Titel: Wolfsgier Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Brigitte Melzer nimmt uns mit nach England in die Grafschaft Dartmoor und das kleine Dorf Cranmoor. Wahrscheinlich, weil sie der Ansicht ist, dass mit dem Begriff Dartmoor bereits ein wenig Grusel und die gedanklichen Verbindungen zu bekannter Literatur aufgebaut werden. Dies gelingt jedoch nur bei älteren Lesern (und sie werden anschließend enttäuscht), während jungen Lesern das vollkommen egal ist (sie wollen einen spannenden Roman in die Finger bekommen). Aus diesem Grund hätte die Erzählung auch in Deutschland spielen können. Warum also nicht?
Zurück in die Grafschaft Dartmoor, wo sich Unheimliches abspielt: Ein junges Mädchen befindet sich auf der Flucht vor der Bestie und stürzt sich in den Tod, weil es nicht als Opfer der Bestie enden will. Die Bestie selbst wird nie als Werwolf bezeichnet, doch schon der Titel weist darauf hin.
Zur gleichen Zeit hat eine andere junge Frau Alpträume. Sie irrt durch ein nebelverhangenes Moor, immer auf der Flucht vor etwas Unheimlichem. Kurz bevor sie durch den Schrecken hinter ihr, den unheimlichen Jäger, gefasst wird, erwacht sie. Diese Schreckensbilder und Alpträume verfolgen sie mit der Zeit auch tagsüber. Weil sich niemand mit dem Mädchen Emma Gordon, so ihr Name, und ihren Problemen auseinandersetzen will, wird sie kurzerhand in eine Klinik gesteckt und mit Hilfe von Drogen und Medikamenten ruhig gestellt. Der Versuch schlägt fehl und in einem unbewachten Moment gelingt Emma die Flucht aus der Anstalt.
Wieder zu Hause, wird sie nicht überschwänglich begrüßt. Irgendetwas ist anders und die Leute aus dem Dorf sind sehr misstrauisch. Kein Wunder, kommt sie doch aus einer Nervenheilanstalt. Wer einmal da drin war, hat nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für ein geruhsames Leben.
"Wolfsgier" ist ein fesselndes Buch für junge Leser um die zwölf. Es ist ein geheimnisvolles Abenteuer, bei dem der Leser die Handlungsträger gern begleitet, aus der sicheren Entfernung des heimatlichen Sofas. Weil das Buch jedoch ohne einen erfreulichen Abschluss zum Ende kommt, gehe ich davon aus, dass noch ein paar Bücher folgen werden. Wahrscheinlich eine Trilogie. Darunter geht ja heute nichts mehr. Der Roman ist gut geschrieben, man liest ihn als Erwachsener in einem Rutsch durch und fühlt sich ein wenig unterhalten. Brigitte Melzer bevorzugt eine einfache Sprache, keine langen Schachtelsätze und eine geradlinige, zum Teil daher vorhersehbare Handlung. Da "Wolfsgier" ein Jugendbuch ist und ich als alter Mann nicht die Zielgruppe bin, muss ich natürlich den Ansatzpunkt zur Bewertung des Romans anders ansetzen.