Reihe: ~ Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Mein Name ist John Cleaver. Ich bin 16 Jahre alt und lebe in Clayton County. Ich habe eine Mutter, eine Schwester und eine Tante. Ich mag Lesen, Kochen und ein Mädchen namens Brooke.
So stellt sich dem Leser der junge Held dar, der nun sein zweites Abenteuer zu erleben hat. Diese Kurzvorstellung ist aber nur die eine Seite des relativ normal erscheinenden jungen Mannes. Die andere Hälfte von sich bezeichnet er als Mr. Monster. Diese Hälfte phantasiert über Feuer und Tod, fühlt sich in der Nähe von Toten wohler als von Lebenden und hat somit alle Anzeichen eines Serienkillers. Damit ist John eigentlich schizophren oder aber auch besessen. Das kommt nicht ganz klar raus und bietet so eine angenehme Unsicherheit, die beim Lesen des Buches mitspielt und im Hintergrund immer präsent ist. Genauso wie der innere Kampf Johns gegen Mr. Monster. Diese andere Persönlichkeit schiebt sich immer wieder in den Vordergrund. Gut, dass April, seine Mutter, ein Bestattungsinstitut leitet. Auf diese Weise ist er nicht immer davon angetan, jemanden umzubringen.
Johns Leben ist nicht sehr einfach. Im vorangegangenen Roman erkannte und bekämpfte er einen Dämon, der schließlich das Zeitliche segnete. Auch diesmal sieht sich John einer neuen Gefahr gegenüber. Eine brutale Mordserie sucht den Heimatort von John heim, man findet die Leichen von furchtbar zugerichteten und gefolterten jungen Frauen. Die Bewohner von Clayton County sind stark verunsichert, kann doch jeder Bürger, vor allem aber junge Frauen davon betroffen werden. Der zweite Handlungs- oder besser Gefühlsstrang ist das Verhältnis zu Brooke, einem Mädchen aus der Nachbarschaft. Er interessiert sich für sie, findet sich in seinen Träumen jedoch in Situationen wieder, in denen er dem Mädel Schmerzen zufügt. Dies beunruhigt nicht nur ihn, sondern auch sein Alter ego Mr. Monster.
Das Buch Mr. Monster ist eindeutig ein Jugendbuch, eine Art soziologische Studie über einen pubertären Jungen mit den Elementen des Horror und des Krimi. Aus der Sicht von John erhält der Leser sehr schnell einen umfassenden Einblick in dessen Gefühlsleben, das sich zusätzlich durch Regeln einschränkt, um sein zweites Ich unter Kontrolle zu halten.
Wer den ersten Teil, Ich bin kein Serienkiller, nicht gelesen hat, muss sich nicht grämen, denn es werden immer wieder Rückblenden und Erklärungen geliefert. Daher kann der zweite Teil der Trilogie durchaus gelesen werden, ohne dass man den ersten Band kennt. Dan Wells versteht es, sich in das Wesen des Soziopathen John hineinzuversetzen und ihn dem Leser verständlich zu machen. John ist jederzeit dem Leser sympathisch, mal mehr mal weniger. Man leidet mit ihm und versteht ihn in seinen unangenehmen Lagen, die man eigentlich nicht verstehen will.
Dan Wells’ Stil ist zu jeder Zeit sehr fesselnd, flüssig und unterhaltsam geschrieben. Die gleiche positive Beurteilung erhält er für Johns zwanghafte Verhaltensweisen, die jederzeit nachvollziehbar sind. Bei einigen Beschreibungen wie der Einbalsamierung oder der Folterung habe ich meine Probleme. Als Erwachsener möchte ich die Jugend gern von solchen Dingen fernhalten, als Jugendlicher habe ich solche Beschreibungen gern gelesen. Zudem gelingt es Wells, einen fantastischen Hintergrund so beiläufig zu erzählen, als sei er bekannt, und er lässt der Phantasie des Lesers genug Raum, ihn selbst auszufüllen.
Die einzige Frage die sich mir als Leser stellt: ist aber die: Bin ich schon Soziopath, oder übe ich noch?