Reihe: Star Wars - Wächter der Macht, Band 6 Titel: Inferno Eine Rezension von Mario Pfanzagl |
Seit er Lumiya niedergestreckt und erfahren hat dass die dunkle Lady nicht für den Mord an seiner Frau Mara Jade verantwortlich war, ist Luke Skywalker nicht mehr er selbst. Doch in einer Galaxis, die im Chaos eines Bürgerkriegs versinkt, bleibt dem Großmeister wenig Zeit für Trauer. Schon während der Trauerfeierlichkeiten für Mara hängt ein dunkler Schatten über dem Jedi-Tempel, als Truppen der GGA die Solos zu verhaften versuchen und es zu einem heftigen kurzen Gefecht kommt. Jacen Solo trifft erst mit Verspätung ein, jedoch gerade rechtzeitig, um noch mitzuerleben, wie die eigentlich für eine Feuerbestattung vorgesehene Mara just in dem Moment eins mit der Macht wird, als er an Lukes Seite gelangt. Ein Zeichen, das Ben Skywalker und sein Vater sehr unterschiedlich interpretieren, denn der jüngere Skywalker ist fest von Jacens Beteiligung am oder Wissen um den Mord an seiner Mutter überzeugt, während Luke glaubt, Jacen entgegen seiner Vorbehalte gegenüber den Methoden des Colonels beistehen zu müssen.
Was Darth Caedus Methoden sind, müssen Jag, Zekk und Jaina bald feststellen, als sie Alema Rar auf Ossus ausgepäht haben und in der Jedi-Akademie mit einem Bataillon GGA-Truppler unter dem brutalen Major Serpa konfrontiert werden. Die Besetzung der Akademie soll Caedus-Jacen ein Druckmittel gegenüber dem Jedi-Rat verschaffen, denn noch kann er es sich nicht leisten, die Jedi gegen sich aufzubringen, und ist gerade in der anstehenden großen Schlacht um Kuat auf StealthX-Unterstützung angewiesen. Für Jaina und ihre Freunde ist der "Held" und zweitmächtigste Mann innerhalb der galaktischen Allianz damit jedoch endgültig zu weit gegangen, auch wenn er seine Skrupellosigkeit noch nicht beweisen musste, ob er die Jedi-Jünglinge opfern würde. Alema Rar, die all das auf Ossus live miterlebt, bezweifelt auch, ob Lumiyas gelehriger Schüler nicht schon zu extreme Methoden anwendet, und beschließt, das Versteck der Sith-Meisterin aufzusuchen, um dort etwas zu suchen, das Caedus helfen könnte, seine enorme Macht nicht durch überstürzte Aktionen zu verlieren ...
Mit den Abgängen von Mara Jade und Lumiya konnte Karen Traviss trotz ihrer selbstauferlegten Fokussierung auf den Boba-Fett-Subplot Wächter der Macht endlich wieder einen entscheidenden Schritt voranbringen, indem die längst überfälligen Entscheidungen mancher Protagonisten erzwungen wurden. Inferno setzt dies, trotz gewisser Eigenheiten Troy Dennings (Alema Rar, die Hapaner), fort und konzentriert sich darauf, als Finale der zweiten Trilogie innerhalb der neunteiligen Reihe, die Rahmenhandlung wieder voranzubringen, womit es Denning überraschenderweise gut gelingt, Spannung zu vermitteln.
Seit fünf Bänden hat sich eine neue dunkle Bedrohung in der Galaxis ausgebreitet und die Galaktische Allianz droht zu zerfallen, seit immer mehr einst loyale Anhänger der Rebellen-Allianz und Neuen Republik zu den Corellianischen Separatisten überlaufen. Inferno unternimmt zwar zu wenig um diesen Prozess zu einem endgültigen Abschluss zu bringen, doch es fasst Geschehenes zusammen und bringt die Entwicklungen auf den Punkt, damit den abschließenden drei Bänden der Reihe der Weg bereitet wird. Angefangen bei Tenel Ka, die langsam erkennt, was aus Jacen geworden ist, über Luke, der sich endlich aufraffen kann, etwas zu unternehmen, bis zu Ben, dessen Misstrauen ihn zum Handeln drängt, müssen die Helden endlich Stellung beziehen. Nach viel zu langem Hin und Her, nach all den lauen Bekundungen des Unbehagens und Misstrauens mit Jacens Methoden kommt es endlich zu Taten. Wie diese allerdings aussehen und was Jacens Reaktion darauf ist, das macht die Spannung in diesem Band aus. Ein nervenaufreibendes Verwirrspiel kommt zu seinem vorläufigen Finale, das zumindest teilweise für die Frustration entlohnt, sich bei manchen Passagen des Öfteren an den Kopf greifend, 'Wie-lange-wollt-ihr-euch-das-noch-schön-lügen-der-Junge-ist-längst-auf-der-dunklen-Seite-oder-seid-ihr-blind?' gedacht zu haben.
