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Titel: Wahre Märchen Eine Besprechung / Rezension von Melanie |
“Wahre Märchen” ist ein Bild- und Märchenband. Eine Sammlung von neu erzählten Märchen, die von Annie Bertrams Bildern in Szene gesetzt werden.
Schon das Cover zeigt eines ihrer Bilder: Eine Meerjungfrau mit schwarzen Haar, die nichts weiter trägt als einen Rock und einen Bustier aus Muscheln. Die Hauptfigur aus dem ersten Märchen, Rhinelde.
Es sind altbekannte Märchen wie “Die kleine Meerjungfrau”, “Das Mädchen mit den Schwefelhölzern” und “Rapunzel”, die von bekannten und weniger bekannten Autoren neu erzählt werden. Einige Geschichten bleiben nahe an dem altbekannten, andere wiederum erzählen die Märchen völlig anders. Eine dunkle Andersartigkeit, die sich durch alle Geschichten bis zum Ende hin durchzieht.
So erzählt Jeanine Krock in “Rhinelde” das altbekannte Märchen um die kleine Meerjungfrau neu, ohne zu viel zu verändern. Die Hauptpersonen sind nun beide Prinzessinnen, es bleibt jedoch bei der Meerhexe und einem tragischen Ende. Auch ihr “Rapunzel” bleibt nahe am Original. Nicolaus Equiamicus dagegen geht in seinem “Rotkäppchen” nur von der gleichen Basis aus wie das altbekannte Märchen. Sein Wolf ist deutlich verschlagener als der aus den Märchen der Brüder Grimm – und somit ist auch das Ende ein anderes. “Hänsel und Gretel” und “Dornröschen” von Dirk Bernemann sowie “Der Schneekönig” von Jana Krivanek sind ziemlich abstrakte und auch grausame Geschichten, zu denen ich persönlich überhaupt keinen Zugang gefunden habe. “König Drosselbart” von Marion Altwegg fand ich nur merkwürdig, während “Schneewittchen” von Elena Restayn für mich zumindest wieder etwas Sinn ergab. Ungewöhnlich, die Geschichte aus der Sicht der bösen Königin zu erzählen, aber zumindest absolut nachvollziehbar. “Der Vogel und die Prinzessin” von Yasha Young ist das einzige Märchen, dass ich nicht erkannt habe, vielleicht sogar gar nicht kenne. Und auch wenn es ebenso düster ist wie die anderen Märchen, hat es mir deutlich besser gefallen als alle Vorgergenannten. Mein persönliches Highlight ist allerdings “Das Mädchen mit den Schwefelhölzern” von Christian von Aster. Mir gefiel sowohl die Idee, die Geschichte aus Sicht eines Zündholzes zu erzählen, als auch die Botschaft, die sie vermittelt. Eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt und im Gegensatz zu den anderen Märchen im Buch auch etwas Wärme ausstrahlt.
Mit Annie Bertrams Fotos ist es wie mit den Märchen in diesem Buch. Bei den Märchen, die mir gefallen haben, haben mir auch die Fotos gefallen. Die abstrakten und düsteren Märchen wurden von ebenso düsteren und abstrakten Bildern begleitet, mit denen ich persönlich ebenso wenig anfangen konnte wie mit den Märchen. Man muss Annie Bertram daher wirklich ein Kompliment aussprechen, sie versteht es definitiv, die einzelnen Geschichten in Bilder zu fassen.
Da mir der Großteil der Geschichten nicht zugesagt hat, war das Buch damit nichts für mich. Einzig “Das Mädchen mit den Schwefelhölzern” kann ich wirklich weiterempfehlen – ob man dafür das ganze Buch kaufen will, sollte man sich meiner Meinung nach allerdings wirklich gut überlegen. Ich denke, dass “Wahre Märchen” eher etwas für spezielle Leser ist, definitiv jedoch nichts für klassische Märchenliebhaber.