu bauen, mit denen sie Lusitania verlassen kann. Wodurch möglicherweise auch das Virus den Planeten verlassen würde.
Bewertung: Das Szenario klingt interessant, da es komplizierte Fragen aufwirft: Ist es ethisch vertretbar, eine andere Rasse auszulöschen, damit die eigene überlebt, selbst wenn diese Rasse sich nicht feindlich verhalten hat? Wie würde man handeln, wenn man vor dieser Alternative stünde? Würde man eine Aufgabe, die einem von den gottgewollten Herrschern auferlegt wurde, ausführen, auch wenn das den Tod zweier Spezies und unzähliger Menschen bedeuten würde? Und würde man sich selber opfern, um einen Xenozid zu verhindern? Gute Fragen machen aber noch keinen guten Roman. Sobald die Situation dargestellt ist, erwartet man als Leser, dass sich die Figuren auch umfänglich mit den Fragen beschäftigen und nicht nur versuchen, ein Heilmittel gegen das Virus zu finden. Neben intellektueller Spannung mangelt es auch an physischer: Die Suche nach einem Gegenmittel wird wenig detailliert beschrieben. Die Erforschung des Schicksals der Flotte ist ebenfalls unspannend, da der Leser sehr früh quasi aus erster Hand erfährt, was passieren wird und wie es dann passiert. Einige Szenen, die den Druck in der Kolonie zeigen, sind sehr gut dargestellt, aber man erfährt dennoch zu wenig von den normalen Leuten in der Kolonie, als dass auf diese Weise Spannung erzeugt würde. So plätschert der Roman etwas vor sich hin, unterbrochen von Schilderungen des Seelenlebens der Hauptakteure und deren zwischenmenschlichen Beziehungen, die Ender nur mühsam und halb erfolgreich kitten kann.
Interessanter ist noch der Teil um Gloriously Bright und ihre Fähigkeit "mit den Göttern zu sprechen", und wie sie versucht, ihre Aufgabe in ihren Glauben an die Götter zu integrieren. Wobei die Götter gerade nur durch ihren Zwang zu ihr "sprechen".
Fazit: Dieser Roman beginnt mit einer spannenden Situation, die anschließend nur noch in der Schwebe gehalten wird. Die Geschichte schreitet dann in keiner Hinsicht wirklich fort, um sehr enttäuschend (mehr soll hier nicht verraten werden, um spoilerfrei zu bleiben) beendet zu werden - nicht ohne dass noch neuer Stoff für eine weitere Fortsetzung ... nun ja... erzwungen wird. Card hat die Erzählschwächen des zweiten Bandes fortgesetzt, ohne ein gleich interessantes Gegenmoment zu schaffen.
[Die Besprechung beruht auf der englischen Fassung des Romans.]