Serie: Undead, Band 1 Eine Art Buchbesprechung von Rainer Skupsch |
Ich habe mir strikt vorgenommen, nicht mehr Zeit mit dem Schreiben dieser Rezension zu verbringen, als die Lektüre gedauert hat: dreieinhalb Stunden. Darum werde ich gleich zur Sache kommen. Weiblich, ledig, untot, der erste Roman in Mary Janice Davidsons vielbändiger Undead-Serie, ist die Sorte Buch, die einen recht angenehm unterhält, wenn man sorgsam darauf achtet, nur jeden dritten Satz zu lesen. Mehr täte dem Werk zu viel der Ehre an und würde dem Leser deutlich die begrenzten Fähigkeiten der Autorin vor Augen führen. W. l. u. ist die Art Mischung aus Softporno und Buffy-Plagiat, die sich besonders jenseits des Großen Teiches beständiger Beliebtheit erfreut. Wenn Sie, werter Leser, regelmäßiger Konsument der sexlastigeren Ergüsse aus dem CORA-Verlag sind (also, ähem, eher Tiffany als Julia) und außerdem geneigt, fünfseitige Schwatzkanonaden einer blonden Designerschuh-Fetischistin als Humor fehlzudeuten, sind Sie hier genau beim richtigen Buch gelandet.
W.l.u. ist von der ersten Seite an ein klischeebeladenes Stück Unterhaltungsliteratur, das sich (clever, Frau Davidson!) überwiegend darauf konzentriert, sein Publikum mit der Beschreibung von Sexbeziehungen zwischen devoten Menschen und unwiderstehlichen Vampiren anzutörnen. Ganz am Anfang sieht es kurz einmal so aus, als schwebte der Autorin eine skurrile Klamotte auf US-Sitcom-Niveau vor Augen. Dann tauchen aber doch bald ein paar böse Vampirbuben auf sowie ein edler Prinz der Nacht mit Schwimmer-Kreuz und Six-Pack. - Sie kennen den Typ sicher von den Titelbildern zahlloser "Nackenbeißer" (sinnigerweise ist das Buchhändlerslang für historische Liebesromane, auf deren Cover schmierige Typen mit nacktem Oberkörper sich gerade über Sexbomben mit tief ausgeschnittenem Dekolleté beugen). Fortan verläuft die Handlung in ziemlich ausgetretenen Bahnen, und - wie schon erwähnt - wann immer Frau D. gerade nichts einfällt, lässt sie ihre Hauptdarstellerin ein paar derbe Flüche ausstoßen bzw. losschnattern, ohne Luft zu holen. Letzteres kann unsere Heldin Betsy Taylor ausgesprochen gut; denn, wie wir erfahren, atmen Vampire nur dreimal pro Minute ein und aus.
Und jetzt endlich - besser spät als nie - zum Inhalt (äh, hallo, hallo, sind Sie noch da?!):
Betsy Taylor ist dreißig, weder sehr klug noch auf den Mund gefallen - und gerade deshalb soeben als Sekretärin gefeuert worden. So richtig Pech hat sie aber erst, als sie bei dem Versuch, ihre Katze einzufangen, von einem Auto überfahren wird und schließlich im Leichenschauhaus wieder aufwacht. Offenbar ist sie tot ... und doch sehr lebendig.
Bald wird klar, dass sie sich in eine Vampirin verwandelt hat. Allerdings eine, die weiterhin auf Gucci und Prada steht und nicht im Traum daran denkt, ihre bisherigen Lebensgewohnheiten und Freunde aufzugeben. Leider ist der Rest der Vampir-Community von Minneapolis ganz anders drauf - so richtig gruftiemäßig und unhygienisch. Und so kommt es denn, wie es kommen muss: Friedhof, Vampirkrieg, blablabla ... und immer wieder Sex.
Wir kommen zum Fazit: Dieses Buch ist zu 89 % entbehrlich. 5 % Prozent des Textes deuten an, welche Chancen zu lustigem Slapstick eher verpasst wurden. 5 % beschreiben primäre Geschlechtsorgane und Geschlechtsverkehr, der nur deshalb nicht 'heiß' ist, weil Vampire eine Körpertemperatur von 27 ° Celsius haben, und das letzte Prozent ... ist richtig komisch. Ich rede hier von den Seiten 31-34, wo eine Erstklässlerin die - ob ihrer Reißzähne lisssspelnde und von gescheiterten Selbstvernichtungsversuchen frustrierte - Betsy aufklärt, dass sie kein Zombie, sondern offensichtlich eine Vampirin sei.
Zum Schluss noch die Frage aller Fragen: Sollten Sie dieses Buch käuflich erwerben? - Klare Antwort: Nein! Lesen Sie einfach im Buchladen Ihres Vertrauens heimlich die Seiten 31 (unten) bis 34 (oben), und gehen Sie dann weiter zum Ständer mit den Tiffany-Heften. Die sind wesentlich billiger.
[Besprechungsstatistik: Für die erste Niederschrift dieser Worte wurden etwa 100 Minuten meines endlichen Lebens verbraten.]
Weiblich, ledig, untot - zur verzückten Rezension von Erik Schreiber
Süß wie Blut und teuflisch gut - Erik Schreiber genießt Band 2