Titel: Wir beide, irgendwann Eine Rezension von Sonja Buddensiek |
„Kannst du rüberkommen?“ Emma klingt, als sei sie den Tränen nahe. „Meine Mom und Martin sind gerade spazieren. Nimm also ruhig den Ersatzschlüssel, um ins Haus zu kommen.“
„Willst du mir nicht erst mal sagen, was los ist?“
„Ich habe das Gefühl, dass die Website echt ist“, antwortet Emma. „Und ich bin unglücklich.“
„Das hört man. Aber warum?“
„Ich meine, in der Zukunft. Ich werde niemals glücklich sein.“
(Quelle: Wir beide, irgendwann. cbt Verlag)
INHALT
Vor einem halben Jahr hat Josh Emma seine Liebe gestanden – seitdem hat die Freundschaft der beiden einen deutlichen Knacks bekommen. Dies ändert sich erst, als Emma einen Internetanschluss bekommt und auf eine Internetseite namens Facebook gelangt. Die offensichtlich ihre Zukunft zeigt! Sie bittet ihren Freund seit Kindertagen um Hilfe. Denn während ihm eine rosige Ehe mit dem hübschesten Mädchen der Schule vorausgesagt wird, scheint sie unglücklich zu sein. Josh und sie beginnen, bewusst kleine und große Entscheidungen zu treffen, die ihr späteres Leben verändern sollen und merken dabei nicht, wie alles langsam aus dem Ruder läuft und ihnen über den Kopf wächst...
BUCHAUFMACHUNG
Der Hintergrund aus sechs verschiedenen Farben von rosa bis zu blau wirkt ansprechend und wie ein Eyecatcher, weil er definitiv heraussticht. Silhouetten zweier Personen, die wahrscheinlich Josh und Emma darstellen sollen, geben durch den Herzluftballon und den Kuss einen kleinen Einblick auf einen Aspekt des Buches, sagen ansonsten allerdings nicht allzu viel aus. Hier hätte ich mir vielleicht einen deutlicheren Bezug auf das Phänomen Internet beziehungsweise Facebook gewünscht...
MEINE MEINUNG
„Wir beide irgendwann“ ist der 2. Roman von Jay Asher, nun in Verbindung mit der Autorin Carolyn Mackler. Nach dem Bestseller-Debüt ist es klar, dass an dieses Buch hohe Erwartungen geknüpft sind – besonders, da es schon vor Erscheinen in aller Munde war. Letztendlich kann man sagen: Ein nettes, unterhaltsames Jugendbuch, aber viel mehr nicht.
Die Geschichte wird in der 1. Person im Präteritum immer wieder abwechselnd aus Joshs und aus Emmas Sicht erzählt, sodass man sich mit beiden sehr schnell identifizieren kann. Sie sind leicht zugängliche Charaktere und durch flüssig eingebaute Beschreibungen der Emotionen gut zu verstehen. Der Stil ist für ein Jugendbuch angemessen, nicht zu umgangsprachlich, aber deutlich auf Teenager zugeschnitten – nur fehlt hier etwas das Besondere, das ihn unvergesslich macht.
Beide Protagonisten wissen noch nicht genau, was sie vom Leben erwarten, aber Emma ist besonders unschlüssig. Nachdem sie ein paar kleinere Hinweise darauf entdeckt hat, dass sie unglücklich sein könnte, beginnt sie, bewusst Dinge zu verändern, was immer wieder für Probleme sorgt. Sie ist liebenswert und hat ihre Ecken und Kanten, manchmal jedoch ist sie fast schon unglaubwürdig impulsiv. Josh ist eher der Ruhige, Nette. Ihn hat man schnell gern, weil er für seine Freunde da ist und selbst nach dem Korb seiner besten Freundin noch versucht, gute Mine zu machen.
Die Autoren scheinen jedoch auch ein Händchen für Nebencharaktere zu haben – insbesondere Emmas beste Freundin Kellan wirkt sehr originell und dennoch glaubhaft. Sie isst pausenlos Pommes frites und gibt alles, um die Freundschaft des Vierergespanns, dem noch Tyson angehört, aufrecht zu erhalten. Dieser ist vielleicht noch ein wenig ratloser wenn es darum geht, was er will. Dennoch wirkt er sympathisch durch seine große Klappe. Selbst kleine Nebenfiguren wie Emmas [Ex]Freund Graham oder Joshs Zukünftige Sidney sind gut durchdacht. Einzig und allein Schwarm Cody war mir zu konstruiert und vorhersehbar.
Die Storyline ist definitiv mal etwas ganz anderes, denn 1996 angesiedelt findet sich hier allerlei damals Aktuelles wieder, das auch die heutige Generation noch kennen dürfte. Facebook als zukünftiges Element und treibendes Mittel einzusetzen ist da sehr interessant und sorgt für einige Spannung. Natürlich sind viele Entwicklungen, besonders die zwischenmenschlichen, sehr voraussehbar, aber die Veränderungen, die sich aufgrund kleinerer Entscheidungen ergeben, sind wunderbar durchdacht und machen eindeutig Freude. Nur die Statusmeldungen auf Facebook sind oftmals etwas gestelzt – in einer solchen Form würde sich niemand dort ausdrücken und schon gar nicht über derartige Themen. Das geht von verschwundenen Ehemännern über unpünktliche Babysitter, was zwischenzeitlich reichlich unglaubwürdig wirkt.
Was mit Josh und Emma im Laufe des Buches passiert, ist natürlich von Anfang an klar, aber dennoch sehr schön zu verfolgen. Die Gefühle der beiden waren mir allerdings des Öfteren zu spärlich ausgeführt. Besonders seine Verliebtheit in sie wird beinahe nie richtig deutlich, meistens nur durch Rückblicke oder Erinnerungen, was ich ein wenig schade finde. Durch die interessanten Verwicklungen und das Warten auf die Auflösung des Ganzen – die zwar relativ offen, aber definitiv zufriedenstellend ausfällt – bleibt man jedoch die gesamte Zeit über gefesselt dabei, bis man das Buch am Schluss mit einem Lächeln zuklappen kann.
FAZIT
„Wir beide, irgendwann“ konnte mich vielleicht durch die etwas spärlichen Emotionen und die Vorhersehbarkeit einiger Ereignisse nicht ganz so begeistern wie viele andere Leser, ein schönes Jugendbuch für zwischendurch mit in den Einzelheiten hohem Originalitätsfaktor ist es aber allemal. 4 Punkte!