Titel: Wonderful Wonder World, Band 1 |
Klappentext
Als Alice im Garten ihres Hauses plötzlich einschläft, erscheint vor ihren Augen ein junger Mann mit Hasenohren. Er entführt sie in eine Märchenwelt, die sich alsbald als gefährlicher Ort entpuppt, wo die Bewohner ihre Streitigkeiten mit der Waffe austragen!
Rezension
Zunächst beginnt alles noch recht harmlos: Alice ist eine Träumerin, mit der die Phantasie manchmal durchgeht. Als sie eines Tages von einem Kaninchen besucht wird und diesem arglos folgt, findet sie sich im Wunderland wider. Alice hält alles für einen bizarren Traum, hält es allerdings dennoch für äußerst befremdlich, dass die Wunderländer einen Sport daraus gemacht haben, sich gegenseitig zu verletzen. Der Hutmacher und sein Gefolge sind eine Mafiabande, die Herzkönigin eine launische, gefährliche Diva und die Grinsekatze Boris das Haustier des Vergnügungsparks von Merry Go Round. Im Uhrturm findet Alice zunächst Zuflucht, wird vom Uhrmacher Julius jedoch nicht besonders freundlich behandelt. Trotz aller Widrigkeiten schließt Alice Freundschaften im Wunderland und verliert allmählich ihre Erinnerungen – kann es sein, dass sie aus diesem Traum niemals mehr erwacht?
„Wonderful Wonder World“ ist eine Persiflage von „Alice im Wunderland“ und für den europäischen Geschmack sicherlich gewöhnungsbedürftig. Wie die einzelnen Charaktere ad Absurdum geführt werden, übertrifft sämtliche Vorstellungskräfte. Blood Dupre als Hutmacher und Mafiaboss ist das beste Beispiel dafür. Wie man es von ihm erwarten würde, trinkt er gerne Tee, allerdings zu den unmöglichsten Zeiten. Wer ihn dabei stört, bezahlt dies schnell mit seinem Leben. Zudem sieht er Alice‘ Exfreund unglaublich ähnlich, weshalb sich diverse, eigentümliche Situationen zwischen den beiden ergeben. Alice selbst ist nicht auf den Mund gefallen und kritisiert den Hang zur Brutalität der Wunderländer offen. Da sie eine Fremde ist, wird sie von allen geliebt und viele sind geneigt, zu tun, was sie fordert. Letztlich verstricken sie sich jedoch trotzdem in Schlägereien und Schusswechsel. Nicht zuletzt, da sie um Alice‘ Gunst streiten.
Doch nicht alle Bewohner des Wunderlands haben ein Gesicht. Nur die Rollenträger wie der Uhrmacher oder auch der Herzritter besitzen eindeutige Gesichtszüge. Sie führen Krieg mit den anderen Rollenträgern, pflegen jedoch teilweise auch freundschaftliche Beziehungen zueinander. Die restliche Bevölkerung hat keine Augen und keine Merkmale, die sie einzigartig erscheinen lassen. Sie schmücken den Hintergrund des Wunderlandes aus und bekommen erst dann ein Gesicht, wenn ein Rollenträger getötet wird und sie seinen Platz einnehmen sollen. Statt Herzen tragen die Wunderländer Uhren in der Brust, die von Julius repariert werden, sobald einer der Wunderländer stirbt. Dies ist einer der Gründe, warum die Wunderländer Fremde so sehr lieben – sie mögen es, ein menschliches Herz schlagen zu hören. Alice ist zudem ein hübsches Mädchen und kann sich vor Verehrern kaum retten. Stellenweise wird es dabei etwas viel mit den Liebesbekundungen, doch der vordergründige Humor nimmt diesen Szenen jedweden Kitsch.
Der Zeichenstil von Soumei Hoshina wirkt insgesamt noch etwas unausgereift und man beobachtet von Band zu Band leichte Schwankungen. Teilweise sind die Gesichter und Hintergründe sehr schön gezeichnet, manchmal wirken einzelne Panels ein wenig hingeschludert. Bei „Wonderful Wonder World“ handelt es sich um die erste große Serie der Mangaka, insofern darf man bei ihr auf eine wunderbare Entwicklung hoffen. Die Ansätze sind in diesem Manga erkennbar – wenn die Dame weiter an sich arbeitet, wird sie noch viele tolle Serien zeichnen! QuinRose ist eigentlich Spielentwickler und steckt hinter dem Storykonzept von „Wonderful Wonder World“. Seine kreativen Ideen machen die Geschichte zu Lesespaß pur, wobei es stellenweise schon extrem skurril werden kann. Nichtsdestotrotz werden auch die freundschaftlichen Beziehungen zu den Wunderländern mit überraschendem Tiefgang geschildert. Alice wirkt dabei wie ein ganz normales Mädchen, das sich nach Zuneigung und Freundschaft sehnt – beides findet sie in dieser seltsamen Version des Wunderlands.
Wer Spaß mit „Wonderful Wonder World“ hat, sollte übrigens unbedingt auch „Wonderful Wonder World – The Country of Clubs“ anschauen. Dabei handelt es sich um Spin Offs der Originalreihe und nicht wie vom Verlag angekündigt um eine Fortsetzung! Hauptthema der Spin Offs ist die Frage, wie Alice zu den verschiedenen Charakteren der Mangaserie passt. Es handelt sich also um diverse Liebesgeschichten, in denen sich Alice jedes Mal in einen anderen Wunderländer verliebt. Bisher sind fünf der geplanten sechs Bände von „Wonderful Wonder World“ erschienen, hinzu werden noch einige Spin Offs kommen.
Fazit
„Wonderful Wonder World“ ist eine herrlich schräge Persiflage, die für den westlichen Geschmack vielleicht zu abgedreht ist. Wer gerne Mangas liest und Extreme schätzt, wird hieran seine Freude haben. Das Thema von „Alice im Wunderland“ wurde hier jedenfalls wunderbar originell umgesetzt! 4 von 5 Sternen.