Serie/Zyklus: Hainish-Zyklus, Band 4 Eine Besprechung / Rezension von Andreas Muegge |
Der Gesandte Genli Ai kommt zum Planeten Winter. Er möchte versuchen, die Regierungen zum Eintritt in die Ökumene zu überreden, einen losen Bund von verschiedenen Planeten.
Auf Winter herrschen eisige Temperaturen, an die sich Genli Ai nur schwer gewöhnen kann. Eine andere Tatsache bereitet ihm aber noch viel größere Probleme: die Einwohner sind Zwitter. Alle 26 Tage kommen sie in die Kemmerer Phase in der sich ihre Geschlechtsorgane ausbilden und entweder männliche oder weibliche Merkmale haben. Genly Ai schafft es nicht, jemanden als geschlechtsloses Wesen zu betrachten, immer drängt sich das gewohnte Rollenbild von Mann und Frau auf. In vielen Gesprächen wird deutlich, wie unterschiedlich die Bewohner im Vergleich zu ihm sind und selbst am Schluss versteht er die Intrigen und Ränkespiele nicht, die im Hintergrund ablaufen.
In Estraven findet er Partner und Freund, der ihn nach besten Kräften unterstützt. Eine lange Reise wird die beiden sehr eng zusammenschweißen...
Ich hatte das Buch bereits vor ca. 10 Jahren gelesen und war gespannt, wie es jetzt auf mich wirkt. Ursula K. LeGuin hat einen sehr angenehmen und flüssigen Stil. Der Planet Winter wird faszinierend und intensiv beschrieben so dass man ihn hautnah erleben kann. Die Idee mit dem Gesandten, der ganz alleine auf eine fremde Welt kommt und versucht, sie zum Eintritt in die Ökumene zu überreden, hat mir sehr gut gefallen. Sehr interessant sind auch die Wahrsager, die einen Blick in die Zukunft werfen können. Ihre Philosophie ist, dass die Antworten auf Fragen, die die Zukunft betreffen, wertlos sind und ein hoher Preis dafür gezahlt werden muss. Ein interessanter Standpunkt...
Beim zweiten Lesen sind mir auch einige negative Dinge aufgefallen. Zum einen gibt es keine richtige Geschichte, stattdessen wird viel auf die unterschiedlichen Kulturen eingegangen und die Probleme, die Genli Ai damit hat. Ich hätte es besser gefunden, wenn der ganze Hintergrund besser in eine spannende Geschichte eingebunden gewesen wäre ohne dass man ständig mit der Nase drauf gestoßen wird. Das Geschlechtsleben der Einwohner ist zwar faszinierend aber nicht verstanden habe ich die vielen Probleme, die Genli Ai damit hat. Er versucht jedes Mal, einen Einwohner als Mann oder Frau zu sehen und kann es sich selbst nach zwei Jahren nicht abgewöhnen. Ich denke wenn man so lange auf einem fremden Planeten leben muss, wird man sich irgendwie anpassen können.
Winterplanet ist ein sehr gut geschriebener Roman, der inhaltlich einige Schwächen hat. Bei seinem Erscheinen hat er mit Sicherheit mehr Begeisterung hervorgerufen (er wurde mit dem Hugo und dem Nebula ausgezeichnet) und selbst heutzutage ragt er immer noch aus dem Durchschnitt heraus. Wer noch nichts von Ursula K. LeGuin kennt sollte diesen Klassiker der SF lesen - es lohnt sich.
August 2004
Die Linke Hand der Dunkelheit - Rezensionsübersicht
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite
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