Serie/Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Einige Jahre war es sehr still um den Fabylon-Verlag geworden. Zwar existierte noch eine Backlist und auch eine Homepage, neue Bücher wurden aber nicht mehr verlegt. Im letzten Jahr kündigte Uschi Zietsch an mit Neuerscheinungen ihren Verlag wieder beleben zu wollen. Eines dieser Bücher ist die nun unter dem Titel „Wiener Roulette“ erschienene Anthologie. Enthalten sind Stories von Leo Lukas, Michael Marcus Thurner, Ernst Vlcek, Michael Wittmann, Regina Lysonek und Uschi Zietsch. Die Namen der meisten wird der Leser sicherlich mit der Heftserie PERRY RHODAN verbinden. Allen gemein ist ihre österreichische Herkunft, sieht man einmal von Uschi Zietsch an, die von den anderen aber als „Seelenverwandte“ in den illustren Kreis aufgenommen wurde. Jedenfalls pflegen alle eine mehr oder weniger enge Freundschaft miteinander.
Die der Anthologie ihren Namen gebende Story „Wiener Roulette“ stellt eine Zusammenarbeit der Autoren Michael Marcus Thurner, Ernst Vlcek, Uschi Zietsch, Leo Lukas und Delia Orthys dar. Diese entführen uns in eine düstere Zukunft. Dank der nicht aufzuhaltenden Demographie ist das soziale System zusammengebrochen. Die Pensionen sichern nicht einmal mehr den notwendigen Lebensunterhalt und so ist es nicht verwunderlich, wenn regelrechte Wettspiele um das Auffüllen der Rentenkonten entstanden sind. Läst man sich darauf ein, so wird einem jemand zugelost, den man möglichst auf unauffällige Weise aus dem Leben scheiden muss. Gelingt einem dies, erhält man Pensionspunkte gut geschrieben.
Michael Marcus zählt zu den Verlierern des zusammenbrechenden Wirtschaftssystems. Nachdem die Perry Rhodan Heftserie im Jahre 2008 eingestellt wurde, kann er sich nur noch mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten und nimmt aus Verzweiflung an dem Wettspiel teil. Sein Auftrag ist Paul Wolf, ein Rentner, der ein einfaches Opfer zu sein scheint und sich voller Angst fragt, auf was er sich eingelassen hat. Für Paul kommt es zudem knüppeldick, denn ihm wurden aus Versehen drei Gegner zugelost, was sich auch nicht mehr rückgängig machen läst. So nimmt dann die Hatz ihren Lauf.
Im Verlaufe der Story erzählt jeder der Autoren aus der Sicht eines der Figuren den Ablauf der Geschehnisse. Dies ist überaus amüsant zu lesen, denn alle verfügen über eine gute Portion Sprachwitz, wobei hier Leo Lukas hervorzuheben ist. Aber nicht nur die unterschiedlichen Stile, die wirklich gut ineinander greifen, lassen die Zusammenarbeit zu einer lesenswerten Lektüre werden, sondern auch die Idee trägt dazu bei. Überspitzt weist hier Ernst Vlcek auf ein akutes Problem unserer Gesellschaft hin und solch überdrehten Wettspiele erscheinen durchaus vorstellbar. Die Menschen müssen lediglich verzweifelt genug sein, um an solchen teilzunehmen.
„Wiener Roulette“ ist eindeutig das Highlight der Anthologie und allemal eine Lektüre wert. Es folgt „Elternabend“ von Leo Lukas, das in reiner Dialogform verfasst ist. Es handelt sich hierbei um einen der Programmpunkte aus Lukas Kabarett-Programm und fußt auf eine Idee von MM Thurner. Um den Text vollständig verstehen zu wollen, muss der bundesdeutsche Leser sicherlich hin und wieder in den Anhang gehen, in dem die Dialektwendungen erläutert sind. In „Elternabend“ erwartet einem der ganz normale Wahnsinn eines schulischen Elternabends, der selbstredend überdreht dargestellt ist. Wirklich amüsant!
