Titel: WASP Eine Besprechung / Rezension von Anke Brandt |
Als Erstes möchte ich gleich anmerken, dass die Kategorie Fantasy den Kern des Romans nur in Ansätzen trifft. Ich würde ihn eher als mystischen Thriller einordnen.
Wayne, ein junger Volontär bei der Zeitung, erhält den Auftrag, einen Kornkreis zu fotografieren und dazu eine Story zu schreiben. Dazu fliegt er mit Grassner, einem Piloten, der sich mit seinem kleinen Hubschrauber selbständig gemacht hat, über das Maisfeld, und als sich die Maschine genau über dem Kornkreis befindet, kommt es zum Totalausfall der gesamten Elektronik und damit beinahe zu einem Absturz. Im letzten Moment bekommt der Pilot die Maschine wieder unter Kontrolle und kann sie nahe dem Bauernhof aufsetzen. Ehrlicher, dem der Hof gehört, betritt die Handlung. Grassner und Ehrlicher kennen sich scheinbar, und für Wayne wird die ganze Sache immer undurchsichtiger. Als er am nächsten Morgen von einer gänzlich anderen Story in der Zeitung erfährt, die sich nur mit dem Beinahe-Absturz des Hubschraubers beschäftigt, kündigt Wayne wutentbrannt seinen Job. Sein schlechtes Gewissen lässt Wayne den Piloten aufsuchen, um sich zu entschuldigen. Dabei lernt er Grassners Tochter Patrizia kennen. Beide wollen Grassner nun bei seiner Rehabilitation als Pilot helfen. Doch Patrizia geht schnell auf Konfrontationskurs Wayne gegenüber.
Alle Ungereimtheiten machen es dem Chef der Zeitung, Pohlmann, nicht allzu schwer, Wayne wieder zur Zeitung zurückzuholen. Wayne spürt einfach, dass mehr hinter allem steckt, und auch der Leser ahnt an dieser Stelle schon, dass Pohlmann Wayne zu seinem Werkzeug machen möchte.
Sein nächster Auftrag führt Wayne auf eine Bohrinsel, auf der er Ehrlicher wieder sieht. Diese Beobachtung macht die Sache noch verworrener. Als Wayne dann die Zerstörung eines Gewächshauses am anderen Ende der Insel dokumentieren soll, wird die Sache immer komplizierter. Zusammen mit Patrizia beobachtet er, wie der Hubschrauber der Bohrinsel in der Nähe landet und die Männer irgendetwas zerstören: Bienen.
Als dann all die Menschen auf die Insel kommen, um den Kornkreis zu sehen und zu untersuchen, endet das ebenfalls schnell in einer Katastrophe, bei der ebenfalls Bienen und Wespen eine überaus große Rolle spielen.
Auf knapp 1000 Seiten beschäftigt Wolfgang Hohlbein sich und die Leser mit einem Umweltproblem, das derzeit überaus aktuell ist - dem Bienensterben. Und wie vom Autor nicht anders zu erwarten, hat er eine ganz eigene Theorie dazu entwickelt. Diese unterbreitet er in einem atmosphärisch dichten und düsteren Werk, welchem er ein Tempo verleiht, das die Handlung gar nicht vorgibt. Das Tempo bringen die steten Andeutungen über Hintergründe, die den Leser dazu verleiten, der Auflösung des Konflikts schnell auf die Spur zu kommen. Zusammen mit den Protagonisten, allen voran Wayne und Patrizia, begibt sich der Leser auf einen Wettlauf gegen die Zeit.
Selten gelingt es einem Autor auf fast 1000 Seiten, die Handlung so zu gestalten, dass sie von der ersten bis zur letzten Zeile spannend bleibt. Wolfgang Hohlbein ist dieses Kunststück mit "WASP" gelungen. Nicht zuletzt spielen dabei seine Charaktere, die er geschaffen hat, eine bedeutende Rolle. Keine der handelnden Personen ist von Anfang an durchschaubar. Sie alle sind so strukturiert, dass sie irgendwelche Geheimnisse in sich zu bergen scheinen. Und diesen Geheimnissen auf die Spur zu kommen, ist ein weiterer Grund, warum sich dieses Buch so schnell hat lesen lassen. Für mich am interessantesten war der Konflikt zwischen Grassner und Ehrlicher, der sich durch die gesamte Handlung schlängelt. Die Sympathien wechselten dabei häufig, und dass die Auflösung dann doch relativ simpel war, machte die vorangegangenen Dialoge und Verhaltensmuster der beiden nur umso glaubhafter. Genauso detailliert und glaubhaft hat Hohlbein in diesem Roman alle Charaktere entwickelt. Er hat die Anzahl in einem überschaubaren Rahmen gehalten und konnte ihnen dadurch die nötige Tiefe verleihen, sodass keiner der Protagonisten zu einer Nebenrolle "herabgewürdigt" wurde.
Über die Theorie, die der Autor zum Thema aufstellt, lässt sich unter dem Aspekt, dass ich mich auf einen Roman von Wolfgang Hohlbein eingelassen habe, auch nicht streiten. Genau diese, seine besondere Art, ein aktuelles Thema aufzuarbeiten, macht den Reiz aus. Was auf den ersten Blick unmöglich erscheint, lässt zumeist doch einen wenig Nachdenklichkeit zurück. Hohlbein bedient sich selber bei Theorien, die nicht endgültig nachgewiesen worden sind, z. B. dem Aussterben der Dinosaurier, und interpretiert uns diese nun auf eine ganz andere Art. Er präsentiert sie uns auf mystische, abenteuerliche und dramatische Weise, ohne dabei aber irgendwelche Beweise antreten zu wollen, und gepaart mit all den geheimnisvollen Andeutungen, die er während der Handlung macht und die erst gegen Ende des Romans zu einer Auflösung führen, wird "WASP" zu einem der besten Romane, die Wolfgang Hohlbein in den letzten Jahren geschrieben hat.
10 von 10 Punkten
WASP - die Rezension von Jürgen Eglseer