Titel: Winterlicht Eine Rezension von Damaris Metzger |
Klappentext
Ein Fluch liegt auf Lumatere. Niemand kann das Land betreten oder verlassen, denn eine todbringende Kraft schirmt es ab. Nur Finnikin, treuster Gefolgsmann des Königs, weiß, wie der Fluch aufgehoben werden kann: Finnikin muss den verschollenen Thronfolger finden und ihn nach Lumatere zurückbringen. Doch als er die schöne Evanjalin trifft, gerät seine Mission in Gefahr. Finnikin verliebt sich in sie, obwohl sie dem neuen König versprochen ist. Gemeinsam wagen sie den Kampf gegen eine dunkle Macht, die Lumatere zu vernichten droht.
"Wie ist sie, diese Evanjalin aus den Bergen?", fragte Lucian. "Sie ist stark - hier drin", antwortete Finnikin und klopfte sich zweimal gegen die Brust. "Respekt einflößend. Mitleidlos. Listig. Sie kann einen Menschen so heftig lieben, wie ich es noch nie erlebt habe." Er lächelte, weil er sich dabei ertappte, dass er viel zu viel ausplauderte. "Und sie ist wunderschön." "Ist sie dir versprochen Finnikin?", fragte die weise Frau. "Nein", antwortete er nach kurzem Zögern. "Aber sie ist in meinem Herzen."
Über die Autorin
Gleich mit ihrem Erstlingsroman gewann Melina Marchetta alle wichtigen Jugendliteraturpreise in ihrer Heimat Australien und war außerdem 1996 für den Deutschen Literaturpreis nominiert. Die Schriftstellerin lebt in Sydney, wo sie zehn Jahre als Lehrerin arbeitete. Inzwischen ist das Schreiben zu ihrem Hauptberuf geworden.
Rezension
Der erste Satz: Vor langer Zeit im Frühling, kurz vor den Fünf Tagen des Unsagbaren, träumte Finnikin von den Felsen, dass er ein Pfund seines Fleisches opfern müsste, um das Königshaus von Lumatere zu retten.
Im Land Skuldenore liegt das Königreich Lumatere. Bis zu den Fünf Tagen des Unsagbaren war es ein gesegnetes, fruchtbares Königreich, mit glücklichen Menschen, regiert von einer gerechten Königsfamilie. Doch an den Fünf Tagen des Unsagbaren wurde die gesamte Königfamilie niedergemetzelt, und deren einziger Sohn blieb verschwunden. Ein Thronräuber nahm sich das Land, brannte alles nieder, wütete unter den Leuten und lies die Schamanin der Waldbewohner auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Diese sprach vor ihrem Tod einen furchtbaren Bannfluch aus, bei dem das Volk auseinandergerissen wurde.
Seitdem umgibt ein Mauer dunkler Mächte das Königreich. Die vertriebenen Menschen aus Lumatere sind heimatlos und können nicht mehr zurück, und die im Land verbliebenen, müssen unter dem Thronräuber leiden und kommen nicht aus Lumatere hinaus.
Zehn Jahre später reist Finnikin, ein enger Freund der ermordeten Königsfamilie, mit seinem Mentor, immer noch durch die umliegenden Königreiche von Skuldenore. Er führt Buch über die vermissten, verschollenen und getöteten Menschen aus Lumatere und hat das Ziel, ein neues Fleckchen Land von einem befreundeten Reich zu bekommen, in dem sich die Menschen einen neue Heimat aufbauen können.
Mitten in der Nacht wird Finnikin der Name des verschwundenen Thronfolgers zugeflüstert mit der Aufforderung, sich zu einem entfernten Kloster zu begeben. Dort trifft er auf die Novizin Evanjalin. Diese kann in Träumen wandeln und sagt Finnikin, dass sie den Thronfolger finden, und mit ihm nach Lumatere zurückgehen werden. Damit beginnt die Reise und eigentliche Geschichte von "Winterlicht".
Die Geschichte fordert, gleich zu Beginn, einiges vom Leser. Schon im Prolog wird man mit Namen, Epochen, Ländern, Kulturen und Ereignissen überhäuft. Zum Glück wird alles in den ersten Kapiteln, im Rahmen der Geschichte, wiederholt und verdeutlicht. So kann man sich einen guten Überblick schaffen und ist nicht versucht, ständig zurückzublättern, weil man eine Person nicht zuordnen kann.
Eine gute Auffassungsgabe und ein Grundverständnis, von Fantasygeschichten dieser Art, sind von klarem Vorteil. Das Aktions- und Ereignisniveau bleibt hoch.
Das Buch gliedert sich in drei Teile. Das Treffen und Kennenlernen von Finnikin und Evanjalin, mit dem Beginn der Reise. Die eigentlich Reise, mit verschiedenen Zwischenaufgaben, neuen Charakteren und Enthüllungen. Und schließlich das vorhersehbare, erwartete Ende, mit einigen überraschenden Wendungen.
Innerhalb dieser Gliederung ist die Geschichte sehr geradlinig aufgebaut. Das Sprachniveau ist hoch, doch gut verständlich. Und auch die gut dosierte Prise Humor lässt den Leser oft schmunzeln.
Alle Hauptprotagonisten lernt man im Verlauf der Geschichte gut kennen. Die jeweiligen Charakterzüge und Gefühle der Personen treten deutlich hervor. Mancher Nebencharakter bleibt leider etwas oberflächlich beschrieben. Man wünscht sich, gerade diesen Menschen besser zu kennen. Angesichts des Buchumfangs und der Komplexität der Geschichte ist dies aber schwer umzusetzen und wäre sicher nur möglich, wenn die Geschichte aus mehreren Büchern bestehen würde (vergleichbar mit "Der Herr der Ringe" - Die Gefährten, Die zwei Türme, Die Rückkehr des Königs).
Der letzte Teil der Buchgliederung steuert auf das erwartete Ende zu. Einige Fragen, und Überraschungen, die während dem Lesen aufkamen, werden hier gelöst und entwirrt. So bleiben kein Fragen oder Logiklöcher zurück und man kann das Buch mit dem Gefühl eines vollständigen Abschlusses beenden.
Fazit
Ein High-Fantasy Roman auf hohem sprachlichem und erzählerischem Niveau, mit sehr gut ausgearbeitete Hauptprotagonisten. Trotz dem hohen Niveau gut verständlich, anfängliche Ungereimtheiten werden komplett gelöst. Leser von "Der Herr der Ringe" kommen um einen kleinen Vergleich, gerade die Reise betreffend, nicht herum. Natürlich nicht in dem dortigen Umfang. In "Winterlicht" finden sich neben den Menschen keine sonstigen Fantasy-Wesen. Die Altersangabe für diesen Roman liegt bei 13-15 Jahren. Angesichts der Komplexität und der geforderten Auffassungsgabe ist er doch eher für einen höheren Altersdurchschnitt zu empfehlen. Gute 4 von 5 Sternen!