Michael Marcus Thurner bietet in „Aus dem Leben des Thaddeslav Wyrmbrom“ einen Einblick in den Alltag eines Dämons Dritter Ordnungsklasse, der eher widerwillig einer Beschwörung eines österreichischen Beamten folgt. Natürlich zieht er ihn über den Tisch und während der Beamte sich in einer äußerst unangenehmen Lage wiederfindet, nimmt der Dämon für einige Zeit seinen Platz ein. Die Story ist nicht nur amüsant zu lesen, sondern gewinnt einfach durch die gute Zeichnung der handelnden Figuren. Mit lockerem Stil entwirft Michael Marcus Thurner diese und stellt seine schriftstellerischen Fähigkeiten unter Beweis.
Eines weiteren ernsten Themas nimmt sich Ernst Vlcek in „Nur ein kleiner Wapo“ an. Hier beleuchtet er eine Zukunft, in der das Wasser selbst in Österreich zu einem knappen Gut geworden ist. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass in einem Land wie Österreich Wasser zu einem knappen Gut werden könnte. So entwirft er auch ein Szenario, in dem dies Problem nur eines von vielen ist. Die Gesellschaftsform wie wir sie kennen existiert nicht mehr. Sie erinnert einem u.a. an die alten MAD MAX-Filme, in denen ein vergleichbares Szenario beschrieben wird. Im Mittelpunkt der Erzählung steht ein einfacher Wasserpolizist, der durch einem Zufall auf die Spur einer bisher unbekannten Quelle tief in den Bergen gelangt. Sollte er es schaffen diese ausfindig zu machen und sich gegen die großen Wasserkonzerne zu behaupten, so hätte er ein Leben lang ausgesorgt. Ernst Vlcek hat sein Szenario ein wenig überzeichnet dargestellt, dennoch könnte ich mir ein vergleichbares durchaus vorstellen. Als Autor hat er lediglich bereits absehbare Tendenzen aufgenommen und zu einer unterhaltsamen Story mit durchaus ernstem Hintergrund verarbeitet.
Uschi Zietsch Story „Mein Wiener Flittchen“ erschließt sich einem nicht unbedingt beim ersten Lesen, da die Handlung ein wenig verwirrend aufgebaut ist. Da wird Wien wiederentdeckt und ein Mensch namens Bradpitt in die Welt leicht überspitzt ausgearbeiteter Aliens eingeführt. Eines der Fremdwesen, die vom Charakter her sich wenig von Menschen unterscheiden, verliebt sich in diesen Menschen. Eine großartige Aussage verbirgt sich hinter dieser Story nicht, sondern sie dürfte allein aufgrund der Thematik dieser Anthologie verfasst worden sein.
In „Trance-Fusion“ von Michael Wittmann landen Aliens aufgrund von Treibstoffmangel auf der Erde und finden eine Möglichkeit diesen zu beheben. Hierzu müssen sie lediglich die Fernsehsüchtigkeit der Menschheit stimulieren. Die Handlung ist recht vorhersehbar und bietet daher wenig ungewöhnliches. Vom Stil her recht unterhaltsam verfasst, mehr aber auch nicht.
„Weihnachtslos“ von Regina Lysonek, der Lebensgefährtin von Ernst Vlcek, passt von der Thematik her nicht in diese Anthologie und vor allem nicht zum Veröffentlichungszeitpunkt. Schließlich befinden wir uns mitten im Sommer und Weihnachten ist gedanklich noch ganz weit weg.
„Wiener Roulette“ vereint überwiegend humorvoll verfasste Stories. Zwar überwiegen diese von ihrer Anzahl her nicht, aber die entsprechenden Geschichten bleiben einem am ehesten im Gedächtnis haften. Wie in vergleichbaren Sammlungen gibt es auch hier Licht und Schatten. Besonders zugesagt haben mir „Wiener Roulette“, „Aus dem Leben des Thaddeslav Wyrmbrom“ und „Nur ein kleiner Wapo“, bei denen es sich auch um die umfangreichsten Kurzgeschichten handelt. Die restlichen bewegen sich vor allem von der Idee her auf fannischem Niveau.
