Serie / Zyklus: 61. Roman aus der aventurischen Spielwelt Besprechung / Rezension von Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Eine kurzes Vorwort: Der hier vorgestellte DSA-Roman schreibt die Geschichte jener Marugesellschaft [Anm.: Marus sind alligatorhäuptige, etwa 1,90 m große aufrecht gehende Echsenwesen] fort, die sich in dem abgelegenen maraskanischen Tal Maru-Zha etabliert hat - ausführlich nachzulesen in Die beiden Herrscher (Heyne 06/6044; ISBN 3-453-16223-4). Allerdings liegen zwischen den Ereignissen beider Romane gut 210 Jahre. Deshalb soll an dieser Stelle kurz die Zusammenfassung der damaligen Geschehnisse übernommen werden: [aus Westwärts, Geschuppte!; S. 376 f.] "Das Zusammenwirken von K'rzz und dem H'Ranga-Arran befreit die Marus von Maru-Zha von Kr'Thon'Chss Erbe. Ende des Blutrausches - möglicherweise einen Rahjawunder zuzuschreiben. Wegen der unerwarteten Ankunft des H'Ranga-Arran beschäftigen sich Zims [Anm.: Maruzauberer] mit den Möglichkeiten, ihr Heimattal zu verlassen. Sie sind nach etwa einem Jahrhundert erfolgreich."
Im Jahr 30 Hal nach aventurischer Zeitrechnung, beschließen die Echsen von Maru-Zha eine achtköpfige Expedition ins sagenhafte Güldenland zu senden. Da Marus in Aventurien gemeinhin bestenfalls als geistig minderbemittelte, jedoch außerordentlich kampfstarke Söldner angesehen werden, besteht für die auserwählten Reisenden eine gewisse Notwendigkeit, sich mittels starker Zauber ihrer "Zims" als Menschen zu tarnen. So treten also die vier Krieger K'Kessu, Lazzar, Rual und Zziriff furchtlos und voller Zuvers icht zusammen mit ihren vier zaubermächtigen Mentoren die gefahrvolle Reise in das so gut wie Unbekannte an, um schon in der maraskanischen Stadt Tuzak festzustellen, dass sich das Meer nicht wie angenommen durchwaten lässt, sondern zum Überqueren ein Schiff außerordentlich hilfreich wäre.
Die Überfahrt, die die Abenteurer mit dem nicht sehr vertrauenswürdigen Kapitän "Fadenbart" aushandeln, endet wegen der Habgier der Seeleute mitten auf dem Ozean in einem kurzen - für die menschlichen Matrosen des Schiffes jedoch schmerzvollen und verlustreichen - Kampf mit der Folge, dass die Marus zwar einerseits satt sind, anderseits aber nun die einzige Besatzung des Schiffes stellen, von Seefahrt nicht die geringste Ahnung zu haben und in Anbetracht dessen sich in philosophischer Langmut erst einmal unter Deck zurückziehen, um zu verdauen und der Dinge zu harren, die da in Form eines Sturmes kommen.
Mit dem unvermeidlichen Schiffbruch beginnt die eigentliche Odyssee der acht Abenteurer: infolge des Unglückes - vorerst - von ihren Mentoren getrennt betrachten die Krieger, nachdem sie an die Ostküste Südaventuriens gespült wurden, die Expedition als gescheitert und entscheiden sich, in das heimatliches Tal zurückzukehren. Ihr Problem: sie haben keinerlei finanzielle Mittel, um die Rückfahrt nach Maraskan zu bezahlen.
Nach einigen skurrilen Begegnungen verschlägt es die vier in die Stadt Al'Anfa. Dort beziehen sie in einem heruntergekommenen Haus in einem noch heruntergekommeneren Viertel Quartier, um in aller Ruhe über die Verbesserung ihrer "pekuniären" Situation zu sinnieren. Als Ergebnis dieser Kopfarbeit beschließen sie mangels anderer Qualifikationen den Berufsweg des "Büttels" einzuschlagen. Sie übernehmen den einen oder anderen - im allgemeinen schlecht bezahlten - Auftrag und steigen im folgenden trotz ihres Mottos "für Geld tun wir alles" zu wahren Helden aller Unterdrückten, Betrogenen und Geknechten zumindest "ihres" Stadtviertels auf. Nur die Geldströme wollen nicht so recht fließen ...
Dieses Buch ist zweifellos einer der unterhaltsamsten und witzigsten DSA-Romane, der letzten Jahre, auch wenn der DSA-Hintergrund manchmal lediglich das Vehikel für die äußerst komische und zum Teil skurile Geschichte zu sein scheint. Die Art und Weise, wie die "Helden" die menschlich Gesellschaft und die sozialen Interaktionen der F'zzmech (Maruwort: Kot, Erbrochenes, auch: Mensch) interpretieren und diskutieren und als "Menschenkenner" -wie sie sich selbst bezeichnen- oft auf Grund irgendwelcher Fehlschlüsse manchmal mehr meistens aber weniger angemessen reagieren birgt eine unvergleichliche Situationskomik, die einen der Autor gekonnt miterleben lässt.
Zwei in DSA-Ezählungen bisher eher unübliche Stilmittel tragen zum überzeugenden Gesamtbild des Romanes bei: erstens sind über 80% der Dialoge in indirekter Rede geschrieben. Die daraus resultierende Distanzierung und Versachlichung des Geschehens spiegelt treffend den Hang der Marus zum Philosophieren im allgemeinen und zum Streiten über die Bedeutung und richtige Interpretation verschiedenster "Nichtigkeiten" im besonderen wieder. Zweitens die Erzählperspektive streng personal geprägt, das heißt, der Leser weiß zu keinem Zeitpunkt mehr als der Ich-Erzähler Lazzar. Dieses bringt diejenige Spannung in die Story, die man wegen der überragenden Kampfkraft, Furchtlosigkeit und Zaubermacht der Kämpen ansonsten vermissen könnte.
Fazit: an diesem Fantasy-Roman werden jene Leser ihre Freude haben, die nicht ausschließlich actiongeladene Fantasy lieben, und ihre Lesefreude wird dabei nicht einmal durch mangelndes DSA-Hintergrundwissen getrübt werden.
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