Über das ganze Buch hinweg spüren die Protagonisten, dass Jacen dunkel geworden ist, Han Solo versteigt sich sogar zur Behauptung, Jacen wäre auf gewisse Weise tot, denn von dem Tiere liebenden warmherzigen Jungen, der er einst war, ist kaum noch etwas übrig. Für Luke ist in ihm sogar eine Dunkelheit spürbar, die er seit den Tagen Darth Vaders und des Imperators nicht mehr gespürt haben will. Wieso ihm also noch weiterhin die Stange halten? Vorerst, weil Darth Caedus, der sich hinter der Fassade Jacens verbirgt (wie einst Darth Sidious hinter Palpatine), die Jedi-Akademie mit einem Bataillon besetzt hält. Bedrohlicher könnte der Anlass nicht sein, um Luke gegen seinen Neffen aufzubringen, schließlich hätte Jacens Statthalter Major Serpa kein Problem damit, die Akademie samt den Kindern hochzujagen. Zudem wird Jacens Vision einer in Frieden geeinten Galaxis immer unglaubwürdiger und sein Narzissmus tritt offen zu Tage, wenn er endlich durchschimmern lässt, dass ihm der Ruhm schon wichtiger ist als das Wohlergehen der Bürger. Wie Jacen allerdings zum Möchtegern-Vader geworden ist, bleibt weiterhin offen, seine Motivation wird mit fadenscheinigen Visionen und einer Manipulation Lumiyas erklärt, die nicht allzu einleuchtend klingen. Man musste sich viel selbst zusammenreimen und die Autoren lieferten nicht immer die glaubwürdigsten Erklärungen, auch weil sich keiner direkt dieses Wandels in Jacens Persönlichkeit erbarmen wollte. Die Aufgabe, dieses Warum zu ergründen, ist deshalb der nächsten Reihe, "Verhängnis der Jedi", zugefallen, in der Luke nach dem Auslöser von Jacens Abfall von der hellen Seite suchen wird. Die aus Wächter der Macht abgeleiteten Erklärungen sind also längst noch nicht fix. Wie auch immer, in Inferno ist Jacen bereits der unumstrittene Schurke, auch weil Lumiya für diese Rolle nicht mehr zur Verfügung stehen würde. Damit ist die Front zumindest auf der dunklen Seite schon etwas geklärt.
Auf der hellen Seite herrscht indessen weiterhin ein ungesundes Maß an Uneinigkeit. Den Rebellen-Separatisten will man keine wirklichen Sympathieträger beistellen und die abtrünnig gewordenen Helden der Rebellen-Ära handeln auch weitgehend auf eigene Faust. Ein Problem, das sich auch generell für die "Legacy-Ära" feststellen lässt: Es herrscht keine wirkliche Kohärenz mehr und die Grauzonen wuchern. Dem Einwurf, dass das nicht mehr ganz dem Geist von Star Wars entspricht, lässt sich dahingehend schon etwas abgewinnen, dass in der durch die Filme begründeten Tradition immer so etwas wie Leitlinien zwischen Gut und Böse vorgegeben waren und die Unterscheidung zwischen beiden Seiten einfacher zu treffen war. Auch Inferno trägt dazu bei, dass diese Unterscheidung immer schwieriger wird, wenn Troy Denning zwar bei Offizieren wie Gavin Darklighter Zweifel an Jacens Führungsanspruch aufkommen lässt, diese aber außer Versuche, den Colonel durch protokollarische Fauxpas zu brüskieren, nichts unternehmen lässt. Die Desertion von Offizieren, wie sie unter dem Imperium zum Lebenselixier für die Rebellen wurde, erscheint unwahrscheinlich, somit ist der zweite Galaktische Bürgerkrieg zwar ein Star Wars oder, anders formuliert, ein Krieg der Sterne, aber eben nicht mehr ganz das, was man einst mit den Filmen verband. Angesichts der zahllosen Anlehnungen an die Prequels und die klassische Trilogie fühlt man sich fast an den Ausspruch erinnert, dass sich große historische Ereignisse wiederholen würden, einmal tragisch und einmal (unfreiwillig) komisch.
Abgesehen von all dem: Innerhalb von Wächter der Macht gehört Inferno für mich persönlich zu den besten Werken. Troy Denning wagt etwas längst Überfälliges, er knüpft direkt an das Werk seiner Vorgängerin an, stellt seinen Plot um die Hapaner und Alemar Rar etwas zurück und bringt Ereignisse der Rahmenhandlung auf den Punkt. Er vollbringt Notwendiges und verschafft dem Leser Erleichterung, indem er ihn Schlüsselereignisse mit Spannung erwarten lässt. Endlich fällt es einem wieder einmal schwer, das Buch aus der Hand zu legen, und man möchte wissen, wie es weitergeht, auch wenn einem die Erfahrungen aus der Vergangenheit nahe legen, dass dieses Tempo, das entstanden ist vielleicht wieder etwas verloren gehen könnte. Eine gelungene Ergänzung ist so nebenbei auch das Interview mit den Autoren am Ende des Buchs, über die Notwendigkeit des "Helden-Tods", ihre Arbeitsweise und Wächter der Macht im Allgemeinen.
Fazit:
ein Hoffnungsschimmer.