Dank des recht günstigen Preises dürfte aber niemand den Kauf dieser Anthologie bereuen, zumal er einige unterhaltsame Kurzgeschichten als Gegenleistung erhält.
Bezug: www.fabylonzeitspur.de
Die der Anthologie ihren Namen gebende Story „Wiener Roulette“ stellt eine Zusammenarbeit der Autoren Michael Marcus Thurner, Ernst Vlcek, Uschi Zietsch, Leo Lukas und Delia Orthys dar. Diese entführen uns in eine düstere Zukunft. Dank der nicht aufzuhaltenden Demographie ist das soziale System zusammengebrochen. Die Pensionen sichern nicht einmal mehr den notwendigen Lebensunterhalt und so ist es nicht verwunderlich, wenn regelrechte Wettspiele um das Auffüllen der Rentenkonten entstanden sind. Läst man sich darauf ein, so wird einem jemand zugelost, den man möglichst auf unauffällige Weise aus dem Leben scheiden muss. Gelingt einem dies, erhält man Pensionspunkte gut geschrieben.
Michael Marcus zählt zu den Verlierern des zusammenbrechenden Wirtschaftssystems. Nachdem die Perry Rhodan Heftserie im Jahre 2008 eingestellt wurde, kann er sich nur noch mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten und nimmt aus Verzweiflung an dem Wettspiel teil. Sein Auftrag ist Paul Wolf, ein Rentner, der ein einfaches Opfer zu sein scheint und sich voller Angst fragt, auf was er sich eingelassen hat. Für Paul kommt es zudem knüppeldick, denn ihm wurden aus Versehen drei Gegner zugelost, was sich auch nicht mehr rückgängig machen läst. So nimmt dann die Hatz ihren Lauf.
Im Verlaufe der Story erzählt jeder der Autoren aus der Sicht eines der Figuren den Ablauf der Geschehnisse. Dies ist überaus amüsant zu lesen, denn alle verfügen über eine gute Portion Sprachwitz, wobei hier Leo Lukas hervorzuheben ist. Aber nicht nur die unterschiedlichen Stile, die wirklich gut ineinander greifen, lassen die Zusammenarbeit zu einer lesenswerten Lektüre werden, sondern auch die Idee trägt dazu bei. Überspitzt weist hier Ernst Vlcek auf ein akutes Problem unserer Gesellschaft hin und solch überdrehten Wettspiele erscheinen durchaus vorstellbar. Die Menschen müssen lediglich verzweifelt genug sein, um an solchen teilzunehmen.
„Wiener Roulette“ ist eindeutig das Highlight der Anthologie und allemal eine Lektüre wert. Es folgt „Elternabend“ von Leo Lukas, das in reiner Dialogform verfasst ist. Es handelt sich hierbei um einen der Programmpunkte aus Lukas Kabarett-Programm und fußt auf eine Idee von MM Thurner. Um den Text vollständig verstehen zu wollen, muss der bundesdeutsche Leser sicherlich hin und wieder in den Anhang gehen, in dem die Dialektwendungen erläutert sind. In „Elternabend“ erwartet einem der ganz normale Wahnsinn eines schulischen Elternabends, der selbstredend überdreht dargestellt ist. Wirklich amüsant!
Michael Marcus Thurner bietet in „Aus dem Leben des Thaddeslav Wyrmbrom“ einen Einblick in den Alltag eines Dämons Dritter Ordnungsklasse, der eher widerwillig einer Beschwörung eines österreichischen Beamten folgt. Natürlich zieht er ihn über den Tisch und während der Beamte sich in einer äußerst unangenehmen Lage wiederfindet, nimmt der Dämon für einige Zeit seinen Platz ein. Die Story ist nicht nur amüsant zu lesen, sondern gewinnt einfach durch die gute Zeichnung der handelnden Figuren. Mit lockerem Stil entwirft Michael Marcus Thurner diese und stellt seine schriftstellerischen Fähigkeiten unter Beweis.
Eines weiteren ernsten Themas nimmt sich Ernst Vlcek in „Nur ein kleiner Wapo“ an. Hier beleuchtet er eine Zukunft, in der das Wasser selbst in Österreich zu einem knappen Gut geworden ist. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass in einem Land wie Österreich Wasser zu einem knappen Gut werden könnte. So entwirft er auch ein Szenario, in dem dies Problem nur eines von vielen ist. Die Gesellschaftsform wie wir sie kennen existiert nicht mehr. Sie erinnert einem u.a. an die alten MAD MAX-Filme, in denen ein vergleichbares Szenario beschrieben wird. Im Mittelpunkt der Erzählung steht ein einfacher Wasserpolizist, der durch einem Zufall auf die Spur einer bisher unbekannten Quelle tief in den Bergen gelangt. Sollte er es schaffen diese ausfindig zu machen und sich gegen die großen Wasserkonzerne zu behaupten, so hätte er ein Leben lang ausgesorgt. Ernst Vlcek hat sein Szenario ein wenig überzeichnet dargestellt, dennoch könnte ich mir ein vergleichbares durchaus vorstellen. Als Autor hat er lediglich bereits absehbare Tendenzen aufgenommen und zu einer unterhaltsamen Story mit durchaus ernstem Hintergrund verarbeitet.
Uschi Zietsch Story „Mein Wiener Flittchen“ erschließt sich einem nicht unbedingt beim ersten Lesen, da die Handlung ein wenig verwirrend aufgebaut ist. Da wird Wien wiederentdeckt und ein Mensch namens Bradpitt in die Welt leicht überspitzt ausgearbeiteter Aliens eingeführt. Eines der Fremdwesen, die vom Charakter her sich wenig von Menschen unterscheiden, verliebt sich in diesen Menschen. Eine großartige Aussage verbirgt sich hinter dieser Story nicht, sondern sie dürfte allein aufgrund der Thematik dieser Anthologie verfasst worden sein.
In „Trance-Fusion“ von Michael Wittmann landen Aliens aufgrund von Treibstoffmangel auf der Erde und finden eine Möglichkeit diesen zu beheben. Hierzu müssen sie lediglich die Fernsehsüchtigkeit der Menschheit stimulieren. Die Handlung ist recht vorhersehbar und bietet daher wenig ungewöhnliches. Vom Stil her recht unterhaltsam verfasst, mehr aber auch nicht.
„Weihnachtslos“ von Regina Lysonek, der Lebensgefährtin von Ernst Vlcek, passt von der Thematik her nicht in diese Anthologie und vor allem nicht zum Veröffentlichungszeitpunkt. Schließlich befinden wir uns mitten im Sommer und Weihnachten ist gedanklich noch ganz weit weg.
„Wiener Roulette“ vereint überwiegend humorvoll verfasste Stories. Zwar überwiegen diese von ihrer Anzahl her nicht, aber die entsprechenden Geschichten bleiben einem am ehesten im Gedächtnis haften. Wie in vergleichbaren Sammlungen gibt es auch hier Licht und Schatten. Besonders zugesagt haben mir „Wiener Roulette“, „Aus dem Leben des Thaddeslav Wyrmbrom“ und „Nur ein kleiner Wapo“, bei denen es sich auch um die umfangreichsten Kurzgeschichten handelt. Die restlichen bewegen sich vor allem von der Idee her auf fannischem Niveau.
Dank des recht günstigen Preises dürfte aber niemand den Kauf dieser Anthologie bereuen, zumal er einige unterhaltsame Kurzgeschichten als Gegenleistung erhält.
Bezug: www.fabylonzeitspur.de